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[Dies ist die aktuelle (Apr. 2001 bis Okt. 2001) Netzpräsenz der deutschsprachigen Nationalanarchisten. Es sind Ausweichseiten, da die nA-Domäne (www.nationale-anarchie.de) derzeit nicht bearbeitet (und nun auch nicht mehr besucht) werden kann.
Zuerst wurde am 7. Dezember 2000 von der Polizei der Rechner beschlagnahmt, auf dem sich die zur Bearbeitung nötige Datei befindet (zu Hausdurchsuchung und Kriminal-Ermittlungen siehe
hier; Stellungnahme zur Anzeige hier).
Dann sind - nachdem die Ermittlungen eingestellt wurden und der Prozeß kläglich gescheitert ist - am 12.4.02 die nationale-anarchie.de-Seiten und auch der Netzort
www.volksheil.de vom Provider Strato AG ganz und gar  stillgelegt worden: alles reiner  Zufall... Begründung: rechtswidriger Domain-Name (!), erotische, extremistische usw. Inhalte
www.nationale-anarchie.de wird demnächst wieder überarbeitet im Netz sein mit neuen Positionen und Weiterentwicklungen  (Nationenbegriff, antideutsch, aber nicht antinational... siehe z.B.
Text von Flo). Anleitung zum Öffnen gesperrter Seiten. Techniken zur Umgehung von Internet-Zensur. Siehe www.vgt.ch und www.ioz.ch.]

=> Die Netzseiten von Sleipnir, Zeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik (www. freespeech.org/sleipnir) sind von Freespeech skandalöserweise ohne Benachrichtigung und Kommentar abgestellt worden. Sleipnir wird hier als Gast beherbergt.<=

AUTO: -chthon & -nom
  nationalanarchistische Stromzeitschrift
 

Serge Thion: Kleines Dossier der Affäre Rittersporn
(Dieser Aufsatz erschien in Sleipnir. Zeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik 2/98)

1.

Der Erfolg der Terrorisierungsoperation gegen eine Person, die eine kurze Zeit zum Kreis der amerikanischen Revisionisten gehörte – David Cole –, hat Nachahmer auf den Plan gerufen. Cole hatte seinen medialen Ruhm dem Umstand zu verdanken, daß er von sich behaupten konnte, sowohl Jude als auch Entdecker im Sinne des Revisionismus zu sein, was, zumindest in den USA, ein einigermaßen exklusiver Status war. Von Europa aus betrachtet erschien dieser Ruhm zweifelhaft und unbegründet. Coles Erpressung durch die Jewish Defense League und der von ihr lancierte Mordaufruf haben dazu geführt, daß er am 2. Januar einen ihm vorgelegten Text unterschrieben hat, der eine Abschwörung bedeutet, die der Heiligen Inquisition Ehre gemacht hätte.

Einige Tage danach startete die Berliner Zeitung eine Operation, welche die Pariser Libération am 12. Februar folgendermaßen zusammenfaßt:

 Ein lästiger negationistischer Historiker Gábor Rittersporn, an einem französisch-deutschen Institut in Berlin beschäftigt, bezweifelt die Existenz der Gaskammern.

Von unserem Bonner Korrespondenten

Für das französisch-deutsche Forschungsinstitut für Sozialwissenschaften, das gern von sich als „Modell der europäischen Öffnung“ spricht, ist die Affäre ein Desaster. Das Marc-Bloch-Zentrum, benannt nach einem 1944 von der Gestapo ermordeten Widerstandskämpfer zählt einen negationistischen französischen Historiker zu seinen Mitarbeitern, wie die Berliner Zeitung in ihrer Ausgabe vom Mittwoch berichtet.

Der seit dem 1. Januar am Marc-Bloch-Zentrum von Berlin beschäftigte Gábor Rittersporn war 1980 an der Herausgabe des Buches von Serge Thion „Historische Wahrheit oder Politische Wahrheit?“ beteiligt, in dem behauptet wird, daß „die Gaskammern Hitlers niemals existiert haben“. Bei einem Gespräch mit der Berliner Zeitung ist Gábor Rittersporn bei dieser negationistischen Lüge geblieben. „Die Existenz der Gaskammern ist bis heute nicht bewiesen“, sagte er der Zeitung. Noch vor zwei Monaten führte Robert Faurisson, der Papst des Revisionismus, in einer rechtsextremistischen österreichischen Zeitschrift seinen „Freund“ Rittersporn als Beweis dafür an, daß er gar nicht Antisemit sein könne. Gábor Rittersporn ist selbst jüdischer Herkunft. Ein großer Teil seiner Familie ist in den Nazi-Lagern verschwunden.

Die französische Botschaft in Deutschland hat prompt reagiert. Das Marc-Bloch-Zentrum unterliegt tatsächlich der Zuständigkeit der französischen Ministerien für Äußeres und Volksbildung. „Wenn er seine Worte bestätigen sollte, ist es außer jeder Frage, daß dieser Forscher weiter am Marc-Bloch-Zentrum wirkt“, verlautet es aus der Botschaft. In einer Mitteilung die am heutigen Donnerstag veröffentlicht wird, verlangt das Marc-Bloch-Zentrum, daß der Anstellung Gábor Rittersporns in Berlin ein Ende bereitet werde.

„Rittersporn hatte ein interessantes Forschungsprojekt eingereicht und seriöse wissenschqftliche Bürgschaften vorzuweisen“, sagt der Direktor des Marc-Bloch-Zentrums, der Historiker Etienne Francois, um zu erklären, wie er eine solch zweifelhafte Person in seiner Forschungsgruppe hat aufnehmen können. Rittersporn ist in Berlin für Studien über die Geschichte der Sowjetunion benannt worden, „nicht um über den Negationismus zu arbeiten“, wie der Direktor des Zentrums weiter sagt. Wir wußten, daß er mit wenig empfehlenswerten Leuten Umgang gehabt hatte“, erklärt Etienne Francois, „doch hat er uns versichert, daß dies der Vergangenheit angehört.“ Auch wenn er nun in Berlin non grata ist, wird Gábor Rittersporn nichtsdestotrotz morgen nicht auf der Straße stehen. Er bleibt Titularforscher am CNRS [Centre National de Recherche Scientitique – Nationales Forschungszentrum – d.Ü.].

