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Florian Suittenpointner: Arme! Wehrt euch! Kauft nicht bei Aldi! Volxmafiotisches Manifest
Wieder einmal eine Tagesmeldung, die ganz wunderbar die Bedeutung und den Reiz national-anarchistischer Reflexion für die Welt des Alltags wiederspiegelt: Die geplante
Preisgesetzderegulierung durch die Zentralregierung in Berlin. Warum?
Nehmen wir uns mal die - wie gesagt geplante - Abschaffung des Rabatt- und des Zugabegesetzes im Detail vor. Diese Gesetze aus dem Jahr 1932 und '33 haben bisher verboten, mehr als 3%
Rabatt zu geben oder z. B. Waren zur Verkaufsförderung zu mitzuverschenken. Solche Regelungen sind europaweit fast nur in Deutschland zu finden und wurden zu ihrem Entstehungszeitpunkt simpel mit dem Schutz vor
Beschiss durch die Händler gerechtfertigt (was angesichts der alptraumhaften Verelendung, die in Deutschland im Gefolge der Großen Wirtschaftskrise herrschte, sicher irgendwo verständlich erscheint, zumal viele
Menschen mit der damals auch erst seit 10 Jahren währenden "Deregulierung" des gesamten Lebens nicht zurechtkamen).
Nun ist mir natürlich als Anarchist der Gedanke, "in Deutschland könnte es wie auf einem Basar zugehen", gar nicht so ungut - in ihrem Kampf für die totale Balkanisierung
Deutschlands sind Nationalanarchisten immer für die Freiheit des Feilschens (und des Bescheissens) eingetreten. Wer schon mal den Weltnormalzustand außerhalb der Industrieländer erlebt habt, weiß, dass uns da
eine wichtige Fähigkeit abgeht mit dem Feilschen. Die Versorgungsdiktaturen 3tes Reich, DDR und teilweise auch BRD schwäch(t)en jeden ihrer Untertanen in seiner persönlichen Durchsetzungs- und Konfliktfähigkeit.
Hier ist also mal eine Sache, bei der man sich auch als Nicht-Antifaschist durchaus konsequent gegen die Praxis der ganzen so-oder-so-faschistischen Ära stellen kann - wie schön!
Also, danke, Herr Bundeskanzler und Damen und Herren Ministerialmenschen, für diesen konsequent anti-autoritären Schritt; wie wär's übrigens - wo wir schon mal dabei sind - mit einer
Deregulierung des Wahlrechts? Jeder könnte z. B. einfach so viele Wahlzettel ausfällen, wie er schafft - das wäre die Diktatur der Krakler ... okay, das wär ein etwas drastischer Kurswechsel. Aber wie wär's,
wenn größere Gruppen, die ihre Stimmen en bloc anbieten, auch eine Art - positiven - Rabatt bekämen: Synergie-Stimmen könnte man das nennen - und wär terminologisch absolut im Trend damit ...
Nein, aber ... über den ganzen Spaß hab ich ja vergessen, dass es durchaus auch Schattenseiten gibt. Denn wer wird sich's denn wohl leisten können, große Rabatte und Zugaben zu geben.
Sicher nicht Dörte's Laden an der Ecke, denn der muss ohnehin so knapp es geht kalkulieren. Preiskämpfe nützen den Großen, das weiß doch jedes Kind, Mensch! "Mal'n paar Millionen in XY
verschenken?" - "Klar, wenn wir danach dort die einzigen in der Stadt sind ..."
Jetzt sind wir uns also schon von der anarchistischen Seite her nicht mehr sicher, ob das okay ist. Klar, mehr Spaß würd's machen, wenn man feilschen könnte und Werbegeschenke
absahnen, aber dieser immer bedrohender werdende Machtverwuchs unter den Kapitalisten macht dann doch irgendwie unwillig. Nur, jetzt kommt's - es gibt dazu auch noch eine patriotische Facette der
Angelegenheit, denn die Deregulierung wird nach ministeriellen Angaben durchgeführt, weil die "E-Commerce-Richtlinie der Europäischen Union [...] kürzlich in Kraft getreten ist. Danach gelten für Rabatte
beim elektronischen Einkauf die Gesetze des Heimatlandes - und in den meisten EU-Ländern sind Rabattgrenzen unbekannt. So können ausländische Internet-Firmen deutsche Kunden mit Nachlässen locken, während die
deutschen an ihr Rabattgesetz gebunden wären ..."
