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[Dies ist die aktuelle (Apr. 2001 bis Okt. 2001) Netzpräsenz der deutschsprachigen Nationalanarchisten. Es sind Ausweichseiten, da die nA-Domäne (www.nationale-anarchie.de) derzeit nicht bearbeitet (und nun auch nicht mehr besucht) werden kann.
Zuerst wurde am 7. Dezember 2000 von der Polizei der Rechner beschlagnahmt, auf dem sich die zur Bearbeitung nötige Datei befindet (zu Hausdurchsuchung und Kriminal-Ermittlungen siehe
hier; Stellungnahme zur Anzeige hier).
Dann sind - nachdem die Ermittlungen eingestellt wurden und der Prozeß kläglich gescheitert ist - am 12.4.02 die nationale-anarchie.de-Seiten und auch der Netzort
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www.nationale-anarchie.de wird demnächst wieder überarbeitet im Netz sein mit neuen Positionen und Weiterentwicklungen  (Nationenbegriff, antideutsch, aber nicht antinational... siehe z.B.
Text von Flo). Anleitung zum Öffnen gesperrter Seiten. Techniken zur Umgehung von Internet-Zensur. Siehe www.vgt.ch und www.ioz.ch.]

=> Die Netzseiten von Sleipnir, Zeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik (www. freespeech.org/sleipnir) sind von Freespeech skandalöserweise ohne Benachrichtigung und Kommentar abgestellt worden. Sleipnir wird hier als Gast beherbergt.<=

AUTO: -chthon & -nom
  nationalanarchistische Stromzeitschrift
 

AUTO Nr. 7  (Juni 2001) / Palästina

Serge Thion: Wer zerstört Israel?

(Bei diesem Text handelt es sich um einen Vortrag, der
am 3. April 2001 vor der Konferenz revisionistischer
Historiker in Beirut gehalten werden sollte. Die
Konferenz wurde am 23. März 2001 - wahrscheinlich auf
USraelischen Druck - von der libanesischen
Regierung verboten.)

Bevor wir die im Titel gestellte Frage beantworten,
ist es vielleicht nützlich, die von mir verwendeten
Begriffe zu definieren.

Was bedeutet der Begriff "Israel"?

Israel, das ist die Bezeichnung für
politisch-religiöse Gruppen des nahen Ostens, über die
jene Mythologie berichtet, deren Textsammlung die Bibel
überliefert. Die Wiederverwendung dieses Begriffes zu
politischen Zwecken zweitausend Jahre nach dem Ende des
antiken Israels ist als solche bereits ein
intellektueller Schwindel.

Mit "Israel" wird heute ein politisches Gebilde
bezeichnet, das die Gestalt eines Staates, aber keine
Verfassung hat, dessen geographischer Raum nicht
bestimmt ist, das also keine Grenze besitzt, und auch
über keine klare Definition verfügt, wer zur Klasse
seiner Bürger gehört oder nicht. Tatsächlich sind sehr
viele Bewohner seines Raumes (der theoretisch nicht
definiert ist, aber durch die militärische Präsenz
existiert) keine Bürger, und selbst unter seinen
Bürgern genießen einige nicht die Bürgerrechte. Man
könnte die Situation mit der jener der USA kurz vor
Aufhebung der Rassendiskriminierungsgesetze
vergleichen. Die Schwarzen im Süden waren amerikanische
Staatsbürger, doch bis in die 60er Jahre hinein hatten
sie nicht alle Rechte (Bürgerrechte, Bildung, Stellung
in der Armee usw.). Eine vergleichbare Diskriminierung,
die sich auf "Rasse" begründet, gibt es in Israel. Es
ist wahrscheinlich das letzte Land der Erde - nach
Südafrika -, das eine solche Diskriminierung in seinen
Gesetzen und Bestimmungen praktiziert.

Die Vereinten Nationen haben die Tatsache anerkannt,
daß Israel auf einer rassistischen Doktrin gegründet
worden ist, und es hat aller Mittel des Druckes und der
Erpressung von Seiten der USA bedurft, damit diese
wesentliche Feststellung 1995 vorläufig gestrichen
wurde. Israel, das also nicht über die eigentlichen
Merkmale eines anerkannten Staates verfügt - ein
Territorium, eine Verfassung, eine Art interner Konsens
über die Modalität des politischen Lebens -, hat, von
1948 an bis heute, auf die militärische Gewalt und den
Terror zurückgreifen müssen, um seine Existenz
aufrechtzuerhalten. Israel ist im Besitze eines der
gigantischsten Waffenarsenale der Region,
einschließlich einer überdimensionierten
Rüstungsindustrie. Es kann sich unbegrenzt der
Geheimnisse der modernsten amerikanischen Rüstung
bedienen und verfügt zudem über sowjetische Waffen,
darunter Flugzeuge, die aus der riesigen Beute
vergangener Kriege stammen und die für viele mit diesen
veralteten Waffen ausgerüstete Staaten von
kommerziellem Interesse sind.

Außerdem verfügt Israel über Atomwaffen, mit denen es
 unter den Nuklearmächten einen Platz weit vorne
 einnimmt. Man muß unterstreichen, daß die anderen
 Mächte - auch die Länder in der Region, die keine
 Atomwaffen besitzen - so tun, als wüßten sie nicht um
 die Existenz dieser Waffenlager, deren Einsatzdoktrin
 unbekannt ist, die selbst in den politischen Kreisen
 Israels nie debattiert wurde. Wir haben es hier mit
 einer der großen Gefahren zu tun, die unseren Planeten
 bedrohen. Die Südafrikaner, die Argentinier und
 vielleicht einige andere Länder haben am Vorabend
 eines Regimewechsels behauptet, ihre mit der Hilfe der
 Israelis gebauten Atomwaffen-Prototypen loswerden zu
 wollen. Doch diese Frage ist niemals in einer
 Verhandlung der Mächte mit dem kleinen Israel
 angeschnitten worden. Diese Blindheit ist äußerst
 verantwortungslos und könnte sich in der Zukunft als
 schweres Versagen und kriminelle Komplizenschaft
 herausstellen.

 Israel ist also eine Konstruktion von der Art, welche
 die Angelsachsen Maverick nennen: ein gefährliches,
 unkontrollierbares und unvorhersehbares Element. Daß
 es sich um eine tödliche Gefahr für die Leute im Land
 und in den benachbarten Gebieten handelt, das zu
 bemerken haben wir seit 1948 und den vier Kriegen in
 den Jahren 1956, 1967, 1973 und 1982 mehr als genug
 Gelegenheit gehabt. Jedes Mal ist die Zivilbevölkerung
 von den israelischen Militärs als Geisel genommen
 worden. Deswegen werden sich ein normales Leben und
 friedliche Verhältnisse erst nach der Auflösung
 Israels einstellen können.

Was verstehen wir unter dem Begriff "Auflösung"?

Es geht um nichts anderes als um die Dekonstruktion
jenes Staatsapparates, der mit dem Etikett "Israel"
versehen ist. Wir befinden uns hier auf dem Gebiet der
Institutionen. Man sollte sehr wohl eines Tages von der
"jüdischen" Konstruktion zu einer politischen
Konstruktion übergehen, die von der arabischen Mehrheit
in Palästina gewählt und akzeptiert wird. Der Platz der
am Ort verbleibenden Juden wird also nach den
Traditionen der Toleranz und der Gastfreundschaft
bestimmt werden, die die moslemische, christliche und
drusische Bevölkerung dieser Gegend der Welt
auszeichnet. Daß das Zusammenleben der Gemeinden früher
traditionell keine besondere Gewalt verursacht hat, ist
bekannt.

 Es wird also nicht die körperliche Unversehrtheit
 der Menschen, die sich heute in Palästina aufhalten,
 in Frage gestellt. Jede vernünftige Person wird leicht
 anerkennen, daß diese notwendige politische
 Entwicklung in Ruhe und in der Achtung vor den
 einzelnen Menschen vonstatten gehen sollte. Denken wir
 an die Auflösung der Sowjetunion.
 
