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 letzte Aktualisierung: 30. Mai 2007

Nationalanarchismus

AUTO:  -CHTHON & -NOM                         zurück zum Leitartikel AUTO 22
Nr. 22, Feruar 2006

 

Die palästinensische Behandlung

„Ich habe die volle Strafe abgesessen. Sie haben kein Recht, mich in Israel festzuhalten“, sagte Mordechai Vanunu in einem Interview mit Delinda C. Hanley, Herausgeberin der Washington Report On Middle East Affaires1. „Können Sie sich vorstellen, wie es sich nach all den Jahren der Haft anfühlt, nicht weggehen zu können?“

„Sie lassen mir die ‚palästinensische Behandlung’ angedeihen, und ich glaube, der Hauptgrund dafür ist, weil ich Christ geworden bin. Ich will frei sein. Wenn ich unter israelischer Herrschaft bleiben muß, bin ich nicht frei.“

Seit seiner Haftentlassung am 21. April 2004 hat Mordechai Vanunu im Gästehaus der anglikanischen Kirche zum Heiligen Georg in Ost-Jerusalem Asyl gefunden.

„Sie behandeln Revisionisten wie Palästinenser“ – Robert Faurisson

Mordechai Vanunu im Garten der Skt. Georg Kirche

Mordechai Vanunu im Garten der Skt. Georg Kirche zwei Tage nach seiner Haftentlassung am 21. April 2004

Anfangs, so sagt er dem Washington Report, wunderte er sich, warum dort die Glocken nicht geläutet werden. Eines Tages stieg er in den Glockenturm und fing selbst damit an.

„Das Gericht, in dem ich verurteilt worden bin, ist genau gegenüber in der Straße. Jetzt läute ich Tag für Tag die Glocken, um zu zeigen, daß ich frei bin. Jeden Tag werde ich mit einer Stimme der Gewaltlosigkeit sprechen und die Glocken läuten.“

Delinda C. Hanley vom Washington Report On Middle East Affaires fiel bei diesen Worten ein, daß Mordechai genau die Worte eines Liedes von Peter, Paul and Mary lebt:

    If I had a bell,
    I’d ring it in the morning,
    I’d ring it in the evening,
    All over this land.

    I’d ring out danger, I’d ring out a warning.
    I’d ring out love
    between my brothers and my sisters,
    All over this land.

    It’s the hammer of Justice,
    It’s the bell of Freedom,
    It’s the song about love between my brothers and my sisters,
    All over this land.

Mordechai Vanunu läutet die Glocken, aber keiner hört.

Mordechai Vanunu Ring them bells, ye heathen...

Ring them bells, ye heathen
From the city that dreams,
Ring them bells from the sanctuaries
Cross the valleys and streams...

Bob Dylan (Video)

„Nur sehr wenige stehen mir bei und protestieren, wenn Israel meine Menschenrechte verletzt“, sagt Mordechai. „Wo bleibt der Aufschrei in der Öffentlichkeit wie damals, als Juden in der Sowjetunion im Gefängnis saßen und herausgeholt wurden? Damals kam Natan Scharanski frei, der von 1977 bis 1986 im GULag gesessen hatte.“

Mordechai weiß, warum sich niemand um ihn kümmert: „Der Maßstab ist ein anderer, wenn es um Israel geht.“

Vanunu warnt die Amerikaner: „Es ist nicht gut für die Amerikaner, alles zu machen, was Israel will; es beschädigt ihr Ansehen in der Welt. Die Amerikaner messen mit zweierlei Maß: Sie bedrohen den Iran, der keine Nuklearwaffen besitzt, sprechen aber nie von Israels Massenvernichtungswaffen. Der Iran hat den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben, Israel nie. Israel kann Millionen von Menschen töten und die Welt zerstören. Weil ich die Welt davor gewarnt habe, wurde ich für 18 Jahre ins Gefängnis gesteckt, als ob ich ein Mörder wäre. Ich habe niemanden umgebracht. Ich habe mich an die Gesetze gehalten. Ich war kein Spion. Ich bin zu einer Zeitung [Sunday Times, London] gegangen, nicht zu einer ausländischen Regierung.“

Ob er keine Angst habe, wird Mordechai von Delinda C. Hanley gefragt, ihr ein Interview zu geben, wo ihm das doch verboten worden sei?