M [Lorraine Millot]

Man braucht kein Gelehrter zu sein, um das Ausmaß an Provokation und Lüge zu erkennen, den dieser kurzer Artikel enthält. Die Rittersporn zugeschriebenen Erklärungen sind reine Erfindung von Journalisten, die in ihrem Urteil schon längst festgelegt sind: eine „solch zweifelhafte Person“!... Die Sache mit der österreichischen Zeitschrift ist ebenfalls eine reine Erfindung: Professor Faurisson hat in jüngster Zeit nichts in irgendeiner österreichischen Zeitschrift geschrieben. Er hat niemals von Rittersporn als seinem „Freund“ gesprochen. Das ist wieder so ein gefälschtes Detail, mit der der Rest der story einen Hauch von Echtheit bekommen soll. Wir erinnern daran, daß Rittersporn einer der weltweit besten Fachleute der Geschichte des Stalinismus in der UdSSR und international als solcher hoch angesehen ist. Die Tatsache, daß er vor fast zwanzig Jahren die Herausgabe eines Buches unterstützt hat, das in Frankreich niemals Gegenstand juristischer Verfolgung war, hat ihn nicht daran hindern können, weiter seiner Forschungsarbeit nachzugehen und eine Karriere zu verfolgen, auf der er mit dem Holocaust-Revisionismus, wie er sich seither weiterentwickelt hat, nichts mehr zu tun hatte. Doch wie die Presse süffisant vermeldet, ist Rittersporn jüdischer Abstammung. Nach der Affäre Cole ist die Frage berechtigt, ob nun die Jagd auf Juden eröffnet ist. Einige Tage vorher rief jemand, der sich als Student aus Dortmund vorstellte, unter einem fadenscheinigen Vorwand die Vieille Taupe von Berlin aus an. Unter anderem stellte er folgende Frage: „Gehört Rittersporn noch dem Umfeld der Vieille Taupe an?“ Man sieht also, daß die Affäre, an der sich jetzt die Sumpfpresse weidet, von langer Hand vorbereitet wurde. Zur Judenhatz wird von oben selten geblasen – falls aber doch, so heißt es dabei sein.

Unmittelbar nach Erscheinen des Libération-Artikels läßt Le Monde große Geschütze auffahren (13. Februar 1998, S.4). Hier ein Ausschnitt:

Die Berliner Zeitung, die diese Affäre öffentlich gemacht hat, gibt durch ihren Mitarbeiter Maxim Leo an, daß der Betroffene, von der Zeitung befragt, bei seiner Aussage bleibt, daß „die Existenz der Gaskammern bis heute nicht bewiesen ist“. In einer anderen Berliner Tageszeitung, dem Tagesspiegel, sagt Rittersporn am Donnerstag, daß er niemals die Existenz der Gaskammern geleugnet hätte und daß er erklärt hätte, daß es „nichts an unserer Einschätzung über den Nationalsozialismus ändert, wenn die Gaskammern nicht existiert hätten“. Er unterstreicht, daß er an der Redaktion des Buches von Serge Thion nicht selbst beteiligt gewesen sei, sondern daß er an der Seite anderer Mitglieder der Vieille Taupe wie Jean-Gabriel Cohn-Bendit lediglich dem Herausgeberkomitee angehört habe. „Ich dachte damals naiverweise“, sagt er, „daß absurde Thesen wie die Robert Faurissons, die ich verurteile, im Namen der Forschungsfreiheit diskutiert werden müssen.“

Die Dinge sind also klar: Rittersporn ist der Ansicht, daß die revisionistischen Thesen absurd sind. Das ist selbstverständlich sein absolutes Recht, das ihm höchstens Zeitungen des Kalibers Le Monde oder Libération bestreiten. Die Revisionisten ihrererseits würdigen eine zwanzig Jahre alte Geste eines Mannes, der zur damaligen Zeit so naiv war zu glauben, daß die Forschungs- und Gedankenfreiheit ein Recht sei, auf das sich jedermann ungestraft berufen könne. Heute ist klar zu sehen, daß dies ein fataler Irrtum war.

Im Le-Monde-Artikel erfahren wir auch, von wo aus die Machination betrieben wurde: „Dem Marc-Bloch-Kreis in Lyon (einer Vereinigung zum Kampf gegen den Negationismus) zufolge ist das Zentrum in Berlin schon im November über die Freundschaften Rittersporns informiert worden.“ Diese „Freundschaften“ sind völlig aus der Luft gegriffen. Bei diesem komischen „Marc-Bloch-Kreis“ handelt es sich um einen trotzkistischen Bauchladen, wo es sich ein gewisser Videlier, der sich gern als Historiker ausgibt, zur Aufgabe gemacht hat, Wissenschaftler, die irgendwann einmal anderen Wissenschaftlern über den Weg gelaufen sind, welche mit Revisionisten Kontakt gehabt haben könnten, mit einem grotesken Krieg zu überziehen. Dieser Kreis, von den falschen Katholiken der Gruppe Golias und den Söldnern der stalinistisch-trotzkistischen Strömung unter Leitung von Leuten wie Daeninckx unterhalten, möchte gern die Rolle einer Seuchenpolizei übernehmen. Jeder, die ganze wissenschaftliche Öffentlichkeit, wußte von der Bestallung Ritterspoms am CNRS-Zentrum in Berlin; die Sache ist in den verantwortlichen Kreisen diskutiert worden, wie es aus dem Le-Monde-Artikel hervorgeht: „In einer Mitteilung des Direktors des Berliner Zentrums, des Historikers Etienne Francois, hieß es am Donnerstag, daß die Vergangenheit des Forschers, Spezialist auf dem Gebiet der Geschichte der UdSSR, vor der Nominierung mit den Verantwortlichen des CNRS besprochen worden ist.“ Der Betroffene hatte erklärt, sich distanziert zu haben. Wenn die deutschen Zeitungen, von der französische Presse so fleißig nachgeäfft, das Gegenteil schreiben, dann, weil sie Lügner sind: Wir haben es mit einer ekelhaften Provokation zu tun, die von falschen Forschem aus Lyon ausgeht, die bei der Berliner Journaille, die eher zu klotzen als zu kleckern scheint, Komplizen gefunden haben.

Vor diesen kleinen Gedankenbullen mit ihren fiesen Machenschaften gehen die gelehrten und amtlichen Institutionen sofort in die Hundestellung: Das Marc-Bloch-Zentrum, wo die Anstellung Rittersporns diskutiert worden und wo man sich über die möglichen Konsequenzen im klaren gewesen war, beeilt sich mitzuteilen, daß „es sich von selbst versteht, daß wir in keinem Falle akzeptieren können, weiter mit einem Forscher zu arbeiten, der offen oder heimlich negationistische Thesen vertritt“. (Es sei hier nochmals daran erinnert, daß der „Negationismus“ kein anderes Dasein als das in der Phantasie derer führt, die von ihm sprechen.) Die französische Botschaft spricht von einer Heimholung des Forschers manu militan, als handele es sich um eine Dringlichkeit, die die nationale Sicherheit berührt. Kurz: Der allgemeine Irrsinn bricht aus. Was dieser ganze Vorgang zum Ziel hat, ist offensichtlich: einen Mann zu brechen. Er muß abschwören. Und das kann dann in den Medien unendlich breitgewalzt werden. Wer dem Druck nachgibt – und die Revisionisten kennen mehrere Beispiele dafür-, dem wird immer mehr an Selbsterniedrigung und Geißelung abverlangt – der hört nie mehr mit der Abarbeitung einer Imaginären Schuld auf. Wird Rittersporn, der für seine Inquisitoren – nur blasse Imitate derer, die er in den Kerkern des Ostens zu Zeiten Breschnjews kennenlernen konnte – nur Verachtung übrig haben wird, all den Erpressungen widerstehen können, die gegen ihn in Szene gesetzt werden?