Der Auflösung des Staates Israel wird mit Sicherheit
seelisches Leid bei vielen Juden, insbesondere
außerhalb des Nahen Ostens, zur Folge haben. Das ist so
verständlich wie unvermeidbar. Die mit Israel
verbundenen Juden haben sich ein ganzes Jahrhundert
lang selbst vergiftet, sich in der Illusion wiegend,
eine "nationale Heimstatt" sei eine Quelle der
Sicherheit und der Behaglichkeit für die - wie man
sagte - von pogromistischen Regimen verfolgten
Juden. Das Ergebnis ist aber genau das Gegenteil des
Gewollten: Die ihrerseits zu Pogromisten gewordenen
Juden leben nun selbst in einer großen Unsicherheit im
Nahen Osten, in einer Unsicherheit, zu der sie selbst
durch wiederholtes Blutvergießen beigetragen haben. Das
Ende Israels bedeutet das Ende eines schmerzlichen und
blutigen Traumes, der mehreren Tausend Juden und
mehreren Zehntausend Arabern das Leben gekostet haben
wird, ohne die anderen Opfer zu zählen, die in diese
permanente Katastrophe hineingezogen worden
sind. Israel delenda est.

Das Ende Israels wird den Juden wieder gestatten, frei
zu atmen und den politischen, finanziellen und
ideologischen Mächten nicht mehr ununterbrochen
hinterherhecheln zu müssen, wie für das Überleben
Israels notwendig erschien. Sie werden alle die Völker,
in deren Mitte sie leben, nicht mehr gegen sich
aufbringen, und denen all die Machenschaften,
Erbschleichereien und Erpressungen längst unerträglich
sind, mit denen Israel konsolidiert oder bereichert
werden soll, legal oder illegal, durch Waffenhandel,
Geldwäsche, mafiosen Gruppen, Kartellen aller Art.

Die Juden werden endlich normale Menschen werden
können, die die Probleme der Gesellschaften, in denen
sie leben, mit anderen teilen können, ohne ständig
besessen zu sein von dem Bedürfnis zu klagen, sich als
Märtyrer darzustellen, die Aufmerksamkeit auf sich zu
ziehen, in den Vorzimmern der Macht unaufhörlich zu
antichambrieren, und stets das größte Stück vom Kuchen
zu reklamieren.

Von der Legitimität

Der einzige Grund, der das "Israel" genannte
politische Gebilde vor der Auflösung bewahren könnte,
wäre seine eventuelle Legitimität. Wir werden diese
Frage daher prüfen.

Der Zionismus als politisches Programm entstand am
Ende des 19. Jahrhunderts als eine Antwort der
nationalistischen - auf deutsch sagt man der völkischen
[dt. i. O.] - Art auf den Zusammenbruch der
traditionellen jüdischen Gesellschaft Mittel- und
Osteuropas. Es ist inzwischen anerkannt, daß diese
völkische Strömung auch den Nationalsozialismus
[i.O.: Nazismus] hervorgebracht hat. Die osteuro-
päischen Juden, bis dahin hauptsächlich in
ländlichen Marktflecken, den berühmten Shtettl, lebend,
standen unter dem beherrschenden Einfluß konservativer
Rabbiner, oft von einem magischen Spiritualismus
mittelalterlicher Herkunft erfüllt (Hassidim und andere
Sekten). Unter dem Druck der liberalen Revolutionen und
der industriellen Entwicklung zerfielen diese
Gemeinden, ihre Angehörigen gerieten - zum ersten Mal
und mit einem beträchtlichen Rückstand auf die
umgebenden Völker - unter den Einfluß der Philosophie
der Aufklärung (Haskola): Vorstellungen von politischer
Freiheit, der Trennung von Staat und Religion und
möglicher Kritik an den religiösen Dogmen haben dazu
beigetragen, daß sich die Juden aus der rabbinischen
Mühle befreien und sich ohne Vorbereitung in eine
breitere Gesellschaft werfen konnten, die sich - mit
einem Kapitalismus in voller Expansion - in technischer
und sozialer Hinsicht selber in voller Modernisierung
befand. Es war wie ein Tritt in einen
Ameisenhaufen. Alle Arten von Strömungen der Emigration
entstanden: nach Amerika, nach England, nach
Frankreich, nach Deutschland. Einige, von
nationalistischen Ideen belebt und von großen jüdischen
Banken unterstützt, gingen nach Palästina; man war nur
zu froh darüber, diese jungen, unkultivierten und armen
Juden loszuwerden, die schon die Gehwege der großen
Städte bevölkerten wie heute die ihrerseits
unglücklichen Türken, Kurden oder Afrikaner aus Mali.

Unter den wirtschaftlich bedingten Wanderungsbewegungen
des 19. Jahrhunderts, die den Start der großen
Industrialisierung ermöglichten und - in Nord- und
Südamerika - die Okkupation des den Indianern geraubten
Landes erlaubten, hatte das zionistische Projekt nie
eine Mehrheit an Teilnehmnern gefunden.

Gewiß war der Zionismus ein Realität und in jüdischen
Kreisen seit 1948 anerkannt; doch der Gedanke, daß man
Palästina besetzen müsse und dabei den
Minderheitenstatus, der den jüdischen Gemeinden
jahrhundertelang das Überleben erlaubt hat, aufgeben
sollte, überzeugte nur wenige, selbst unter den
momentan Entwurzelten.

Nehmen Sie den Fall Artur Koestler: Als junger
mitteleuropäischer Intellektueller hing er für kurze
Zeit dem Zionismus und seinen Idealen an, wendete sich
dann ab, beschäftigte sich mit anderen Ideen und
kümmerte sich um andere Dinge. Viele jüdische
Intellektuelle der 20er bis 50er Jahre hatten eine
solche Phase; sie nahmen an einigen Kolloquien teil,
spendeten etwas Geld, fanden dann einen Weg in das
Leben, das sie umgab. Es ist daher absolut unhaltbar,
davon zu sprechen, daß Israel das Ziel der jüdischen
Gemeinden darstellte: Diese wollten in den Ländern
akzeptiert werden, die sie aufgenommen hatten, sich
kulturell integrieren und assimilieren - die religiöse
Identitätsstiftung war weggefallen. Die Jungen legten
tausend Mal mehr Hoffnung in den Kommunismus als in die
dürre Utopie der Rückkehr nach Palästina. Wenn man den
Mythos, den man uns einzureden versucht, einmal für
bare Münze nimmt, die Juden seien ein "Volk", dann hat
sich dieses Volk bis ins Jahr 1948 hinein nichts
anderes gewünscht, als eine Verbesserung der
Lebensbedingungen in den Ländern, in denen sie sich
befanden. Es gab den Sonderfall der vielen Juden, die
in den 40er Jahren durch die Politik der Nazis
deportiert und entwurzelt worden sind und die den Krieg
überlebt hatten. Es ist bekannt, daß die Zahl dieser
Überlebenden ein gewichtiges Thema kontroverser
Diskussionen ist (siehe Norman Finkelstein). Diese
Hunderttausenden Menschen - oft junge Leute, denn diese
überlebten die Deportationen besser - waren Heimatlose
und konnten von gewissen Wiedereingliederungsprogrammen
profitieren. Viele gingen nach Palästina; nicht alle
blieben dort.

Die einzige Rechtfertigung Israels war nun der
Nationalismus, ein äußerst künstlicher Nationalismus,
dessen Konstrukteure in den Laboratorien der Jewish
Agency und ihrer benachbarten Bürokratien saßen: Es
mußten, um dieses Skelett von Staat einigermaßen am
Leben zu halten, dringend all diese Einwanderer, die
aus 40 Ländern kamen und ebenso viele Sprachen
sprachen, vereinigt werden. Das ganze religiöse
Brimborium vom "verheißenen Land", das Geschenk, das
ihr Gott ihnen mit dem palästinensischen Land gemacht
haben soll, all diese Rhetorik wurde nach außen
verwendet, um die christliche Welt davon zu überzeugen,
daß die Juden Rechte hätten, wo sie sich doch nur
zusammenschlossen, um sich mit nackter Gewalt zu
etablieren.

