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AUTO: -CHTHON & -NOM Nr. 24, 4. April 2006 Freiheit! – Übersicht –
Aus Bewag wird Vattenfall. Und Kundenbeschimpfung bleibt Kundenbeschimpfung. Ein populistischer Fotoroman von Peter Töpfer
Vor ein paar Monaten ist der Berliner Stromversorger Bewag privatisiert worden und hat bei dieser Gelegenheit seinen Namen geändert: Vattenfall.
Die Stadt verkauft ihr Tafelsilber; alles wird schlanker und effizienter; folgerichtig wird der Strom immer billiger. Wenn nicht, sind immer die anderen schuld, am besten die Ölscheichs.
Der Neue wollte die Kundschaft vor Verunsicherung bewahren und startete eine aufwendige Kampagne. Überall in Berlin sah man auf
Werbeflächen: “Aus Bewag wird Vattenfall. Und Hertha bleibt Hertha”, oder: “Aus Bewag wird Vattenfall. Und Rock’n’Roll bleibt Rock’n’Roll”.
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Wie jedes Unternehmen, das was auf sich hält, hatte sich der alte Eigentümer, die Bewag, sehr um die Kunst verdient gemacht – auf Kosten der Kunden,
versteht sich. Ein “Kunstprojekt” war realisiert worden: “Entdecken Sie die Werke international renommierter Künstler am modernsten Heizkraftwerk Europas.”
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Die Berliner Stromkunden zahlten folgende “international renommier- ten Künstler” und deren “Kunstwerke”:
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Dan Graham, New York: “Pavillon”, Ayse Erkmen, Istanbul: “Bänke”, Per Kirkeby, Kopenhagen: “Türme und
Mauer”, Franz Ackermann, Neumarkt St. Veit: “Wandfries”
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Auch zum Zuge kam der in Berlin geborene Thomas Bayrle mit “Wandbild”: eine riesige, an einem Gebäude des Kraftwerks befe- stigte Tafel entlang der Michaelkirch- straße, die das Kraftwerksgelände begrenzt.
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Da Geld angesichts der Bedeutung des kulturellen Engagements der Bewag keine Rolle spielte, erschien es nur recht und billig, Künstler
und Werk durch einen hinter dem Zaun in den Boden eingelassenen Quader zu verewigen.
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Vattenfall, der neue Stromlieferant für Hunderttausende Berliner Haus- halte – auch er ein großer Förderer von Kunst und Kultur –, ließ sich nicht lumpen und übernahm das “Kunstprojekt”
der Bewag.
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Die Michaelkirchbrücke verbindet die von der Spree getrennten Berli- ner Bezirke Friedrichshain und Kreuzberg.
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Tag für Tag passieren viel- leicht 15000 Vattenfall-Kun- den die Michaelkirch- straße und das Heizkraftwerk mit seinem Kunstwerk.
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Doch rechnet man einmal nach, ist nicht ein einziger von diesen Tausenden von Vattenfall-Kunden ein “Gerechter” – alle sind
“Frevler”. Denn in der ganzen Stadt – so sagt es das “Wandbild” – gibt es höchstens “fünfzig Gerechte”.
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