Diese von den miesen Gedankenpolizisten errungenen kleinen Siege werden sich für das System als verheerend herausstellen. Die Existenzvernichtungen werden ein Menge Leute in Empörung versetzen, die ihre Zurückhaltung aufgeben und dem Revisionismus die unsichtbaren Bataillone liefern werden, die nun die großen Namen, die in den 80er Jahren die Signale gesetzt haben, ablösen werden. Für deren Nachfolgerschaft sorgen ausgerechnet die, die sie mit allen Mitteln zu vernichten suchen.

Die Revisionisten möchten bei dieser Gelegenheit all jenen danken, die – vom „Marc-Bloch-Kreis“ in Lyon bis zu den Redaktionen unserer großen Zeitungen – mit ihrer unglaublichen Selbstgefälligkeit und ihrer bodenlosen Ignoranz in der Nachfolge Vidal-Naquets für das stete Vorankommen des Holocaust-Revisionismus sorgen.

 

2.

In dem 1980 im Verlag der Vieille Taupe erschienen Buch „Historische Wahrheit oder Politische Wahrheit?“ von Serge Thion war auf der der Titelseite vorausgehenden Seite folgendes vermerkt: „Dieses Buch erscheint mit der Beteiligung und unter der Verantwortung von Jacob Assous, Denis Authier, Jean-Gabriel Cohn-Bendit, Maurice Di Scuillo, Jean-Luc Redlinski, Gábor Tamás Rittersporn, Serge Thion.“ Mancher hat dabei an die Sieben Söldner (The Magniftcent Seven) denken müssen... Die Genannten haben versucht, neben Professor Faurisson beim großen Prozeß im Jahre 1981 aufzutreten, was ihnen verwehrt wurde. Und damit war der Beitrag Rittersporns zur Geschichte des Revisionismus beendet. In der Folge hat er sich auf seine eigene Forschungsarbeit zur Geschichte der Sowjetunion konzentriert und dabei, in Verbindung mit anderen, vor allem angelsächsischen Forschern Analysen zur Sowjetgesellschaft in der Stalin-Zeit vorgelegt, die sich nicht auf Ideologisches, sondern ausschließlich auf die Archive stützen, sich mithin den Titel eines „revisionistischen“ Historikers auf dem Gebiet der UdSSR-Geschichte verdienend. Er hat keine Zeile über die Politik in Deutschland während der NS-Zeit geschrieben. Nur einmal, nämlich als er Anfang der 80er Jahre in das CNRS aufgenommen werden sollte, durchzog kurzzeitig der kalte Wind einer Kabale gegen ihn die Flure dieses Hauses. Doch intervenierten in Frankreich als auch im Ausland verdienstvolle Akademiker, die für die außerordentliche Seriosität und Kompetenz Rittersporns, der, aus Ungarn stammend, einen Abschluß der Universität Leningrad hat und ein Dutzend Sprachen – darunter Japanisch – spricht, bürgten. Seither ist seine Karriere in normalen Bahnen verlaufen, darunter zahlreiche Aufenthalte an ausländischen Universitäten, die großen Wert auf sein Wissen und seine Talente zu legen scheinen. Er sollte zum 1. Januar 1998 zum Marc-Bloch-Zentrum in Berlin abgestellt werden. Dieses Institut ist eine sehr junge Einrichtung. Frankreich, etwas darüber betrübt, seine Truppen aus Berlin abziehen zu müssen, möchte mit verschiedenen teuren Kultur-Gadgets in der alten und neuen Reichshauptstadt „Präsenz zeigen“.

So weit so gut. Üblicherweise bekommen die Leute vom CNRS im Herbst von einem solchen Abstellungskommando Mitteilung. Die trotzkistische Zelle der Region Lyon, vor allem deren Mitglieder, die im Umfeld der École normale supéreure (früher Fontenay, heute nach Lyon verlagert) agieren, gerät in Schwingung. Wir befinden uns in einer Zeit, wo das korrekte Hände-an-die-Hosennaht in den verbliebenen Sprengseln einer aufgelösten Linken, die nur noch lächerliche Fetzen einer schon 1945 obsoleten antifaschistischen Phraseologie von sich geben, für die finale Verwüstung sorgt. Der Auftritt von politischen Kommissaren wird unabwendbar: Es muß harte Tribunale geben, unerbittliche Ankläger, erbarmungslose Richter und schließlich Schuldige, die entlarvt zu werden verdienen. Rittersporn, der vor achtzehn Jahren das Verbrechen begangen hat zu meinen, daß man das Recht hätte nachzudenken und auf allen Gebieten wissenschaftlich zu arbeiten, ist ein solcher Fall, den man nun „entlarven“ kann. Der einzige Nachteil: Rittersporn hat keine Larve; er hat stets offen sein Gesicht gezeigt: Nie hat er sich an den Arbeiten des Holocaust-Revisionismus beteiligt, und er hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, daß er das Erscheinen des Thion-Buches im Jahre 1980 mit seinem Namen unterstützt hat. Die universitären Autoritäten, das CNRS und das Außenministerium, denen die gallischen Pappenheimer gebührend Meldung machten, hatten mit Rittersporn über dessen Vergangenheit gesprochen und waren mit ihm übereingekommen, die Vergangenheit als vergangen zu betrachten. Das war für die Schauspielschulabsolventen mit Exklusivvertrag für die Rolle eines Jago auf allen Theatern der Welt gar nicht günstig. Sie mußten auf eine gute alte CIA-Technik zurückgreifen, die der US-Dienst immer dann zum Einsatz gebracht hat, wenn er die südamerikanischen Regime, die aus der Reihe tanzten, aus dem Gleichgewicht zu bringen hatte: In irgendeiner Zeitung werden falsche oder verleumderische Informationen gebracht, und diese läßt man dann von anderen Zeitungen, die nun eine „Quelle“ haben, aufgreifen. Diese Methode ist von einem der CIA Entkommenen sehr gut beschrieben worden. Ein Berliner Journalist, ein gewisser Maxim Leo, wird gespeist: Er verfügt jetzt über ein Dossier, das im wesentlichen aus den üblichen Gerüchten besteht, wie sie am CNRS kursieren, und zu dem kein deutscher Journalist, erst recht kein in Berlin ansässiger, aus eigener Arbeit kommen würde. Nun ruft er – ziemlich ungeschickt – bei der Vieille Taupe in Paris an, um einige in der Maschinerie des Komplotts verwendbare Brocken zu bekommen; wie es aussieht, nicht sehr erfolgreich. Maxime Leo, den man auf Radio France-Culture – in einer vom bekannten und als Plagiator verurteilten Antome Spire geleiteten Sendung – ein recht passables Französisch sprechen hören konnte, ist ein ehemaliger Bürger der DDR. Er hatte zuvor bereits Madame Mégret, Front-National-Bürgermeisterin von Vitrolles, in die Falle gelockt. Er hat vermutlich einen gewissen Erfahrungsschatz als Provokateur. Und somit nahm die Billard-Partie ihren Laut; die Kugeln rollten: Einem ersten Artikel in der Berliner Zeitung folgte sogleich einer in Libération und einer in Le Monde, alle von der Lyon-Connection alimentiert. Rittersporn, vom Zeitungsfritzen, der sein Handwerk beherrscht, überrascht und in die Enge getrieben, läßt sich mit Leo auf ein Gespräch ein, offenbar ohne die dahinterliegende Montage zu erkennnen. Leo läßt ihn Sätze sagen, die sich bestens gegen ihn wenden lassen. Es sieht danach aus, daß er sie gar nicht selbst sagt: Der Journalist übernimmt gern