Diese ganze Geschichte, die von den Hebräern handelte,
die einst in dieser Gegend gelebt hatten, interessierte
nur einige darauf spezialisierte Ideologen. Die Masse
der "Bürger" war der Religion gegenüber
gleichgültig. Soweit sie einer Religion anhingen, war
es die mehr oder weniger mystische der Rabbiner des
europäischen Ostens, deren Horizont die Weiten der
Steppe voller - je nach Jahreszeit - Schnee oder
Schlamm waren. Die kleinen, wirklich religiösen Kreise
waren dem Zionismus gegenüber, in dem sie eine
Verspottung ihres spirituellen Anspruches erkannten,
feindlich eingestellt und viele sind es heute noch
immer. Für sie ist der politische Mißbrauch des
Religiösen für Machtzwecke ein Skandal, eine Mischung
aus Geld und Blut, der sie, denen es im wesentlichen
darum geht, Texte unter die Lupe zu nehmen und hinter
deren verborgene Bedeutung zu kommen, empört.

Lassen wir für den Augenblick den Fall der nach 1948
aus den arabischen Ländern gekommenen Juden beiseite,
deren Gründe für eine Auswanderung sehr unterschiedlich
waren: manchmal religiös, messianisch, manchmal mit
profaneren Dingen verbunden, wenn es nicht ganz einfach
durch den Terror bedingt war, den die zionistischen
Apparate selbst ausübten.

In den Augen der Israelis selbst hat Israel also kaum
eine Legitimität. Die vage Berufung auf einen
zeitlichen Vorrang in der Geschichte, archäologische
Funde, Entdeckungen aller Art und notwendig vorläufige
Forschungsergebnisse sind nichts als auf Schulbänken
ewig wiedergekaute Ideologie. Wenn sich Leute, die
selbst nicht daran glauben, auf eine heilige Geschichte
berufen, ist das Schwindel. Die einzige Rechtfertigung
ist die Gewalt: Dieses Land gehört uns, weil wir es uns
genommen haben. Das ist die einzige ideologische Säule,
die das ganze Gebäude zusammenhält. Wenn man die Gewalt
wegnimmt - das wäre Inhalt und Ergebnis eines
wirklichen Friedensprozesses, der eben nur einen Sinn
hätte, wenn er mit einem Gewaltverzicht einherginge -,
stürzt alles ein. Es gibt heute niemanden, keinen
Analytiker und keine Denkschule, die sich zutrauen
würden vorauszusagen, wie die israelischen
Institutionen, das politische Regime, die Grenzen
dieses Landes, sein Rechtssystem aussehen würde, wenn
man dem Ganzen die Grundlage der Gewalt entzöge, die
allgegenwärtige Militärmaschine, die Tag für Tag im
ganzen Land alles Oppositionelle tötet und massakriert.

Der jüdische Nationalismus hat nach dem Krieg und den
großen Verlusten, die die jüdische Bevölkerung Europas
erleiden mußte, und nach dem Krieg von 1948, aus dem
ein embrionaler jüdische Staat hervorgegangen ist, nie
wieder die jüdischen Massen angezogen (mit Ausnahme der
Juden aus den moslemischen Ländern). Nur sehr wenig
Juden aus Amerika, Frankreich oder England sind
emigriert, und von denen, die nach Palästina gegangen
sind, sind viele wieder weggegangen.

Die sowjetische Unterstützung von 1948 war nur von
kurzer Dauer. Das Kalkül Moskaus hinsichtlich der
Rolle, den der kleine Judenstaat im Kampf gegen den
britischen Imperialismus im Nahen Osten spielen konnte
- ein Kampf, von dem Stalin besessen war -, hat sich
ziemlich bald als falsch herausgestellt. Tatsächlich
sollte der Kampf gegen den Imperialismus von Bewegungen
ausgehen, die mit dem arabischen Nationalismus und dem
Kommunismus verbunden waren, und nicht von Israel, das
im Gegenteil versuchte, Teil einer westlichen Allianz
zu werden, um die arabischen und moslemische Welt
beherrschen zu können. Man hat es 1956 gesehen, als Ben
Gurion die französische Führung zu einer militärischen
Intervention gegen das Regime von Abdel Nasser - der
den Suezkanal nationalisiert hatte - zu bewegen
suchte. Was Israel zu verkaufen hatte, war eine Art
Plan, wie er den Kreuzzügen zugrunde gelegen hatte: die
Juden als Brückenkopf des Westens in einem Orient, den
es mit Gewalt und Bedrohung kleinzukriegen galt. Es ist
der gleiche Plan, den sie zwanzig Jahre später den
Amerikanern vorschlugen, als sie sich als
"Flugzeugträger" für das von den USA errichtete globale
Herrschaftssystem anboten. Es ist bekannt, daß die
Amerikaner Saudi-Arabien und dessen Öl vorzogen. Dort
war es, wo sie sich - mittels des Golfkrieges -
endgültig niederließen. Der Aufbau eines israelischen
nuklearen Waffenarsenals, wie er ab Ende der 50er Jahre
betrieben wurde, steht in der Tradition dieser
strategischen Allianz, die die zionistischen Führer
immer als die einzige Garantie für die Existenz ihres
kleinen, zwischen Jordan und Sinai implantierten Gettos
ansahen.

Wenn man nun die Dinge aus der Sicht der Palästinenser
und der anderen Länder außerhalb Palästinas betrachtet,
stellt sich die Frage der Legitimität Israels in einem
ganz anderen Rahmen. Daß die westlichen Staaten weiter
ihre Kreatur bemuttern, ist im Rahmen einer auf die
Kontrolle der Ölverräte zielenden Doktrin
nachvollziehbar, die den erdölreichen Nahen Osten
unbedingt zu kontrollieren, zu entmüdigen, zu zersetzen
und zu entmachten aufgibt. Das Sykes-Picot-Abkommen aus
dem Jahre 1916, mit denen die Überbleibsel des
Osmanischen Reiches zwischen Frankreich und
Großbritannien aufgeteilt werden sollten, hat dem
Geiste nach seine Aktualität behalten. Erinnern wir uns
daran, wie ungeniert Mitterand seine Soldaten in den
Libanon geschickt hat, oder Bomber, oder Kriegsschiffe,
ohne daß irgendein wirkliches Interesse Frankreichs auf
dem Spiel gestanden hätte. Das war die alte Politik der
Levantehäfen, die bis in unsere Tage fortgeführt
wird. Mit Israel als Wunde in der Flanke der Araber
empfiehlt es sich, diese Wunde zu infizieren, sie offen
zu halten und darauf zu achten, daß sie die Region so
lange wie möglich paralysiert. Die Legitimität dieser
Vereiterung ist natürlich null, und die Europäer werden
Israel fallen lassen, wenn ihnen der Preis für ihre
Unterstützung zu hoch erscheinen wird. Wirklich starke
Bande existieren allein zwischen Israel und den
Vereinigten Staaten.

