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AUTO Nr. 7 (Juni 2001) / Revisionismus(kritik)
Horst Lummert: Presseerklärung zur Verurteilung wegen „Volksverhetzung” (23.09.1999) (Der Text erschien in Sleipnir. Zeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik, 5/1999 Horst Lummerts Netzort hier.)
Das Amtsgericht Tiergarten hat den bisherigen Herausgeber der Vierteljahreshefte kuckuck, Horst Lummert, wegen „Volksverhetzung“ verurteilt (259 Ds 330/99).
Staatsanwaltschaft (Hagedorn) und Gericht (Henke-Vollmer) unterstützen somit eine seit Jahren laufende antijüdische Hetzkampagne gegen Lummerts publizistische Arbeit. Der Begriff der „Volksverhetzung“, auf
den kuckuck angewandt, drängt in eine skandalöse Verkehrung der gesetzgeberischen Absichten, ist ein juristischer Angriff auf dieses elementare Grund- und Menschenrecht: die Pressefreiheit. Gericht und Staatsanwaltschaft wissen, daß die Volksverhetzer Lummerts Feinde (und nicht seine Freunde) sind. Eine antisemitische Denunziation mobilisierte die Berliner Strafjustiz. Dies ist eine neue Qualität. Klima- und Substanzveränderungen lassen sich „am Rande“ leichter und eher ermessen als in den Zentren der Assimilation.
Ein „Fall Berliner Justiz“: Der „Volksverhetzungs“-§ 130 StGB, ohnehin wie ein Karzinom an der Verfassung unserer westlichen Demokratie, verhindert nun auch die
Revisionismuskritik und die gründliche Auseinandersetzung mit dem intellektuellen Neo-Nazismus. Zur Verhandlung stand ein Bericht über Birkenau aus dem Jahre 1987 von Hermann Schaber, kritisiert von Horst
Lummert. Die besondere Pointe: Im selben Heft – kuckuck, feder 21/22 – erscheint neben dem Schaber-Bericht die Dokumentation eines triefend antisemitischen Machwerks, dessen Verfasser, Knapp,
identisch ist mit dem Zuträger der Staatsanwaltschaft. Er hatte Frau Hagedorn schon einmal geleimt: mit einer Dokumentenfälschung unter Lummerts Namen. Das böse Hetzstück „Der Nazijud“ verbreitete er u.a.
über das rechtsradikale „Thulenetz“ und den Hamburger Nazi-Anwalt Jürgen Rieger. Die Staatsanwaltschaft sah in diesem eklatanten Vorgang keinen Anlaß, aktiv zu werden. Der Tatbestand der Volksverhetzung
lag hier aber außer jedem Zweifel. Eine sträfliche Unterlassung, möchte ich meinen.
Der kuckuck ist eine Methode und eine literarische Form. Ich arbeite nicht mit der Fliegenklatsche. Ich lasse mich auf die Argumente meiner Gegner und Feinde ein, zerpflücke sie peu à peu und individuell. Das kann ich aber nur, wenn ich mir meiner Sache sicher bin. So habe ich herausgefunden und dargelegt, daß die faschistische Gefahr viel größer ist, als allgemein angenommen wird. Die Gefahr sind nicht irgendwelche „Skinheads“; sie geht von den neuen NS-Führern und -Intellektuellen aus, steckt als „Teufel im Detail“ ihrer komplexen Theorien, ihrer politischen Konzeptionen und Langzeitplanungen. Wenn ich meinen Todfeind nicht nur bekämpfen, sondern nachhaltig besiegen – schlagen! – will, muß ich ihn erst einmal kennenlernen, muß ich wissen, was er eigentlich will. Ich muß seine Strategien studieren, und zwar so genau, daß ich sie am Ende besser begriffen habe, als er selbst sie versteht. Ein weites Feld ist die der deutschen (Pseudo-)Linken ebenso wie dem demokratischen Establishment weitgehend, wenn nicht völlig unbekannte Dimension des Religiösen. Die ernstzunehmenden Nazis verstehen sich als metaphysische Feinde der Juden, die sie längst nicht mehr rassistisch definieren. Ohne Kenntnis der hebräischen Überlieferung und der mit ihr kollidierenden antijüdischen Schriften ist das Problem theoretisch nicht zu fassen. „Wehret den Anfängen“? Im Anfang ist das Wort, das man aber kennen muß.