die Begradigung der Rittersporn‘schen Worte im gewünschten Sinne, was ja wohl die wesentliche Aufgabe eines Journalisten ist. Wenn die Journalisten nicht wären, um Dinge und Aussagen zu verfälschen, genügte es ja, Tonbänder abzuschreiben. Doch das wäre der Tod dieser sehr nützlichen Berufskörperschaft! In seinem Dementi erklärt Rittersporn in aller Deutlichkeit, daß er die revisionistischen Thesen verurteilt. Die ganze Kampagne zielt also auf jemanden, der auf dem Gebiet des Holocaust-Revisionismus nie auch nur die geringste Aktivität entfaltet hat und der sich mit dem Revisionismus auf keinerlei Art und Weise identifiziert. Nicht überraschend, daß diese Kampagne ausgerechnet zur Faschingszeit losging. Rittersporn sagt auch, daß die Existenz der Gaskammern bewiesen worden ist, vor zwei oder drei Jahren, von einem „in Frankreich veröffentlichten Buch“. Darin erkennen wir das Buch Jean-Claude Pressacs „Die Krematorien von Auschwitz. Technik des Massenmordes“, das vom Verlag des CNRS, Rittersporns Arbeitgeber, publiziert wurde. Daraus muß geschlußfolgert werden, daß die Existenz der Gaskammern bis 1993 wissenschaftlich nicht bewiesen war. Erst 1993 wird vom CNRS ein Buch herausgegeben, das endlich den wissenschaftlichen Beweise für diese Existenz erbringt. Infolgedessen gehört es sich für einen CNRS-Forscher ab diesem Zeitpunkt auch, von besagter Existenz überzeugt zu sein. So also auch im Fall Rittersporn. Und damit gut.

Die Revisionisten können sich darüber natürlich nicht das Lachen verkneifen. Eben!: Das Buch Pressacs haben sie mit der Lupe gelesen; sie haben es, einer nach dem anderen, wissenschaftlich auseinandergenommen: Faurisson, Thion, Guillaume und auch viele ausländische Forscher. Sie haben herausgestellt, daß Pressac unter den 160.000 Dokumenten der Bauleitung von Auschwitz eben kein einziges gefunden hat, das beweisen würde, daß irgendein Bauwerk, irgendeine Räumlichkeit von seiner ursprünglichen Funktion zweckentfremdet und zu einem industriellen Schlachthaus umgebaut worden sei. Wer damals bei Veröffentlichung des Pressac-Buches eine matte Erleichterung empfunden hat, mußte erkennen, daß er in einer Sackgasse gelandet war: Was denn nun?: Entweder wissen die CNRS-Forscher, daß das Pressac-Buch ein mottenzerfressener Wandschirm ist, der eine Wiederkehr der Fragen nicht verhindern wird, oder sie glauben, dieses Buch löst alle Rätsel, womit sie den Beweis dafür liefern würden, daß sie geistesgestört sind.

Ist Gábor Rittersporn geistesgestört? Das zu glauben, fällt uns sehr, sehr schwer... Schließlich blieb für ihn nur noch Canossa. Jedenfalls ist er auf dem Weg dahin. In Le Monde wird am 21. Februar ein Brief von ihm veröffentlicht. Darin schwört er ab. Wir erfahren, daß er den Journalisten Maxim Leo verklagt hat. Wegen Verleumdung. Wir wissen, was bei so etwas normalerweise herauskommt. Vor allem erfahren wir aus diesem Brief, daß er nie geleugnet habe und so weiter und so fort: der ganze Schmus, und daß er seine Tat von 1980, mit der er die Meinungsfreiheit verteidigen wollte, heute bereut. Das ist die Strategie aus der Mitte der Furt: Ritterspom glaubt, daß, indem er sich seiner Waffen und seiner Munition (also seiner intellektuellen Redlichkeit) inmitten des Flusses entledigt, er von den Jägern, die ihn vom Ufer aus abzuknallen versuchen, verschont bleiben wird. Doch das ist entweder zu viel oder zu wenig. Rittersporn glaubt vielleicht noch, mit einigen Tricks den Hysterikern zu entkommen und vor ihnen Ruhe zu finden. Es tut uns leid, das sagen zu müssen, aber das wird nicht funktionieren.

Und wir werden weiter die Meinungsfreiheit einfordem: für Ritterspom wie für jeden anderen auch. Um dies zu tun, praktizieren wir sie.

3.