Für die Palästinenser und für die
übergroße Mehrheit der öffentlichen Meinung in den
Völkern der Region hat Israel nicht die geringste
Legitimität, welcher Art auch immer. Jeder kann für
sich anstellen, was die Wissenschaftler ein
Gedankenexperiment nennen: Stellen Sie sich vor, Sie
sind bei sich zuhause und Ihr Haus wird mit einem Male
von gestikulierenden, grölenden und bewaffneten
Ausländern überfallen und eingenommen, die Sie dazu
zwingen, das Haus leer zu räumen und sich mit Ihrer
kleinen Familie in der Hundehütte draußen im Garten
einzurichten. Die ganze Zeit über werden Sie bedroht;
man will Ihnen die Rechte über den Teil des Gartens,
den Sie jetzt besetzen, absprechen. Die Eindringlinge
hindern Sie daran zu arbeiten, wenn Ihnen danach ist,
und antworten mit Gewehrschüssen, wenn Sie Ihre
Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen. Nach fünfzig
Jahren der Spannung und der Krise, wo sich
grundsätzlich nichts an Ihrer Lage ändert, schlagen sie
Ihnen Frieden vor. Der Frieden, das ist für diese vom
Himmel auf Ihr Grundstück gefallenen Ausländer erstens,
daß Sie ihnen Ihr Haus überlassen; daß Sie zweitens
akzeptieren, in Zukunft in Ihrer Hütte zu bleiben; daß
Sie drittens Ihre Kinder davon abhalten, Krach zu
machen, um jene nicht zu stören, die in Ihrem Haus
leben; und daß viertens auf dem kleinen, steinigen Teil
des Gartens, auf dem Sie eingepfercht sind, Ihre Tun
und Treiben von den neuen Bewohnern Ihres Hauses
kontrolliert wird, die die Hauptwege im Garten und die
Stellen behalten, die ihnen genehm sind. Dieser
unglaubliche Zynismus ist indessen genau das, was die
westlichen Zeitungen und Regierungen unter der Rubrik
"Frieden" ernsthaft den Opfern des größten andauernden
Diebstahls unserer Zeit vorschlagen. Es ist also
verständlich, daß unter diesen Bedingungen die
Installation der Juden im Rahmen des Zionismus, d.h. in
einem Projekt der Aneignung von Land und Ressourcen,
für die Palästinenser und die andern Bewohner des Nahen
Ostens, die seit 1948 bis heute einer nach dem anderen
von der israelischen Armee bedroht und geschlagen
werden, vollständig, unwiderruflich und endgültig
unannehmbar ist. Daß sich manche zu Instrumenten der
Politik des zionistischen Gebildes haben machen lassen,
oder sogar zu bestimmten Zeiten versucht haben,
Bündnisse mit den eingedrungenen Juden zu knüpfen, ist
eine genau so sichere wie unleugbare
Tatsache. Korruption und politische Ambitionen gibt es
zu allen Zeiten und an allen Orten. Doch wenn mancher
resigniert hat und sich dazu erniedrigt, mit solch
widerlichen Personen wie Begin, Rabin und Konsorten
Abkommen zu schließen, so heißt das nicht, daß sie in
ihrem Herzen die massive und gefährliche Präsenz des
zionistischen Gebildes billigen. Was die Palästinenser
verlangen - alle, so wie sie sind -, ist der Rückzug
der Juden; ist, daß sie Palästina verlassen, wo sie nur
Schlechtes getan haben. Mit dieser rauhen Wahrheit muß
der untergeschobene "Frieden" konfrontiert
werden. Diese radikale Wahrheit bedeutet natürlich in
keiner Weise, daß die Palästinenser fremdenfeindlich,
"antisemitisch" (was auch immer das heißen mag) oder
den Juden oder dem Judentum gegenüber feindlich
eingestellt seien. Wie alle Völker dieser Region sind
sie im Gegenteil offen und gastfreundlich, selbst unter
den schlimmsten Umständen: Das kann ich persönlich
bezeugen. Nein, diese Wahrheit kommt von der Tatsache,
daß man nirgendwo die Leute davon überzeugen kann, das
Gegenteil von dem zu sein, was sie sind; man kann sie
nicht davon überzeugen, daß ihre Rechte eigentlich
anderen gehören und daß Frieden ab sofort das Wort für
permanente Ungerechtigkeit ist.

Wenn man aber die Palästinenser nicht überzeugen kann, wird es keinen
Frieden geben. Und wenn es keinen Frieden geben wird,
wird es Krieg geben. Die unterschiedlichen Phasen der
Intifada zeigen, daß dieser Krieg die verschiedensten
Aspekte annehmen kann. Er hat Höhen und Tiefen,
zeitweilige Siege und vorläufige Niederlagen. Doch die
einfache Tatsache, daß er weitergehen wird, ist der
Schlüssel, den man nicht verlieren darf, wenn man
verstehen will, was sich in Zukunft abspielen wird: Die
Juden Israels werden niemals in Ruhe leben können;
niemals, niemals werden sie in der Straße gehen können,
ohne darauf zu achten, was in ihrem Rücken geschieht;
niemals werden sie in ihr Auto einsteigen können, ohne
bei dem Gedanken einen Schauer zu bekommen, eine Bombe
könnte explodieren. Sie werden weiter wie Hunde leben:
mit einem "abgesicherten" Raum in ihrer Wohnung, wenn
möglich ohne Fenster, in dem Gasmasken, Wasserreserven
und Zwieback bereit liegen; sie werden weiter davon
träumen, in den Ferien nach Goa oder Kalifornien zu
fahren, an Orte, wo das Risiko gering ist, daß ihr
sogenanntes Jüdisch-Sein ihnen ein Messerstich oder
eine Kugel aus der Kalaschnikoff beschert. Sie werden
es bitter bereuen, sich für diese Zombie-Existenz
entschieden zu haben, und sie werden sich fragen, ob es
das wirklich wert war.

Die einzigen vielleicht, die Israel eine Art
Legitimität und ein Existenzrecht zusprechen würden,
sind die aktiven Teile der jüdischen Gemeinden in den
USA und den anderen westlichen Staaten. Viele dieser
Leute betrachten Israel als eine Art
Touristenattraktion, die sie sich leisten, weil sie
irgendeine "ethnisch" motivierte Gewissenspflicht
empfinden. Das ist eine Art Antwort auf die bohrende
und unabweisbar im Raum stehende Frage, die fast alle
Geister der alten jüdischen Gesellschaft des
Yiddishlands beschäftigte: "Ist es gut für uns?" - für
uns Juden das einzige Kriterium.

Ein politisch-militärisches System ohne jegliche
Legitimität, das für keinen in der Region akzeptabel
ist, kann nicht lange überleben. Es muß, um sich über
Wasser zu halten, Gewalt anwenden, und der
astronomische Preis für diese Gewalt muß von anderen
bezahlt werden. Es ist ein Kunstprodukt, das nicht
länger halten wird als die Finanzierung, die es sich
aus fremden Truhen beschaffen muß. Sein Überleben hängt
also direkt von den Zufällen des politischen Lebens der
Völkergemeinschaft ab. Eine Finanzkrise, ein
Zusammenbruch des Währungssystems oder jede andere
ökonomische Krise auf internationaler Ebene wird Israel
in eine Spirale der Auflösung geraten lassen. Aber uns
scheint, daß es noch andere Möglichkeiten gibt, mit
diesem politischen Ungeheuer zu einem schnelleren Ende
zu kommen.

Dementsprechend stellt sich die Frage: Wer wird Israel
zerstören?

Die moslemische Welt?

Die moslemische Welt ist ohne jegliches politisches
Rückgrat. Die meisten Staaten, in denen die Mehrheit
der Bevölkerung moslemisch ist, stehen unter völliger
Kontrolle des Westens, welche meist wirtschaftlichem
Gebiet ausgeübt wird und als solche nicht im gegebenen
Maß sichtbar ist. Die moslemische Welt stellt sich
heute in etwa als politische Qualle dar: kein Skelett,
keine Muskeln und ein Gehirn, das auf elementarste
Funktionen beschränkt ist. Sie birgt ein Brennen
verursachende Partikel, die Juckreiz verursachen
können.

Selbst das, was man die islamistische Strömung nennen
könnte, ist weit von einer Vereinigung entfernt und
nicht in der Lage, politisch bemerkbare Offensiven zu
starten. Die Islamische Republik Iran hat ein Beispiel
für den Widerstand gegen den US-Imperialismus gegeben,
während sich im Gegensatz dazu die Taliban-Bewegung mit
Hilfe der Amerikaner entwickelt hat. Der Terrorismus,
den man oft die Waffe der Schwachen genannt hat, hat
keine politische Wirkung von Dauer. Der Islamismus wird
wohl vorerst gespalten bleiben.

Die moslemische Welt, deren demographischer
Schwerpunkt sich weit im Osten des arabisch-persischen
Golfes befindet, ist absolut unfähig, Israel zu
zerstören. Doch indem sie den Palästinensern hilft,
kann sie dazu beitragen, das Ende dieses blutigen
neokolonialen Abenteuers zu beschleunigen.

Die arabische Welt?

Diese hat nie ein zutreffenderes Bild ihrer Ohnmacht
abgegeben als zu Zeiten der Spaltung zwischen den
Ländern des Widerstands und den anderen, die sich damit
abgefunden haben, aus den Näpfen der Amerikaner zu
essen. Es muß hier keine erneute Analyse ihrer inneren
Schwächen angestellt werden: Jeder kennt sie. Alle
Staaten schützen ihre nationalen Interessen: aus diesem
Grunde bestehen die Staaten ja. Wenn sich die arabische
Welt eines Tages vereinen wird, wird das Schicksal des
zionistischen Gebildes besiegelt sein. In der
Zwischenzeit müßten die arabischen Regime abgelöst
werden und sich von der beschämenden Vormundschaft, der
sie sich unterworfen haben, befreien. Das ist ein Ziel,
das die arabischen Massen ganz und gar nicht aus dem
Blick verloren haben, und es lauern bestimmt noch
einige Überraschungen.