„Eines meiner wichtigsten Menschenrechte ist meine Meinungsfreiheit. Ich spreche mit der Presse, um Israel klar zu machen, daß es besser für Israel ist, mich gehen zu lassen. Wenn ich nichts sagen würde, würden sie mich hier behalten. Ich verlange mein Recht, gehört zu werden. Ich habe keine neuen Geheimnisse. Ich kann nur wiederholen, was ich schon gesagt habe, und das sind alte Sachen von vor 19 Jahren. Hat die israelische Rüstungsindustrie seither etwa keine technischen Fortschritte gemacht?“

Über die 18 Jahre in Einzelhaft sagt Mordechai: „In den ersten fünf Jahren meiner Haft dachte ich, ich sterbe. Ich las viel über die Geschichte der USA und über die Verbreitung der nuklearen Waffentechnik. Ich las viel über gesunde Ernährung, habe mit Rauchen aufgehört und achtete sehr auf meine Nahrung. Ich wollte mich körperlich und seelisch fit halten, damit ich überlebe und eines Tages über alles berichten kann.“

Muß man bei diesen Worten nicht an den Häftling Ernst Zündel denken?

„Meine Art, während der Haft Israel zu bekämpfen, war die Religion. Ich bin Christ; Jesus Christus liebt uns“, sagt Mordechai, der den Taufnamen John Crossman angenommen hat.

„Ich habe unzählige Briefe geschrieben und mir sehr viele Notizen gemacht, aber zwei Monate vor meiner Haftentlassung ist mir alles weggenommen worden. Als ich im Juni 2005 verlangte, daß man mir alles Schriftliche aushändige, lehnte das Gericht dies mit der Begründung ab, man könne sich keine Zensoren leisten, um das alles zu lesen.“

Jetzt, sagt er, genieße er die Bäume, die Farben, die Gerüche und Geräusche. „Im Gästehaus der Skt.-Georg-Kirche treffe ich jeden Tag Ausländer, und so kommt es mir vor, als würde ich um die ganze Welt reisen. Die Christen und Palästinenser, die ich treffe, erkennen mich und betrachten mich als einen Helden. Ich bekomme auch haßerfüllte Briefe,  beantworte sie aber nicht; höchstens schreibe ich zurück: ‚Jesus liebt Dich, er ist für Dich gestorben’.

Alles was ich will, ist wie ein Mensch mit Menschenrechten behandelt zu werden. Ich will keine Rache. Ich will nur mein Leben leben und der Welt nützlich sein. Wenn ich Israel verlassen kann, werde ich ein Buch schreiben. Aber sie behandeln mich seit meiner Entlassung auf grausame Art und schikanieren mich ständig. Sie wollen mich nicht gehen lassen. Wenn sie könnten, würden sie mich wieder ins Gefängnis stecken.

Mordechai Vanunu letztes Zeichen beim Kidnapping 1986

letztes Zeichen beim Kidnapping 1986

Der Welt draußen interessiert sich nach wie vor nicht für meine Lage und tut nichts dafür, daß ich frei komme, so wie es die ganzen 18 Jahre meiner Haft gewesen war. Niemand interveniert dafür, daß ich gehen kann. Die Welt schaut zu, wie mich Israel völlig willkürlich behandelt.“

Im Januar 2006 begann der zweite Prozeß gegen Mordechai Vanunu, weil er sich nicht mit den Menschenrechtsverletzungen gegen seine Person abfinden wollte. In der Tat sind ihm nach der 18jährigen Haft folgende skandalöse Auflagen gemacht worden: Er darf ausländischen Journalisten keine Interviews geben, er darf mit Ausländern generell keine Informationen austauschen, und er darf nicht aus Israel ausreisen.

So wie Horst Mahler nicht aus Deutschland ausreisen darf.

Mordechai Vanunu hat sich bewußt nicht an diese Auflagen gehalten. Das wird ihm jetzt zum Vorwurf gemacht: Er habe im Internet gechattet und wollte Heiligabend nach Bethlehem fahren.

Mordechai hat große Angst, wieder ins Gefängnis zu müssen.

Mordechai Vanunu

Vor der ersten Verhandlung am 15. Januar 2006 bittet Mordechai seine Freunde und Unterstürzer in der ganzen Welt in einem Brief, ihm beizustehen. Dieser Prozeß werde, so schreibt er, im Hinblick auf die Situation der Menschenrechte von großer Bedeutung sein. Er bittet insbesondere um die Übersendung von Informationen aus allen Ländern und Zeiten zum Thema Meinungsfreiheit und hofft, Präzedenzfälle zu finden, mit denen die israelischen Richter gezwungen werden sollen, die Standards auch für ihn und im ganzen zionistischen Gebilde gelten zu lassen. Wer weiß etwas über das alte Griechenland? Was ist über das antike Rom bezüglich dieser Fragen bekannt? Was haben die alten Philosophen dazu zu sagen? Auch alle Fälle von Menschenrechtsverletzungen in der Neuzeit seien in dieser Sache interessant und wichtig. Er bittet in seinem Brief, ihn über Verteidigungsstrategien und juristische Argumentationen zu unterrichten. Auch Gedichte seien sehr willkommen. Die Informationen werden vom Verteidiger bei Gericht verwendet. Mordechai wolle gemeinsam mit seinem Verteidiger, dem international bekannten Menschenrechtsaktivisten Avigdor Feldman, aufzeigen, daß die gegen ihn verhängten Auflagen undemokratisch und nicht rechtsstaatlich sind und hofft, Erfolg in seinem Kampf gegen die Barbarei zu haben.2