Rekonstruktion eines Briefwechsel: Rittersporn, Faurisson und Le Monde

Hier nun sinngemäß ein Brief vom 18. Juli 1989. Er enthält nicht den Namen des Adressaten, doch kann es sich bei dem Brief, in dem auf „Ihre Aufforderung vom 14. Juli“ bezug genommen wird, nur um die Antwort auf das Rundschreiben Professor Faurissons an zahlreiche Persönlichkeiten handeln, in dem diese zu ihrer Ansicht über das lex faurissonia, das ein Jahr später als Fabius-Gayssot-Gesetz vom 13. Juli 1990 Wirklichkeit wurde, befragt wurden. Zunächst der Wortlaut des Rundschreibens Professor Faurissons:

Monsieur, Madame,

die Herren Laurent Fabius und Jacques Chirac haben sich für legislative Maßnahmen ausgesprochen, die die Verfolgung und Verurteilung von Autoren revisionistischer Schriften erlauben. (Le Monde vom 26./27. März 1989, S. 18)

Eine von den sozialistischen Abgeordneten eingereichte Gesetzesvorlage zur „Bekämpfung der revisionistischen Thesen“ sieht für die Autoren dieser Thesen eine Gefängnishaft von einem Monat bis zu einem Jahr Geldstrafen von 2000 bis 30.0000 Franken oder eine der beiden Strafen allein und die Bestreitung der anfallenden Kosten der zwangsweisen Veröffentlichung im Amtsanzeiger vor (Journal Officiel, Hrsg.: die Nationalversammlung Nr 1247, 2. April 1988)

Somit könnte Frankreich in einem Augenblick gegen die freie Forschung Gesetze erlassen, wo in den Vereinigten Staaten eine Diskussion um das Buch des jüdischen Historikers von der Princeton-Universität Arno J. Mayer in Gang kommt. (Why Did the Heavens Darken? The „Final Solution“ in History, New York, Patheon Books, 1988, S. 362)

(Das Manuskriot dieses 500 Seiten starken Buches, das die These vom „Judeozid“ vertritt, ist von den dreiHistorikern jüdischer Abstammung Raul Hilberg (USA), Hans Mommsen (BRD) und Pierre Vidal-Naquet (Frankreich) gelesen worden; letzterem ist daran gelegen, „die größte je von einem Historiker unternommene Leistung, das Undenkbare auf kritische Weise zu denken“  zu würdigen.)

Da ich, wie viele andere auch, von diesem Versuch der Unterdrückung betroffen bin, erlaube ich mir Ihnen folgende Fragen zu stellen:

1. Billigen Sie diese Maßnahmen?

2. Wie würden Sie, im Falle, Sie mißbilligen diese Maßnahmen (die z.B. einen Lehrer der nicht an die „Gaskammern“ , glaubt, ins Gefängnis bringen würden), Ihrer Mißbilligung Ausdruck verleihen?

3. Würden Sie mir gestatten, in einer Studie, die ich zu diesem Thema zu schreiben gedenke, auf Sie und Ihre Antwort Bezug zu nehmen?

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, die ich Sie ebenfalls den beigefügten Unterlagen zu schenken bitte, und ich danke Ihnen für die Beantwortung meiner Fragen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Anlage:

          - Gesetzesvorlage L. Fabius/G. Sarre

          - „Der französ ische Revisionismus nach dem Leuchter-Report“

          - „ Wer nicht an die Gaskammern glaubt: ab ins Gefängnis!“

Was Rittersporn geantwortet hat, wissen wir nicht. Dem Gang der Ereignisse entsprechend wäre das folgende denkbar:

 Cher ami, ich weiß wirklich nicht, was ich mit Ihrer Aufforderung vom 14. Juli anfangen soll – im Grunde ist die Versuchung groß, gar nichts darauf zu antworten. Doch da Sie darauf bestehen, hier nun meine Antwort: Ich denke, daß die derzeitige Gesetzeslage in puncto Volksverhetzung und Rassenhaß ausreicht, um gegen diese Art Delikte vorzugehen. Ich sehe also keinerlei Notwendigkeit, die bestehenden Gesetze um Klauseln zu erweitern, die die Khmer, die Koreaner, die Armenier, die Russen, die Polen oder alle anderen mit allem Unglück, dem sie in der Geschichte begegnet sein können, betreffen.

Damit will ich nicht gesagt haben, daß ich der Meinung bin, die Forschungsfreiheit könnte durch dieses Gesetz oder die vorgeschlagene Klausel eingeschränkt werden. Es gibt einen gewissen Unterschied zwischen dem, worauf diese Klausel abzielt und der Forschung über ganz bestimmte Probleme. Wenn ich sie recht verstehe, ist sie gegen die Leugnung der Tatsache gerichtet, daß einer ethnisch-religiösen Gruppe etwas sehr wohl Tragisches zugestoßen ist, eines Etwas, dessen Natur und Charakter in dem inkriminierten Text nicht präzisiert werden, so daß nichts darauf hindeutet, daß bestimmte Forschungen verboten werden könnten.

Und wenn ich den Sinn Ihrer Arbeiten von vor elf Jahren gut verstanden habe, schienen Sie damals durchaus der Meinung zu sein, daß der Grund dieses sehr realen Leidens in den diskriminierenden Gesetze der Nazis oder in der Deportation lag, wie auch immer diese dann konkret umgesetzt wurden und welche Vorstellungen von diesem Geschehen auch immer die Medien davon unterhalten. Ich kann also nicht sehen, inwiefern dieser Gesetzesvorschlag, der noch lange keine vorschriftsmäßige Gesetzesvorlage ist, Sie daran hindern könnte, Ihre ursprüngliche Forschungen, von denen ich seit sehr langer Zeit kaum mehr etwas gesehen habe, wieder aufzunehmen.

Ein letztes: Ich fühle mich in Ihren Texten, in denen ich als eine Art Vorzeige-Jude diene, wirklich wie der Räucherspeck auf einem Bar-Mizwa-Schmaus. Ich bin nicht gläubig, ich gehöre in keiner Weise dem an, was man die jüdische Gemeinde nennt, so wie ich im allgemeinen keiner Gemeinde angehöre. Wenn ich mich zurückgehalten habe, mich in den letzten Jahren für Sie einzusetzen, dann genau aus dem Grunde, weil ich keine Lust dazu hatte, diese Rolle auf Flugblättern zu spielen, die mit den Forschungen, die zu verteidigen ich für notwendig erachtete und die Sie nicht mehr anzustellen scheinen, nichts zu tun haben. Um jedes Mißverständnis zu vermeiden, bitte ich keinen Bezug auf meine arme Person und meinen bescheidenen Einsatz zu nehmen.

Mit herzlichen Grüßen

Man dürfte nicht gerade sagen, daß dieser Brief durch Geistesstärke brilliert, verhindert doch das mittlerweile eingeführte Gesetz sehr wohl jede seriöse Forschungsarbeit.

Hier nun ein Originalbrief Rittersporns, der am 21. Februar 1998 in Le Monde auf Seite 4 unter der Rubrik Correspondance erschien:

Ein Brief Gábor Rittersporns

Nach der Veröffentlichung unseres Artikel „Ein revisionistischer Maulwurf in Berlin“ (Le Monde vom 13. Februar) haben wir folgende Richtigstellung von Gábor Tamás Rittersporn erhalten:

1. Ich habe nie die Existenz der Gaskammern geleugnet und leugne sie auch heute nicht, so wie ich im allgemeinen die industrielle Ausrottung der europäischen Juden durch die Nazis nicht leugne. Ich verurteile die „negationistischen“ und „revisionistischen“ Thesen.