Einige Male haben die Israelis ihre Probleme verlagern
können, indem sie Kriege gegen benachbarte Länder
ausgelöst haben. Paradoxerweise macht es die
Knechtseligkeit dieser Länder schwierig, wenn nicht
sogar unmöglich, wieder mit diesem Szenario
anzufangen. Der arme Barak hat noch kurz vor seinem
Sturz versucht, diese Karte zu spielen. Alles, was man in
diesem Zusammenhang von den arabischen Ländern erhoffen
kann, ist, daß sie den Mund halten und den
Palästinensern auf diskrete Art helfen.

Die Palästinenser?

Sie befinden sich seit einem Dreivierteljahrhundert
im Kampf. Sie leisten mit all ihrer Kraft Widerstand:
ihre Ablehnung der Judenherrschaft, von der man in
ihrem Fall sehen kann, wie unmenschlich und häßlich sie
sein kann, kommt tief aus ihrem Bauch heraus. Mit
den Verträgen von Oslo usw. haben sie Schwäche
erkennen lassen, haben sie sich kompromittiert; sie
haben ihre Seele für ein Bündel Illusionen, Lügen und
Schwindel verkauft. Die von der Arbeiterpartei, der
Erbin des klassischen Zionismus, vorgeschlagenen
Pseudokompromisse sind das Produkt der ersten
Intifada. Die Israelis, die behaupten, daß die Araber
nur die Sprache der Gewalt verstünden, verstehen selber
nur diese Sprache. Die Intifada hat sie zurückweichen
lassen, doch haben sie versucht, ihre Position der
Stärke auszuspielen, so lange sie konnten. In den
darauf folgenden sieben Verhandlungsjahren ist die Last
der Unterdrückung noch viel schwerer geworden. Es waren
sieben Jahre der hohlen Phrasen, der Lügen und der
gebrochenen Versprechen, die im September 2000 für die
Wiederaufnahme der Intifada gesorgt haben.

Das ist die einzige Politik, mit der das
Unterdrückungssystem zermürbt werden kann. In nur
wenigen Wochen hat die Intifada - noch aktiver und
offensiver als in ihrer ersten Phase - jedes Konzept,
jede ideologische Konstruktion zerstört, mit deren
Hilfe israelische Führung hoffte, endlich ihre Herrschaft
über ganz Palästina durchzusetzen. Man hat der
israelischen Politik bis auf den Grund schauen können:
Die Israelis haben keinerlei Idee, wie sie es schaffen
sollen. Der Rauch der sogenannten Verhandlungen hat
sich mit dem Abgang des großen Zauberkünstlers,
Hampelmann Clinton, verzogen. Rumpelkammern sind
durchaus von Nutzen.

Doch die Weiterführung der Intifada für sich allein
wird nicht ausreichen, den zionistischen Apparat zu
zerschlagen, weil dieser den größten Teil seiner
Energie woanders her bezieht. Wie ein Baum, der seine
Wurzeln ausbreitet, um an Nährstoffe heranzukommen,
streckt Israel Wurzeln in die militärischen und
finanziellen Ressourcen der westlichen Staaten. Die
Leute im Nahen Osten haben nur eine undeutliches Bild
der Lage, weil sie zu nahe dran sind: Israel ist nicht
wirklich eine nahöstliche Macht, es ist eine
supranationale Institution, die sich direkt aus den
öffentlichen Kassen der USA, Deutschlands und anderer
westlicher Staaten alimentiert.

Die Revisionisten?

Die Arbeit der Revisionisten, die in ihrer Mehrheit
Leute sind, die persönlich kein politisches Ziel
verfolgen, hat die Wirkung, daß diese seitlichen
Wurzeln, die Israel mit Sauerstoff und Nahrung
versorgen, angegriffen werden. Im Verlaufe eines langen
Prozesses, dessen einzelne Etappen hier nicht
dargestellt werden brauchen und der in vielen
Veröffentlichungen beschrieben ist, hat sich Israel
sein Existenzrecht und das Recht, die Ressourcen der
Diaspora wie diejenigen der Staaten, in denen sich die
Juden aufhalten, anzuzapfen, auf ein dogmatisiertes
Bild der Verfolgung aufgebaut, die die europäischen
Juden während der wenigen Jahre der Herrschaft Adolf
Hitlers erlitten. Wenn es sehr wohl Verfolgungen
gegeben hat, ist doch das Bild, das die
pro-israelischen Ideologen davon zeichnen, aus Gründen,
die dem Bedürfnis Israels entsprechen, jede Kritik und
jede Infragestellung von sich zu weisen, sehr
deformiert.

Freunde im Nahen Osten kennen die Israelis in Gestalt
der Flugzeuge, die sie überwachen oder bombardieren,
der Panzer, mit denen sie beschossen werden, und der
Soldaten, die bösartig die Jugendlichen verwunden, die
Steine auf sie werfen. Wir in den westlichen Ländern,
wir kennen die Rechtsanwälte, die Bücherschreiber, die
Schwadroneure in den Radios und Fernsehsendern, die
angeblich antirassistischen Ligen und die sogenannten
Menschenrechtsorganisationen, die Prozesse, die
Isolierung, die Dämonisierung der Gegner bis hin zu
ihrer persönlichen und beruflichen Ruinierung. Das ist
eine viel zähere, verborgene Welt, in deren Dunkel
Tiefschläge ausgeteilt und Politiker ferngesteuert
werden, eine Welt der Heuchelei, Erpressung und
Angst. Hier gibt es keine Granaten, keine Gewehre,
keine Steine, sondern Artikel, Gerüchte, Verleumdungen
und richterliche Vorladungen.

Das Schicksal Israels entscheidet sich auch hier.

 Man könnte daran zweifeln. Wir selbst haben uns lange
Zeit die Frage stellen können, ob der Revisionismus
schließlich eine Bresche in die Festung der Nachfahren
von Herzl und Jabotinski schlagen wird, wie klein sie
auch sei. Dank des Eigensinns und der Hartnäckigkeit,
der ermüdenden und aufopferungsvollen Arbeit und auch
durch den riesigen Resonanzkörper des Internets haben
wir schließlich die Schwachstellen ausmachen und unsere
Chance ergreifen können, haben wir gemerkt, daß wir mit
der Aufklärung beginnen können, daß das Monster in
seiner eigenen Höhle in der Falle sitzt. Es hat mit
einem traurigem Heulen begonnen. Abgesandte sind in den
zionistischen Archipel aufgebrochen, haben zum Sammeln
getrommelt, die Gefahren ausgemacht, Kräfte und Geld
mobilisiert: ein neuer Feind, der
"Holokaust"-Revisionismus, tauchte auf, den mit den
abgenutzten Gewändern des guten alten Antisemitismus
auszustaffieren nicht mehr reichte. Ein Museum nach dem
anderen, eine Konferenz nach der anderen, eine Zeitung
nach der anderen, die ganze kleine Welt der Schmeichler
und Beweihräucherer Israels, der Jammerer und
Berufsheulsusen fing an, ihre Galle, ihre Beleidigungen
und ihre Flüche auf die wenigen Revisionisten
auszuschütten, die noch nicht von der tagtäglichen
Unterdrückung zerquetscht waren. Wir erleben mit der
Denunzierung der Beiruter Konferenz einen ganz und gar
beispielhaften Höhepunkt der Desinformation, die von
der großen Propagandamaschinerie der Ostküste in Gang
gesetzt und sogleich von der amerikanischen Diplomatie,
der Presse und den Intellektuellen aufgegriffen wurde,
darunter einigen arabische Autoren von Wert, die im
Westen leben und die hiesigen Spielregeln kennen und
sich jeden Morgen entscheiden müssen, von welcher Seite
ihr Brot beschmiert sein soll. Wir vernehmen diese
ganze internationale Kakophonie mit Wohlgefallen: Sie
zeigt uns, daß der Revisionismus dort, wo er sich zu
Wort meldet, vor allem in Europa, den Vereinigten
Staaten und ganz besonders im Internet, den größten der
Wurzelstränge imperialer Unterdrückung zernagt, nämlich
den, der sich "Holokaust" nennt, der dazu dient, ein
Schuldgefühl in die Öffentlichkeit zu tragen, damit
diese Länder ausgeplündert werden können. Das ist das
berüchtigte Stockholm-Syndrom, nur auf industrieller
Ebene.