Poems for Mordechai Vanunu

Die erste Verhandlung fand nicht, wie ursprünglich vorgesehen, am 15. Januar 2006 statt. Der Termin wurde auf Betreiben des Geheimdienstes auf den 25. Januar 2006 verlegt, weil an diesem Tag die Wahlen in den palästinensischen Gebieten stattfanden. Das Ergebnis war, daß kein ausländischer Journalist zur Verhandlung kam. Nur drei Journalisten aus Jerusalem saßen im Gerichtssaal. Mordechais Bruder und einige Freunde waren anwesend.

Verteidiger Avigdor Feldman verfolgt eine „technische“ Strategie: Welche Beweise gibt es, daß die Interviews wirklich stattgefunden haben? Waren die Journalisten überhaupt wirklich Ausländer? Waren sie nicht auch im Besitz israelischer Pässe? Darf das Gericht Daten aus dem beschlagnahmten Laptop Vanunus, mit dem er gechattet hatte, benutzen?

Mordechai Vanunu sagte vor Prozeßbeginn: „Das ist nun der ‘Prozeß’, den Israel wollte, den es aber auch verschweigt. Israel verschweigt die Tatsache, daß es hier nicht um die ‚Staatssicherheit’ geht, wie es die letzten 20 Jahre gesagt wurde, sondern um Pressefreiheit! Die Welt soll nichts mehr von mir erfahren. Es geht um keinerlei ‚Atomgeheimnisse’. Seit meinen Enthüllungen 1986 habe ich keine neuen Informationen über die atomare Rüstung in Israel! Noch nie habe ich von Gerichten Gerechtigkeit erfahren, und ich bezweifle, daß es jetzt anders sein wird.“3

Zum nächsten Prozeßtermin am 9. Februar 2006 kamen drei Freunde, sonst niemand. Die internationale Presse, die in dieser Sache offenbar weltweit gleichgeschaltet ist, berichtet nicht. In der Verhandlung ging es erneut um die Frage, ob die Journalisten, denen Mordechai Interviews gegeben hat, überhaupt Ausländer waren.

Verteidiger Avigdor Feldman insistierte auch in der Verhandlung vom 11. Februar 2006 auf diese Fragen. Auch ging es abermals um die Frage, ob Mordechai Israel verlassen hat oder nicht, als er 200 Meter vor einem Grenzübergang in Jerusalem von einem Polizisten festgenommen worden ist. Er war zwar dabei, nach Bethlehem zu fahren, aber er befand sich noch in Jerusalem. Außerdem, so Verteidiger Feldman, bedeute nach israelischem Recht, sich nach Bethlehem zu begeben, nicht, das Land zu verlassen.4

Am 22. Februar soll das Urteil gesprochen werden. Mordechais Anwalt Feldman hofft, daß der Richter eine Strafe von nur sechs Monaten Haft verhängen wird, und nicht, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, drei Jahre.5

Mordechai Vanunu Victory

Mordechai Vanunus Internetpräsenz: http://www.serve.com/vanunu,
E-Mail:
vmjc1954@gmail.com
Seine Postadresse lautet:
Mordechai Vanunu
c/o St. George’s Cathedral
20 Nablus Rd.
PO Box 19122
East Jerusalem
Israel

Quellen:
Washington Report On Middle East Affaires:
http://www.washington-report.org
Interview mit Delinda C. Hanley:
http://www.washington-report.org/archives/Jan_Feb_2006/0601020.html

Prozeßberichterstatter:
Jerry Levin, Hebron, West Bank
Festnetztelefon: 011 972 (0)2 222 8485
Mobil: 011 972 (0)54 667 9510
E-Mail:
jlevin0320@yahoo.com
Jerry Levins neustes Buch „West Bank Diary“ über Verlag Hope Publishing House, Pasadena, CA, USA:
hopepub@csbcglobal.net.
 

Anmerkungen
1
http://www.washington-report.org/archives/Jan_Feb_2006/0601020.html
2
http://www.washington-report.org/archives/Jan_Feb_2006/0601020.html
3
http://www.serve.com/vanunu/20060125trial.html
4
http://www.serve.com/vanunu/20060209trialreport.html
5
http://www.serve.com/vanunu/20060211cpt.html,
 
http://www.serve.com/vanunu/20060214cpt.html
 

 

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