2. Mit einer vorläufigen Entscheidung hat das Landgericht Berlin, das ich angerufen habe, Ihrem deutschen Kollegen, dem Autor dieses verleumderischen Artikels und der Berliner Zeitung mit sofortiger Wirkung verboten, diese Aussagen zu wiederholen. Ich habe Anzeige wegen Verleumdung erstattet, damit sich die deutsche Justiz der Sache annimmt.

3. Wenn ich mich 1980 tatsächlich an juristischen Schritten als auch an der Herausgeberschaft eines Buches, das seither als Grundlage der Verteidigung des

„Negationismus“ dient, beteiligt habe, dann weil ich die Freiheit einer jeden Meinung, welcher auch immer und sei sie noch so absurd wie die Robert Faurissons, verteidigen wollte. Ich habe schnell meinen Irrtum eingesehen und bedauere, daß diese Stellungnahme dazu beigetragen hat, die „negationistischen“ Ideen aufzuwerten.

Ich habe also selbstverständlich nie die Äußerungen von mir gegeben, die der Berliner Journalist mir unterstellt, und ich verlasse mich auf die deutsche Justiz. Das alles ist im übrigen nur Wasser auf den Mühlen der „Negationisten“, deren Thesen propagiert werden und die sich bestätigt fühlen, wenn sich Historiker in ihre Absurditäten verwickeln lassen.“

Letzteres Schreiben bedarf des Kommentars, denn wenn sich Rittersporn verleumdet vorkäme, was sollen dann erst die Revisionisten sagen?!

Zu Punkt 1: Hier spricht Rittersporn das Sesam-Öffne-dich aus, die magische Formel, von der er glaubt, sie öffne ihm die Tore der Freiheit. Man muß seinen Teil zum Haushalt beitragen, Frauen und Kinder kosten Geld, und man muß arbeiten dafür. Das ist klar. Doch die Formel „Ich habe nie geleugnet und ich leugne nicht“ klingt wie der Schwur eines Säufers. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sie den Tempelwächtern ganz und gar nicht ausreicht. Was diese hören wollen, ist: „Ich habe geleugnet, und ich schwöre ab.“ Es muß eine Bekehrung sein, ein Wechsel des Glaubens und nicht etwa die Bestätigung einer zweifelhaften Kontinuität.

Zu Punkt 2: Rittersporn hat also die Berliner Zeitung angezeigt, die nun, um sich zu rechtfertigen, ihre Quellen vorlegen muß: das Dossier, das von den sauberen Säuberern aus Lyon erstellt wurde. Diese werden sich nicht damit zufrieden geben, Rittersporn auf den Knien rutschen zu sehen: Sie wollen, daß Rittersporn auf dem Bauch kriecht und ihnen die Stiefel leckt. Der deutschen politischen Justiz Vertrauen zu schenken, das ist, wie Montaigne unter anderen Umständen sagte, „in eine Schüssel scheißen und es sich über den Kopf schütten“. Der Fanatismus der deutschen Richter kennt keine Grenzen.

Zu Punkt 3: Rittersporn bedauert, sich in der Verteidigung der Meinungsfreiheit engagiert zu haben – jetzt, wo seine eigene Meinungsfreiheit in Gefahr ist und er Verteidigung braucht. Er versteht also endlich, was schon längst bekannt war: Die Meinungsfreiheit ist gut für Leute an der Macht und unnütz und ein Unglück in den Händen von deren Gegnern. Die Worte, die ihm Maxim Leo, auch er Jude aus einem östlichen Land, unterschiebt, könnten von ihm in einem anderen Leben gesagt worden sein: Die moralische Verurteilung des Nazi-Regimes hängt nicht von der Frage der Existenz der Gaskammern ab...; die Existenz der Gaskammern ist nicht bewiesen... Wer kann sagen, ob das von den Verfolgern präparierte Dossier nicht auch solche, früher gemachte Äußerungen enthält?

Man hätte von einem Widerruf in aller Form erwarten können, daß darin eine Erklärung gegeben, ein Grund für vergangenes Handeln genannt wird, wie z.B. das, was er dem Tagesspiegel gesagt hat: „Vor zwei, drei Jahren ist in einem Buch der Beweis erbracht worden.“ Warum nennt er diesen Grund für seinen Wandel nicht im Brief an Le Monde? Etwa weil er damit in Frankreich für allgemeine Heiterkeit sorgen würde?

Die französischen Revisionisten haben also achtzehn Jahre lang von einem bekannten und geschätzten Historikerkollegen an ihrer Seite profitiert. Und jetzt sollen sogar herausragende Mitglieder der gelehrten Körperschaft zur Unterstützung Rittersporns herbeigeeilt sein. Diese Präsenz war rein passiv, kaum mehr als ein Phantom. Revisionisten sind ausgesprochen konkrete Leute, sie sehen lieber konkrete Formen von Unterstützung, Aktion, Arbeit, Untersuchungen. Auf Präsenz in anderen Sphären können sie sehr gut verzichten. Sie sehen vor allem in dieser Affäre die Anwendung des Abschwörungs-Modells.

Ein heilloses Durcheinander ist bei den Verteidigern eines extremistischen und rassistischen Israels zu verspüren, die allen Gewalttaten, Foltern, vergossenem Blut und Massakern zum Trotz ihre Herrschaft wanken sehen. Die Spaltung hat unter ihnen Platz gegriffen, auch hier mit Blutvergießen. Die Eliminierung revisionistischer Juden, bzw. von Personen, die imaginärerweise für solche gehalten werden, und deren Nötigung zur Abschwörung wird gebraucht, um die unitarische Dynamik wieder anzukurbeln. Nach David Cole und Gábor Rittersporn: Wer wird der nächste sein?

Was bei all dem am meisten auffällt, ist die totale Abwesenheit von irgendeiner rationalen Argumentation. Wie es der alte Professor Jeschuha Leibowicz schon festgestellt hat, tendiert die israelische Gesellschaft zum Faschismus. Und sie bildet Metastasen in der Diaspora. Rittersporn hat nicht begriffen, daß sich beugen für die Verfolger nur heißt, die Raserei zu verdoppeln, und er wird weiter den Preis dafür zahlen.

4.

Am 3. März 1998 erscheint in Libération folgende Petition:

Gábor Rittersporn, Forscher am CNRS, zu unrecht als Negationist beschuldigt, ist Opfer einer Jagd, die an die Moskauer Prozesse erinnert

Schluß mit der Hexenjagd!