Heißt das aber, daß ein Bündnis zwischen den
Palästinensern und den Revisionisten bereits ausreichen
wird, um den in den Boden Palästinas festgekrallten
zionistischen Leviathan zu stürzen? Das glauben wir
nicht. Dieses Bündnis ist notwendig, aber es reicht
nicht. Was also dann ?

Die besten und erbittertsten, die wildesten Zerstörer
Israels wird man unter den Juden selbst suchen und
finden. Und das ist nicht unlogisch.

Im Laufe der Jahrhunderte haben die jüdischen
Gemeinden, sowohl die aschkenasischen als auch die
sephardischen, eine politische Tradition entwickelt,
deren Modell von den alten Texten aus der Zeit des
babylonischen Exils vorgegeben wurde: die von Ratgebern
des Königs (was verschiedene Rollen bedeuten konnten:
Verwalter, Bankier, Dolmetscher usw.), die sich den
direkten Zugang zur Macht versagten und aus den
Beziehungen mit dem Souverän den für ihre Gemeinde, die
aufgrund der religiösen Exklusivität und den Riten der
"Reinheit" stets am Rande der Gesellschaft lebte,
nötigen Schutz zogen. In der europäischen Geschichte
spricht man von "Hofjuden" [deutsch im Orig. -
d.Ü.]. Es genügte, wenn wenige Familien diese
subalternen Aufgaben beim örtlichen Souverän erfüllten,
damit es der Gemeinde gut ging. Durch den Verzicht auf
ihre politische Unabhängigkeit und dank dieses
Verhältnisses der Unterordnung unter die Machthaber vor
Ort, christlich oder moslemisch, konnte die antike
jüdische Gesellschaft überleben. So konnte sie auch von
jenen, die die Juden um ihre unbestreitbaren
Privilegien beneideten, als "parasitär" bezeichnet
werden. Es braucht hier nicht weiter hervorgehoben
werden, daß diejenigen, die uns die Geschichte der
Juden als eine Abfolge ununterbrochener Verfolgungen
zeichnen, uns täuschen - oder sich selbst, um dem
Rahmen der Tragödie zu entsprechen, in welche sie sich
so gern szenieren. Die Geschichte der Juden in der
Diaspora ist eher die des Schutzes, der ihnen von
Herrschern gewährt wurde, die ein ureigenes Interesse
daran hatten und unter denen die katholische Kirche an
erster Stelle steht - noch vor den Jeziden und den
Samaritern -, ohne die es die Juden heute nicht geben
würde.

Das letzte Mal, als die Juden als solche vor 1948
politisch unabhängig waren, ist es böse
ausgegangen. Josephus Flavius hat sehr gut beschrieben,
wie die Römer im Jahre 70 Jerusalem eingenommen
haben. Man sieht dort deutlich, daß es der Einfluß der
Extremisten, der Eiferer, wie Josephus Flavius sie
nennt, war - der Fanatiker einer Art "jüdischen
Nationalismus'" -, der die Katastrophe über die Juden
und die Krise gebracht hat, in deren Folge der jüdische
Tempel und die Präsenz der Juden vor Ort für die
kommenden Jahrhunderte zerstört werden sollte.  Ohne
den Vergleich zu weit und in alle Einzelheiten treiben
zu wollen, was eine tiefere Untersuchung nötig machen
würde, ist doch ersichtlich, daß in der jüdischen Welt
von heute der Stoff eines inneren Konfliktes liegt, der
erst mit dem endgültigen Zusammenbruch des politischen
Projektes enden wird, das den am Ende des
19. Jahrhunderts entstandenen jüdischen Nationalismus -
wie die anderen Nationalismen der kleinen, aus der
Auflösung der großen Reiche der Moderne entstandenen
Völker - belebt hat.

Da ist zunächst der große Graben, der die israelischen Juden
von denen in der Diaspora (in den USA, Rußland,
Frankreich, Argentinien, Kanada usw.) trennt. Wir
sprechen hier der Kürze halber nicht von den Israelis,
die keine Juden sind (Araber, darin eingeschlossen die
Drusen, die Falaschen, Russen, Ukrainer, die fast ein
Viertel der Bevölkerung ausmachen). Die
Diasporagemeinden sind von den Zionisten unter großen
Schwierigkeiten mit dem Mythos von Israel als dem
"Hafen des Friedens und der Sicherheit für die überall
von Haß, Neid und Rassismus bedrohten Juden" erobert
worden. Die "Holokaust"-Propaganda diente als
Hintergrund. Wenn Israel zur Sackgasse wird, in der es
sehr gut möglich ist, daß die Juden durch Gewalt
umkommen, werden sich die Werte umkehren: Israel wird
zur Falle, zum Objekt der Abstoßung. Der
Idealismus wird brechen: Aus positiv wird negativ.

Der zweite Faktor ist das Ende des Zionismus als immer
noch zu erreichendem politischen Ziel. In der
Arbeitspartei und in anderen Parteien der Linken und
der Mitte ist man Anfang der 90er Jahre zu der
Auffassung gelangt, daß man, um Frieden und Sicherheit
zu bekommen, nicht nur den Traum von der beständigen
Expansion (Eretz Israel, also Großisrael) aufgeben und
also akzeptieren müsse, den Nichtjuden ein Recht auf
einen Teil des Bodens des historischen Palästinas
einzuräumen, sondern noch viel weitergehen und etwa
Nichtjuden (in diesem Fall die PLO) als Söldnermiliz
engagieren müsse, der man die Sorge um Frieden und
Sicherheit anvertraut. Zwar hat die israelische Führung
es bisher für angebracht gehalten, so zu tun, als gäbe
sie nicht die Kontrolle über Zonen auf, die sie
aufzugeben versprochen hatte. Aber der konzeptionelle
Bruch ist sehr wohl in den Köpfen eines großen Teiles
der jüdischen Bevölkerung geschehen. Der Zionismus
erscheint vielen als eine überholte Ideologie, die der
Generation ihrer Großeltern; eine Modernisierung drängt
sich ihnen auf, und ein Wechsel von der archaischen
Herrschaft durch die Gewehre und Panzer hin zur
Herrschaft durch Geld und Technik erscheint
möglich. Die militärische Mystik hat einen großen
Rückschlag erlitten.

Dieser Geist des Kompromisses wird vom verbleibenden
Teil der jüdischen Bevölkerung als eine
Kompromittierung, als ein Verrat an den zionistischen
Ideen empfunden, was er in der Tat auch ist. Es gibt
ein Potential der Opposition gegen die Politik des
Arrangierens mit den Palästinensern, das sehr stark ist
und eine beträchtliche Gewalt ausübt. Die Ermordung
Rabins war nur der Eröffnungsakt. Keine Regierung hat
die politischen Mittel, die von Clinton und Arafat
versprochenen Kompromisse einzugehen, ohne einen
Bürgerkrieg auszulösen. Dennoch ist es unmöglich, eine
andere Politik zu machen. Selbst Scharon, der alte Chef
mit den faschistischen Ideen, Anhänger und
Praktizierender der Abschreckung durch Massaker, wird
nicht umhin kommen, das Thema Sicherheit gegen Land
wieder aufzunehmen, was das genaue und absolute
Gegenteil des zionistischen Ideals ist. Denn wenn man
damit beginnt, Territorien (die von Gott, der
Geschichte, dem Schicksal, den Rothschilds usw. gegeben
wurden) gegen ein Element des Vertrauens, gegen etwas
ganz und gar Politisches einzutauschen, das zu jeder
Zeit rückgängig zu machen sein wird und von Launen und
Ereignissen abhängig ist (etwa der Gewährleistung der
Garantie, daß keinem in den Straßen spazierenden Juden
ein Messer in den Rücken gestoßen wird), gibt es keine
klar gezogene Grenze mehr.