Die Art und Weise der Urteilsfindung ist rechtsstaatlich nicht vertretbar. Ich habe mich nicht verteidigen können. Meine Einwände wurden zurückgewiesen, sobald sie das Bild vom
Angeklagten, dessen Verurteilung längst feststand, störten. Ich fühlte mich wie vor einem DDR-Bezirksgericht. Die Voreingenommenheit reichte bis zur griesgrämigen Protokollführerin und war buchstäblich mit
Händen zu greifen. Ein sozialistisches Frauenkollektiv richtete über einen Weißbärtigen, der in seinen Schriften klar zu erkennen gegeben hat, daß auch der Feminismus letztlich eine Form des Faschismus, in
seinem antipatriarchalischen Kern, eine judaismusfeindliche Ideologie ist. Daß die offizielle jüdische Seite in Deutschland sich in dieser Sache bedeckt hält, von der Existenz des kuckuck schlicht nichts zu wissen vorgibt, ist kein Wunder. Im kuckuck erschien immerhin ein Hinweis auf den merkwürdigen Umgang von Centrum Judaicum und Zentralrat mit ihren namentlich bekannten ehemaligen Stasi-Mitarbeitern. Moishe Waks, ein Repräsentant der Berliner Gemeinde, sieht „keinen Handlungsbedarf“ (vgl. feder 17/18). Zudem: Das feministische Virus hat, mit allen prinzipiellen Konsequenzen, auch die jüdische Gemeinschaft nicht verschont. Möglich aber auch, daß der kuckuck etwas von dem Ärger über die rotgrünliberalen Wahlniederlagen abgekriegt hat. Er lebt ja von solchen satirischen Zugaben.
Um auf den „130er“ zurückzukommen: Mir albträumte der Tag, da die Nazis wieder an die Macht gekommen waren und die Gesetze durchstöberten nach Brauchbarem und Unbrauchbarem. Eine
Menge wurde zerschmissen. Der „130er“ blieb. Ich wurde danach abgeurteilt: wegen jüdischer Hetze, zionistischer Propaganda und Welteroberungspläne, Verhöhnung des Deutsch- und Germanentums, Verspottung der
Nordischen Weltanschauung, falscher Beschuldigung des Hitler-Regimes ergo übler Nachrede und ns-feindlicher Greuelpropaganda, politisch-publizistischer Heimtücke etc.pp. Die Todesstrafe war wieder eingeführt und
ich ein Präzedenzfall. Meine vielköpfige Großfamilie über drei, vier Generationen wurde noch am selben Tag ausgebürgert. Ich hatte mich nur im Datum geirrt.
Wer oder was ist nun der kuckuck bzw. sein bisheriger Herausgeber? Das Blatt wurde 1973 gegründet. Um das Ding zu finanzieren, arbeitete ich auf dem Bau, etwa zehn Jahre lang. Warum dieser Aufwand? Ich hatte als freier Publizist und Redakteur bei verschiedenen „linken“ Zeitschriften mitgemacht: aktion, input, spontan, konkret, neue
aktion, links-sozialistische zeitung, studien von zeitfragen, neue politik... Wolf Schenke, der die Neue Politik herausgab, stellte mich als Redakteur ein. Nach einem halben Jahr war ich wieder draußen. Ich hatte die damalige Wochenschrift als Organ des „Getarnten Nationalsozialismus in der Bundesrepublik D.“ entdeckt und hochgehen lassen. Von Stund’ an war ich aus dem Geschäft. Meine Beiträge fanden keine Abnehmer mehr. Ich machte mich selbständig. Wie das ablief, sagte ich.
Der kuckuck entwickelte eine eigene Art investigativer Methode und sich zu einer in sich äußerst kontroversen kleinen grauen, später weißen Zeitschrift, zum antifaschistischen Aufräumer der besonderen Art. Der kuckuck fand heraus, was niemand in Deutschland wahrnehmen wollte, und machte sich damit nicht gerade beliebt: Er durchschaute den „Neutralismus“ als ns-sowjetischen Wiedergeburtsversuch, die „Friedensbewegung“ als Kriegsbewegung, lange, lange, bevor nun auch dem letzten Ökofaschisten aufgegangen sein muß, daß er für eine antidemokratische Großmacht Lakaiendienste geleistet hat. Das gesellschaftliche Destabilisierungspotential des Feminismus wird allerdings bis heute entschieden nicht zur Kenntnis genommen. Mit anderen Worten: Vielen BesserwisserInnen paßt die ganze (kuckuck!) Richtung nicht. Berufung ist eingelegt.
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