Vor einigen Wochen ist eine neue „Affäre ausgebrochen. Alle nicht fehlen dürfende Zutaten eines echten Skandals waren versammelt: der Negationismus als Thema, Deutschland als Ort, das Marc-Bloch-Zentrum (eine Forschungseinrichtung unter der Vormundschaft sowohl des CNRS als auch des Außenministeriums) als Rahmen und ein Investigations-Reporter als Enthüller. Der Gejagte: Gábor Rittersporn, Forscher am CNRS, Spezialgebiet Geschichte der UdSSR.

  Sieht man genauer hin, hat sich die Sache in Wirklichkeit etwas anders zugetragen. Es hat sich in zeitlicher Abfolge folgendes ereignet:

a) Gábor Rittersporn wurde 1997 ans Marc-Bloch-Zentrum in Berlin berufen.

b) Der Direktor des Marc-Bloch-Zentrums erhält im Herbst Post vom Marc-Bloch-Kreis in Lyon, in der Rittersporn als Negation ist denunziert wird. Offenbar weil die Leitung des Marc-Bloch-Zentrums nicht die erwünschte Reaktion zeigt, nimmt der Marc-Bloch-Kreis von Lyon mit einem Journalisten der Berliner Zeitung Kontakt auf.

c) Dieser Journalist fragt bei Rittersporn um ein Interview an; dieser willigt auf Bitten des Direktors des Marc-Bloch-Zentrums ein.

d) Die Berliner Zeitung veröffentlicht ein Interview, in dem der Forscher mit negationistischen Äußerungen zitiert wird. Zwei große französische Zeitungen greifen diese Anschuldigungen ohne weitere Überprüftingen auf.

e) Trotz eines sofort veröffentlichten Dementis des Wissenschaftlers fordert die französische Botschaft seine unverzügliche Rückkehr nach Paris. Was auch, und zwar ohne weitere ordentliche Untersuchungen und ohne abzuwarten, ob sich die Anschuldigungen bestätigen oder nicht, geschieht.

f) Die deutsche Justiz verbietet mit einer vorläufigen Entscheidung dem Journalisten und der Berliner Zeitung, die betreffenden Behauptungen zu wiederholen. Kurz darauf ordnet sie die Veröffentlichung einer Gegendarstellung an, die bis dahin vergeblich eingefordert worden war

Es reichen folgende drei Punkte aus, um zu beweisen, mit welcher Leichtfertigkeit die Anschuldigungen vorgetragen und wie voreilig die Maßnahmen getroffen wurden:

1. Gábor Rittersporn bestreitet energisch die Behauptungen des Journalisten. Seine öffentliche Richtigstellung läßt keine Mißdeutung zu, wie nachstehender Auszug beweist: „Ich habe nie geleugnet und leugne ganz und gar nicht die Existenz der Gaskammern und ganz im allgemeinen die industrielle Unternehmung der Ausrottung der europäischen Juden durch die Nazis. Ich verurteile die ,negationistischen‘ und ,revisionistischen' Thesen.“

2. 1980 hat Gábor Rittersporn den großen Fehler begangen anzunehmen, die Thesen Faurissons seien Gegenstand von Diskussion unter Historikern und sich irrigerweise in die Herausgeberschaft eines Buches hineinziehen lassen, das den Revisionisten als Referenz dient. Ohne jede Zweideutigkeit erklärt er in der den Zeitungen zugeleiteten Richtigstellung, daß dies ein schwerer Fehler gewesen ist: „Ich habe schnell den von mir begangenen Fehler bemerkt und eingesehen und bedauere, daß diese damalige Stellungnahme dazu beigetragen hat, die negationistischen Ideen zu aufzuwerten.“

3. Seit 1980 hat er niemals wieder etwas – was auch immer – geschrieben oder erklärt, was mit dem Negationismus in Zusammenhang steht, er hat sich seither für keine entsprechende Unternehmung mehr verbürgt. Dies konnte er dem CNRS glaubhaft versichern, so daß es Gábor Rittersporn auch an das Berliner Institut berufen hat.

Diese Affäre ist Angelegenheit aller Wissenschaftler. Sie ist gänzlich Produkt von Erfundenem und Halbwahrem und stellt eine veritable Hexenjagd dar. Anstatt dem Negationismus mit der erforderlichen Wachsamkeit zu begegnen, wird eine Jagd organisiert, wird eine Person ins Visier genommen, die einmal in ihrem Leben mit diesem Netzwerk in Berührung gekommen ist, ohne jedoch jemals auf irgendeine Art und Weise dessen Thesen unterstützt oder geteilt zu haben; andere werden sogar schon verdächtigt, nur irgend jemanden zu kennen, der einmal in diesem Kreis verkehrt hat. Vor diesem Jagdfieber, das die Forderung nach Erkenntnis in eine Pseudopflicht zur Erinnerung und politische Aktivität in Hexenprozesse verwandelt, ist eindringlich zu warnen. Diese Vorgehensweise erinnert an die stalinistischen Prozesse, über die der international anerkannte Historiker Gábor Rittersporn im übrigen wissenschaftlich gearbeitet hat.

Wir fordern in aller Form die Verantwortlichen des CNRS auf, die Verteidigung des angegriffenen Wissenschaftlers samt seiner moralischen und materiellen Interessen zu übernehmen. Das CNRS muß, solange die Justiz keine Entscheidung getroffen hat, offiziell erklären, daß es den Behauptungen, die nur auf den Aussagen eines Journalisten basieren, welche von den Erklärungen des Opfers in aller Form dementiert wurden, nicht folgt.

Alain Blum (EHESS und INED), Alexis Berelowitch (Universität Paris IV), Wladimir Berelowitch (EHESS), Kristian Feigelson (Universität Paris III), Marc Ferro (EHESS), Sheila Fitzpatrick (Universität Chicago), Véronique Garros (EHESS), Sylvie-Anne Goldberg (EHESS), J. Arch Getty (Universität Kalifornien, Riverside), Joachim Hösler (Philipps- Universität Marburg), Claudio Ingerflom (CNRS), Hubertus F. Jahn (Universität Erlangen), Tamara Kondratieva (INAL CO), Hiroaki Kuromiya (Universität Indiana), Roland Lew (Freie Universität Brüsssel), Moshe Lewin (Universität Pennsylvanien), Muriel Loosfelt (CNRS), Susan K. Morissey (Universität Erlangen), Denis Peschanski (CNRS), Stefan Plaggenborg (Friedrich-Schiller-Universität Jena), Jacques Sapir (EHESS), Karl Schlögel (Universität Frankfurt/Oder), Klaus Segbers (Freie Universität Berlin), Lewis Siegelbaum (Staatsuniversität Michigan), Pierre-André Taguieff (CNRS), Macha Tournié (CNRS), Jean-Pierre Vernant (Collège de France), Nicolas Werth (CNRS), Annette Wieviorka (CNRS)

Es ist interessant zu erfahren, daß Rittersporn auf Bitten des Direktors des Marc-Bloch-Zentrums mit dem journaliste provocateur gesprochen hat – auf Bitten desselben Direktors, der ihm, kaum daß der Artikel Maxim Leos erscheint, rausschmeißen wird. Rittersporn hat sich wie ein Anfänger foppen lassen. Zweimal hat er den gleichen unverzeihlichen Fehler begangen: Er hat seinem Direktor, und er hat einem Journalisten Vertrauen geschenkt.