Ein Kompromiß kann immer den nächsten nach sich
ziehen. Man hat im September/Oktober 2000 sehen können,
wie die winzigen Inseln, die, von den Israelis
zugelassen, in eine illusorische und lachhafte
palästinensische Verwaltung übergegangen sind, sich mit
einem Male in Orte verwandelt haben, von denen aus
palästinensische Polizisten, deren eigentliche Aufgabe
der Schutz Israels war, mit Handfeuerwaffen auf Juden
geschossen haben. Die israelische Rechte hat nicht
unrecht, wenn sie sagt, daß das ein fauler Handel war,
daß es gefährlich, ja selbstmörderisch ist, Arabern zu
vertrauen, die nur von einer Idee beseelt sind: die
Juden ins Meer zu treiben. Und es ist absolut
unbestreitbar, daß eben dies das tiefe, befreiende,
paradiesische Gefühl ist, das in den Eingeweiden
ausnahmslos aller Palästinenser rumort, auch bei denen,
die sich und ihre Familien den Juden verkaufen. Wenn
die Deutschen auch nur einen Bruchteil dessen getan
hätten, was die Juden im von ihnen besetzten Palästina
getan haben, dann hätte es kaum so viele Franzosen
gegeben, die für eine Kollaboration mit
Hitler-Deutschland waren.  Die Siedler im Gazastreifen
und im Westjordanland sind die Manövriermasse einer
extremistischen Politik, die das Kriegsschiff Israel
wie die Titanic zum Sinken bringen wird. Diese Leute
sind von allen (politischen, sozialen, religiösen)
Fanatismen animiert, aus denen sich der militante
Zionismus gebildet hat. Sie haben sich unter
erheblichen persönlichen Opfern in diesen Kolonien
niedergelassen. Sie betreiben einen Waffenkult und
einen Kult der rassistischen Gewalt. Sie leben in einem
permanenten Fieber. Sie werden jede Regierung stürzen,
die sie von dort weghaben will. Die Politik, die darin
bestand, diese Dornen nach 1967 in das Herz der
palästinensischen Bevölkerung zu pflanzen, lähmt heute
jede sogenannte Friedensinitiative. Das war im übrigen
auch ihre Aufgabe: jede Möglichkeit einer Rückkehr auf
den Stand, wie er vor der von der Jüdischen Agentur zu
Beginn des Jahrhunderts in Gang gesetzten
kontinuierlichen Kolonisierungspolitik herrschte, zu
verhindern. Die Maxime war: ein (durch Kauf, Tausch,
Eroberung) jüdisch gewordenes Land darf niemals wieder
nichtjüdisch werden. Selbst das höchste Gericht gerät
wegen dieses Dogmas unter Druck!

Wenn eine Lage ausweglos herrscht, kommt es zur
Stagnation. Keiner ist mehr in der Lage zu
entscheiden. Man hält Ausschau nach dem Mann der
Tat, der durch vergossenes Blut von aller Moral befreit
ist, nach dem Mann, der den gordischen Knoten
durchhaut. Und man findet einen kleinen
unentschlossenen und schwächlichen Börsenmakler, der
allen Garantien geben muß und zur Ohnmacht verurteilt
ist, denn um zu einer Lösung zu gelangen, die all dem
entgegensteht, woran er glaubt, müßte er seine eigenen
Freunde massakrieren: eine unlösbare Aufgabe.

Es ist nicht ersichtlich, auf welcher
nichtzionistischer Grundlage man in Israel einen
Konsens herstellen könnte. Falls sich eine
nichtzionistische Politik aufzwingen sollte, wäre die
Hälfte der jüdischen Bevölkerung, die zionistisch
eingestellten Israelis, zum Aufstand gezwungen. Für den
Augenblick begnügt man sich mit einem politischen Salat
und übt sich im Aussitzen. Der Teil der öffentlichen
Meinung, der das zionistische Dogma aufgegeben hat, ist
der europäisierte, amerikanisierte und gebildetste,
sind diejenigen, die ziemlich leicht außerhalb Israels
ein neues Heim finden könnten, falls die Dinge sich für
sie schlecht entwickeln sollten. Das ist die
aschkenasische Elite, die Geld hat, deren Kinder in
Amerika studiert haben. Ihr hedonistischer Lebensstil
paßt nicht zu den Einschränkungen und Ängsten, die der
Ausnahmezustand und die Unsicherheit in den Städten mit
sich bringen. Die Apartheid hat Lücken.

Die anderen sind jene, die sich historisch als
letzte einem Zionismus angeschlossen haben, der nicht
für sie gemacht worden war: die jemenitischen,
irakischen, persischen, marokkanischen, äthiopischen,
russischen Juden bzw. Pseudojuden. Diese müssen sich
vor sich selbst rechtfertigen, warum sie die
Gesellschaften aufgegeben haben, in denen ihre
Vorfahren ein gutes Leben gelebt haben. Sie hatten eine
messianische, mystische Vorstellung vom Land Israel, in
dem - ihren heiligen Schriften zufolge - "Milch und
Honig fließen". Die schäbige Wirklichkeit der
Einwanderung, der Durchgangslager, der kleinen Jobs,
der quasi rassistischen Diskriminierung, der Ausbeutung
und der Selektion für die Posten an vorderster Front
bei der Armee hat diese absurden, von der Jüdischen
Agentur verbreiten Träume in Luft aufgehen lassen. Doch
ganz unten auf der sozialen Leiter haben sie keine
Wahl, keine Rückzugs- oder Rückkehrmöglichkeit; sie
fühlen sich nur von einer Politik gerechtfertigt und
vertreten, der es darum geht, die Araber, die zur
gleichen Zeit die legitimen Eigentümer der ihnen
zugesprochen Güter und ihre Konkurrenten auf dem
Arbeitsmarkt sind, zu zermalmen. Es sind die
deklassierten Weißen der Apartheid und der
rassistischen Regime in Afrika und im Süden der
Vereinigten Staaten von vor gar nicht so langer
Zeit. Diese Unterschicht ist nur in den
großen Metropolen, von denen sie aufgesogen wurden
(Rückkehr der französischen Nordafrikaner (Pieds
Noirs
), der Afrika-Portugiesen usw.), mehr oder weniger
gut aufgehoben. Im Moment erklärt sich noch
niemand bereit, die haß- und mordwütige Masse von
Sepharden aufzunehmen. Wer sollte sie auch wollen?
 
Man sieht es deutlicher als je zuvor: Israel hat die
Stellung eines symbolischen Opfers verloren. Die Wende
wurde 1982 eingeleitet. Der Überfall auf den Libanon
und die Grausamkeiten, die den Vormarsch der
israelischen Wehrmacht begleiteten, hatte die Augen
geöffnet. Die von General Scharon geführten
Sonderkommandos hatten in den Lagern von Sabra und
Chatila ihre wahre Natur gezeigt. Unter Einsatz aller
medialen Kräfte hatten die zionistischen pressure
groups
mit Alain Finkielkraut an der Spitze in einer
vehementen Kampagne in der Öffentlichkeit wieder
Terrain gewinnen können. Seither ist die Chronik der
vom israelischen Besatzer begangenen Grausamkeiten nie
wieder aus der ersten Reihe der Menschenrechtsszene
verschwunden, was zum Teil in der Presse einen
Widerhall fand, besonders, das muß gesagt werden, in
der britischen. (Die Engländer kennen die Natur des
Zionismus besser als alle anderen, denn sie haben diese
Schlange über dreißig Jahre an der Brust gehabt.) Und
wieder gingen seit dem Beginn der Al-Aksa-Intifada
Bilder des Schreckens um die Welt. Man sieht die schwer
bewaffneten jüdischen Infanteristen sich in Robocops
verwandeln, die mit ihrem Trommelfeuer kleine, mit
Katapulten ausgerüstete Kinder belegen. Selbst für eine
enthirnte und vom Bombardement der Medienpropaganda
halb taube und halb erblindete Öffentlichkeit ist auf
diesen Bildern sichtbar, wer das Opfer ist. Diese
Umkehr der Bilder, die auf lange Sicht ein riesige
Bedeutung bekommen wird, wurde und wird Tag für Tag mit
dem Blut der jungen Männer bezahlt, die von der
fundamentalen Unmenschlichkeit der Politk Israels zur
totalen Verzweiflung getrieben werden.