Sieh an, sieh an, eine patriotische Gesetzesabschaffung! Ist das nicht mal ne Abwechslung, nachdem man seit Jahrzehnten Heimattreue zunächst mal mit Todesstrafe und Arbeitslager in
Verbindung bringt? Es lebe die national-sozial-grüne Freiheitsdiktatur!
Natürlich wird mancher jetzt trotzdem nicht zufrieden sein, denn man muss nur den Blickwinkel etwas verändern und schon erscheint das Vorhaben eher im Licht einer antideutschen
Weltverschwörung, die mittlerweile von Moskau nach Brüssel umgezogen ist - denn lausch mal bei Ministers: "Bislang macht E-Commerce allerdings nur einen winzigen Teil des Handels aus. Trotzdem wird
erwartet, dass der Bundestag dem Entwurf zustimmt."
Aha!
Ist doch wieder irgendwas faul bei den Bonzen, oder warum verabschiedet man ein Gesetz nicht erst dann, wenn's notwendig wird? Gibt's so ne Art Mindestakkord für die
Gesetzgebungsarbeit im Bundestag? Pah! Da will man uns doch schon wieder mit sanftem Druck weiter in die Moderne verschleppen, was? Darum ja auch Brüssel! Unser gutes deutsches Rabattgesetz, das äh .... uns ...
eigentlich nur .... äh ... ... ... den Handelskriegsmaßnahmen des Auslands ausliefern würde ...? Hm, scheint doch was dran zu sein.
Aber sowas von der treulosen Clique der Volksverräter? Vielleicht ist das ja doch alles'n wenig komplizierter ... deutsche Gesetze aufgeben und sich dem Elektro-Moloch an den Hals
werfen, damit es den Deutschen besser geht - sowas!!
Wir National-Anarchisten haben für all diese Probleme - wie gewohnt - gaaanz einfache Lösungen.
Schritt Nummer 1: Wir sind mal so realistisch und erklären die Welt auf der anderen Seite des Bildschirms schlicht für extraterritorial - hohe See, sozusagen, oder der tiefe Wald. Wer da
reingeht, muss selber schauen, wie er oder sie zurechtkommt. Deutsche oder sonstige Gesetze erledigen sich mithin von selbst ... und das ist gut so! Denn wo kämen wir denn hin, wenn alles verboten wird, nur
damit auch der Bekloppteste nur ja nicht über seine eigenen Schuhbänder fallen kann?
Schritt Nummer 2 (für inländische Angelegenheiten): Dass man anderen keine Käufer mit Dumping-Preisen wegschnappt, sollte sich ja eigentlich von selbst verstehen, es braucht kein
Parlament und kein Gesetz, das sowas ächtet, denke ich. Der Unwillen dagegen wäre schon da und würde sich bei allzu freizügigem Missbrauch der Freiheit schon Bahn brechen. Das Problem dabei, wie eben bei vielen
freiheitlichen Regelungen, ist die unvernünftig starre Haltung des Staats gegen die Selbstjustiz. Dabei gehört die nun mal zu einem selbstorganisierten System, wie es der Liberalismus predigt, dazu. Es wäre
schon okay, Gesetze abzuschaffen, die es den Großen bisher zu einem gewissen Grad verwehrt haben, die Kleinen auszubooten. Aber wenn das abgeschafft wird, muss auf jeden Fall ein - am besten sich selbst
organisierendes - Gegengewicht eingebaut werden: Eben die Selbstjustiz, d. h., wenn der Aldi im Industriegebiet die Einzelhändler ruiniert oder auch - anderes Thema - seine örtlichen Zulieferer in Abhängigkeit
bringt, um sie anschließend fallenzulassen und wiederum anschließend aufzukaufen, dann muss das Volk die Freiheit haben, sich sein Recht zurückzuholen und ein antikapitalistisches Pogrom in angemessenem Umfang
vom Zaun zu brechen, mit allem, was dazu gehört: Plünderung, Scheibeneinschmeissen (um zusätzliche Ausgleichsbelastungen für die Handelskette zu schaffen), die verlogenen Marketingfederfuchser teeren und federn
...
Das ist nun mal der gerechte Preis für unsere Zustimmung zur weltweiten Deregulierung. Das "freie Spiel der Kräfte", dem unsere Elite so huldigt, ist voll okay! Aber Kräfte
freisetzen muss man dann auch an anderer Stelle, sonst wird's irgendwie unfair ...
Deregulierung der Wirtschaft braucht Deregulierung des Strafrechts! Es lebe die Volksmafia! Es lebe der national-anarchistische Befreiungskampf!
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