Abgesehen davon, daß der Verfasser einer solchen Petition naturgemäß dazu neigt, die Tatsachen etwas zu „glätten“, stellen wir fest, daß die Unterzeichnenden (bis auf die finstere Wieviorka, die ihre Inkompetenz über das Dritte Reich ergießt) alle mehr oder weniger „Sowjetologen“, also ausgewiesene Kenner des Stalinismus sind.

Ausdrücklich bedient sich die Bittschrift einer Wortwahl, der wir nur zustimmen können („Jagd“, „Pseudopflichten“, „Hexenprozeß“ usw.), spricht davon, daß „die Vorgehensweise an die stalinistischen Prozesse erinnert“. Doch anstatt die stalinistische Vorgehensweise beim Namen zu und aktiv zu bekämpfen, verwenden die Unterzeichner der Petition selbst ein stalinistisches Vokabular und sprechen von einem fabulösen „Netzwerk“ von „Negationisten“, von „erforderlicher Wachsamkeit“ usw., was uns sofort an Bucharin denken läßt, der bei den Moskauer Prozessen die trotzkistischen „Netzwerke“ entlarvte. „Netzwerk“: Das klingt nach Verschwörung, der gegenüber man „wachsam“ sein müsse. Und wenn die Unterzeichner dies verurteilen, dann dürften sie einen, der nicht genügend „wachsam“ war, nicht in Schutz nehmen.

Und, im übrigen, auch das sei festgestellt – und wir beschränken uns hier auf die in der Liste genannten Franzosen –: Haben sie es nicht alle an der heiligen Wachsamkeit fehlen lassen? Sie haben doch – die einen mehr, die anderen weniger- alle mit Revisionisten verkehrt und mit ihnen gesprochen, ihre Schriften diskutiert und, wie Marc Ferro, als er die Annales leitete, sogar vorgeschlagen, Zusammentreffen mit den Revisionisten zu organisieren, um den Dingen auf den Grund gehen zu können, das Schisma zu beenden und die Verfemungen außer Kraft zu setzen. Diesen so himmelstürmenden wie unrealistischen Vorschlägen gegenüber waren wir skeptisch und sind hierin in der Folge bestätigt worden. Aber all jenen, die am Maison de Science de l‘homme, dem ehrenwerten Institut der Wissenschaft vom Menschen, oder einer entsprechenden gelehrten Einrichtung, seinerzeit eine auch noch so geringe Rolle gespielt haben, steht es heute nicht gut an, die Saubermänner zu spielen. Das wäre ein Wettbewerb, bei dem nur die Hexenjäger gewännen.

Wenn die Unterzeichner nur ein bißchen Mut hätten, würden sie sagen: Ja, wir haben mit den Revisionisten gesprochen; sie haben uns nicht überzeugt, und wir sind daran nicht gestorben.

Doch es gibt noch etwas schlimmeres: Anstatt sich entschieden hinter Rittersporn zu stellen und die Rechte zu verteidigen, die nicht nur mehr allein für seine Person, sondern für jeden von ihnen bedroht sind, sagen die Unterzeichner, man müsse die Entscheidung eines Gerichtes abwarten. Sie, die die stalinistischen Methoden in der damaligen Zeit verurteilen, wollen nun, daß stalinistische Tribunale ihre Angelegenheiten verhandeln. Wenn wir „stalinistische Tribunale“ sagen, dann ist dies noch untertrieben: Die Gesetze der Sowjetunion – das werden wir nicht erst diesen Spezialisten beibringen müssen – waren in puncto Meinungsfreiheit für Historiker liberaler als die des heutigen Frankreichs und weiterer westlicher Musterländer. Es gab dort kein Gayssot-Gesetz und keine gesetzlich geschützten Zahlen und Mordinstrumente – gesamteuropäische Geßlerhüte, deren groteske Grußpflicht sich nur ein George Orwell hätte ausdenken können. Die Unterzeichner dieser Eingabe sind nichts als ein Bande von Angsthasen und Drückebergern! Ihre Petition ist das mindeste, was sie als Freunde Rittersporns, als die sie bekannt sind, einfach unternehmen mußten. Doch im Grunde verteidigen sie nur ihr Image und ihren Marktwert als Kandidaten für akademische Kolloquien und Veröffentlichungen. Man darf nicht annehmen, daß es ihnen in den Sinn käme, irgendein Prinzip zu verteidigen. Und sie verdienen genau das, was ihnen bald geschehen wird: Die Großen Reiniger werden sich auch an ihre Vergangenheit machen und tausend und aber tausend kleine unverzeihliche Sünden finden. Mit dieser Intellektuellenübung aus Entenhausen wird die Stickluft der Verfolgung, die seit zwei, drei Jahren die Klasse der Intellektuellen heimsucht, mitnichten vertrieben. Die einzigen, die angesichts dieser Säuberungspest gelassen ihren Tee trinken können, sind die Revisionisten, die, da den sozialen Tod bereits gestorben, in Ruhe weiterarbeiten und dem ganze Volk, das den grotesken Mikrokosmos der Pariser Intelligenzia umgibt, schließlich die Augen öffnen werden.

5. ps.:

Inzwischen formiert sich ernsthafter Widerstand. Den Anfang macht ein in Frankfurt/Oder arbeitender Kollege des Opfers, der im Tempel der deutschen Respektabilität, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, einen Artikel schreibt. Er zeigt sich schmerzlich davon überrascht, wie schnell jemand zur Zielscheibe von konzertierten Angriffen werden kann. Man fragt sich, ob er sich nicht an den Terror erinnert, der im akademischen Bereich herrschte, als die Behörden jeden dazu zwangen, sich von den Terroristen der RAF zu distanzieren.

Am 1. April 1998 berichtet Le Monde, daß Rittersporn vor Gericht gewonnen habe. Er wird vom Vorwurf das Revisionismus gereinigt, der seine Ehre befleckt hat. Man stelle sich vor: Jetzt heißt es, Rittersporn könne gar kein Revision ist sein, weil ein Teil seiner Familie in den Nazi-KZs umgekommen ist. Was hätte er gesagt, wenn er kein Jude gewesen wäre? Haben wir es hier nicht mit Rassismus in seiner höchsten Ausformung zu tun?: Ich kann das nicht denken, weil ich als jener geboren wurde? Von Blut und Boden zu Blut und Geist?

Übersetzung: Peter Töpfer