Aus diesem Grund haben die Behörden in Tel Aviv, denen
die unvermeidliche Zerstörung des Opferstatus nicht
verborgen blieb, in den Jahren 1996/97 eine
großangelegte internationale Kampagne mit dem Ziel
lanciert, den Revisionismus zu vernichten. Der
"Holokaust" ist die letzte Rettungsboje, um das Image
der Juden als ewige Opfer zu bewahren, das Israel dazu
dient, sich vor Kritik zu schützen. Die Intensivierung
der Repression, die wir in Europa beobachten können,
ist eine direkte Konsequenz der auf der internationalen
Konferenz in Stockholm im Januar 2000 von Israel
gestellten Forderungen; eine Konferenz, auf der alle
europäischen Regierungen erschienen sind, um sich von
dem ins Schlepptau nehmen zu lassen, was unser Freund
Finkelstein so treffend die Holokaust-Industrie genannt
hat.

Der Ungewißheit ausgeliefert, vom Ausbruch eines
gewaltsamen inneren Konfliktes bedroht, des
Opferstatus' verlustig gegangen, vom palästinensischen
Widerstand in Atem gehalten, unfähig, einen regionalen
Konflikt anzustiften, der in einen "richtigen Krieg"
überginge, hat Israel das Vertrauen der Mehrheit der
westlichen Juden und die psychologischen Investitionen
verloren, die diese in das gesteckt haben, was, wie es
scheint, ihre Vorfahren verrückt gemacht hat: "die
Lösung der Judenfrage". Mehrheitlich bestand diese
Lösung bis 1945 in der Integration und der
Praktizierung einer jüdischen Kultur als Folklore und
Kuriositätensammlung. Die idiotische und kriminelle
Politik des Hitler-Regimes sollte der zionistischen
Alternative wieder Kraft einflößen und sogar den
extremistischsten dieser gefährlichen Utopisten
zumindest vorübergehend den Schein der Legitimation
verleihen.

Die Forderung nach Rückkehr der vier Millionen
vertriebenen Palästinenser, die selbst von der
israelischen Linken als "Nihilierung Israels" (Amos
Oz) gesehen wird, und die Gegenstand verstärkter
Forderungen der Völkergemeinde sein wird, kommt in
diesem Zusammenhang noch gar nicht zur Betrachtung.

Nach 50 Jahren blutiger Tyrannei hat der Zeiger das
Zifferblatt umrundet. Es ist klar, selbst für die
Russen, die nach Israel emigriert sind, um weiter nach
Amerika zu kommen, daß es in Palästina keine "Lösung
der Judenfrage" gibt. Man findet hier nicht einmal die
"Lösung der Israel-Frage". Außerhalb Israels agieren
die Lobbyisten um so wahnsinniger, je mehr sie bei
ihren eigenen Leuten Boden verlieren. Sie ziehen immer
größere Geldbeträge ein, um sich doch nur selbst am
Leben zu halten. Ihre Gewicht in der
amerikanischen Politik kann nur geringer werden. Die
Ressourcen Israels werden, trotz der großen weltweiten
Erpressungsoperationen, zwangsläufig abnehmen. Mit
den verringerten Ressourcen wird es noch schwieriger,
den von der aschkenasischen Bourgeoisie reklamierten
Lebensstandard zu halten und den Konflikt zwischen ihr,
die ihre Privilegien behalten will, und der
nicht-aschkenasischen Masse, die sich keine andere
Lösung ihrer Übel vorstellen kann als die Vertreibung
oder die Vernichtung der Palästinenser, zu schlichten.

Dieser Konflikt ist es, der Israel schließlich
zerstören wird. Dieser Konflikt - darauf sei
hingewiesen - ist die einfache Folge der inneren
Widersprüche des Zionismus und seiner mangelnden
Anpassung an die historischen Gegebenheiten.
Palästina war kein Land ohne Volk - wenn das
palästinensische Volk sich seine Identität, sein
Bewußtsein auch erst in der Not gebildet hat - für ein
Volk ohne Land.

Ein israelisches Volk existiert im übrigen nicht, denn
die Juden in ihrer Gesamtheit sind, mit Ausnahme einer
Handvoll Erleuchteter, von denen einige wahrhaftige
Serienmörder sind, nicht von sich aus gekommen. Die
Juden werden Israel zerstören, so wie sie es bereits in
der Vergangenheit getan haben, eben weil sie keine
Nation oder kein Volk bilden, sondern eine große Sekte,
die aus Untersekten besteht, die sich in der
ideologischen Arena gegenüberstehen: Sadduzärer,
Pharisäer, mit ihren Zeloten und gedungenen Mördern,
Judäern und Christen und später Sabattisten und
Hassiden, Anhängern und Gegner der Aufklärung,
Zionisten und Antizionisten. Diese internen Kriege sind
um so unerbittlicher, als das, worum es geht (der
Einsatz), abstrakt ist: es sind, im eigentlichen Sinne,
Religionskriege, auch wenn diese Religion vor allem
politischer Natur ist.

Damit diese Zerstörung vollbracht werde,
braucht es das Zusammenspiel zweier Faktoren: Die
Aufrechterhaltung des Druckes, wie er vom
palästinensischen Widerstand ausgeübt wird, und der
langsame aber unaufhaltsame Fortschritt des
Revisionismus als Kritik des Bildes, das die jüdischen
Gruppen der ganzen Welt aufzuzwingen versuchen. Die
Beiruter Konferenz ist eine Etappe dieses
Fortschrittes.

Zur Stunde, wo ich dies schreibe, ist noch nicht
sicher, ob diese Konferenz abgehalten werden
kann. Ihre Ankündigung hat eine enorme Aktivität des
zionistischen Milieus hervorgerufen, um ihr Stattfinden
zu verhindern. Der Medienrummel ist enorm. Ob sie
stattfindet oder nicht, ist letztlich nur von
sekundärer Bedeutung. Die jüdische Macht hat gezeigt,
daß sie an der Stelle, auf die wir den Finger legen,
äußerst verletzlich ist.

Ein amerikanischer Journalist einer kleinen
Provinzzeitung aus Florida hat es so ernüchternd wie
treffend ausgesprochen: "The truth is, I fear, that
Palestinians won't get their independence until
Americans get theirs." (Charles Reese, The Orlando
Sentinel, 7. Dezember 2000): "Die Wahrheit ist,
befürchte ich, daß die Palästinenser solange
Unabhängigkeit nicht bekommen, solange die Amerikaner
nicht die ihre haben."

Unsere Freiheit, im Westen genau so gut wie im Nahen
Osten oder in Rußland, ist eng mit der Freiheit derer
verbunden, die unser System am meisten unterdrückt: mit
der Freiheit der Palästinenser. Wir haben denselben
Feind: eine Koalition derer, die im Nahen Osten ihre
Herrschaft mit Gewalt durchsetzen, mit jenen, die in
Europa und in Amerika von dem Drama profitieren, das
sich in Palästina abspielt, um ihre Macht
durchzusetzen, riesige Ressourcen abzuweiden und eine
Tyrannei auzusüben, die sie als Rache für behauptete
2000 Jahre Unterdrückung darstellen. Wir weisen diese
Tyrannei und die Lügen in ihrem Gefolge zurück.

P.S.: Der vorzügliche russisch-israelische
antizionistische Schriftsteller Israel Schamir sagt es
ebenfalls und auf seine Weise: "Do not ask for whom the
bell tolls, it tolls for you, as no man is an island,
said the Elizabethan poet John Donne, proclaiming the
common humanity of Man. These words sent Ernest
Hemingway to fight for freedom in Spain in 1936, as
freedom is indivisible. We repeated these words in
1968, we should repeat it now. The struggle for freedom
in the US and the battle for Palestine are but one
war." ("Fragt nicht, für wen die Glocke schlägt, sie
schlägt für euch, denn niemand ist eine Insel, wie der
elisabethanische Dichter John Donne sagte, als er die
allgemeine und gleiche Menschenwürde
proklamierte. Diese Worte haben 1936 Ernest Hemingway
nach Spanien in den Kampf geführt, denn die Freiheit
ist unteilbar. Wir haben diese Worte 1968 wiederholt
[um in Moskau gegen die Invasion der Tschechoslowakei
zu protestieren], und wir müssen sie jetzt wieder
aussprechen. Der Kampf für die Freiheit in den
Vereinigten Staaten und für Palästina ist ein und
derselbe Krieg.")

16. März 2001

[Siehe auch Serge Thions Bericht von der Pariser Pali-Demo am 12. März 2001 in dieser AUTO-Ausgabe; weitere Texte von Serge Thion hier; sein Text “Palästina” aus AUTO Nr. 6 hier.]


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