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Nationalanarchismus

 letzte Aktualisierung: 30. Mai 2007

Nationalanarchismus

AUTO:  -CHTHON & -NOM
Nr. 23, März 2006
Rettet Amerika!
– Übersicht –

 

Peter Töpfer

Wie mir ein Amerikaner in Paris das Leben rettete

Da wir im Austausch mit der Welt durch die Mauer etwas beschränkt waren, suchten wir Zonis seinerzeit verstärkt den Kontakt nach dem Osten. Es zog uns nach Polen... Wir waren große Fans polnischer Rockmusik: Niemen, SBB… Und sind es heute noch.

Doch in Polen gab es auch westliche Musik zu kaufen, und eines Tages ging ein Freund von mir in ein Musikaliengeschäft, steuerte geradewegs auf das Regal mit den Songbooks zu, griff sich das erstbeste – es war ein Eric-Clapton-Songbook –, schlug irgendeine Seite auf und las:

„Oh Lord, give me strength
To carry on.“

Schon war es um ihn geschehen. Später sagte er: „Dieser Moment war etwas Magisches. Es hat mir das Leben gerettet.“

Wir alle kennen diese Momente und jene unermeßlich bedeutungsvollen Gegenstände. Dieser Freund wurde dann Eric-Clapton-Fan und Sammler von allen möglichen Platten, wo Eric Clapton irgendeinen Ton beigetragen hat. Das ursprüngliche Ereignis im Musikaliengeschäft geriet in den Hintergrund, aber nie in Vergessenheit.

Ich hatte ein sehr ähnliches Erlebnis.

Mit 18 war ich aus dem Osten fortgemacht, und es hatte mich nach Frankreich verschlagen, wo ich etliche Jahre blieb. Ich hatte dort anfangs nur meine Freundin, und wenn die tagsüber arbeiten war, ging ich entweder in die Sprachenschule oder trieb mich allein in der Stadt herum. Aber eigentlich fuhr ich jeden Tag nur mit dem Bus ins Pariser Stadtzentrum zum „Beaubourg“, zum „Centre Culturel ‚Georges Pompidou’“.

Direkt vor unserer Haustür in der Rue Raymond Losserand im 14. Arrondissement fuhr der 58er Bus los und brachte mich bis zum Rathaus, vorbei an einem Ableger des Goethe-Instituts, wo ich eine leichte Anheimelung spürte, und auch an meiner Sprachenschule. Ich saß im Bus und schaute mir die Reklamen an; eine war von einer Firma, ich glaube namens Spitz, die Damenschlüpfer herstellte. Irgendwie ist dieses Bild in meiner Erinnerung mit dem Disco-Hit „Won’t you take me to Funky Town“ verbunden, das ich wohl laut aus einem Auto auf dem Boulevard Montparnasse gehört haben muß.  

Vom Rathaus hatte ich noch fünf Minuten zu Fuß zu gehen. Ich kaufte mir auf dem Weg meistens einen Gyros, und wenn ich dann zum Place Beaubourg kam, dem Vorplatz des Centre Culturel, da standen dort allerhand Künstler. Das waren aber nicht nur Porträtmaler für Touristen, sondern hier sah ich auch zum ersten mal einen Luftgitarristen! Ich war total begeistert! Dieser Typ steigerte sich absolut in irgendein Stück hinein, das nur er hörte, und summte und grunzte dazu nur leise vor sich hin. Um ihn herum standen etliche Leute, die ähnlich fasziniert davon waren wie ich. Ich wußte damals noch nicht, daß es Weltmeisterschaften im Luftgitarre-Spielen gibt – für mich war das sensationell neu und originell! Vielleicht war es ja auch tatsächlich der erste Luftgitarrist der Welt? (Das war 1980, man müßte mal recherchieren, ob es damals schon die Contests gab.) Egal – ich stand jedenfalls völlig gebannt vor ihm und schaute ihm lange zu, wie er sich verrenkte und vergaß… Große Klasse!

J.J. Burnel Jean-Jacques Burnel

Der Bassist der Stranglers, Jean-Jacques Burnel, am Eingang zum Beaubourg auf seiner Soloplatte „Euroman Cometh“ aus dem Jahre 1979 [EuroKult!]

Dann ging ich die gepflasterte schräge Ebene weiter runter zum Eingang des Beaubourg. (Als ich neulich jemandem die alte Heimat zeigen wollte, kostete der Eintritt zum Beaubourg etwas – damals war es kostenlos.) Ich steuerte gleich im Erdgeschoß links die sog. Diskothek an. Das war keine Tanzfläche, sondern hier sah ich mir die musikalischen Neuerscheinungen an und ließ mir von freundlichen Angestellten verschiedene Platten auflegen. Man mußte unter Umständen eine halbe Stunde in der Schlange stehen, aber heute gibt es diese Diskothek gar nicht mehr.

Wenn ich meine Plattenhülle endlich der Frau oder dem Mann hinter dem Tresen übergeben hatte, setzte ich mich in die Reihen der Privilegierten – der Angekommenen und Bedienten –, streifte meinen Kopfhörer über, hörte, wie der Angestellte da hinten gerade den Saphir in die Rille legte und tauchte dann in die Musik ein.

Eines Tages guckte ich mir wieder die neuesten Platten an und entschied mich dann für das neue Album von Bob Dylan: „Saved“ („Gerettet“). Mir war vorher Bob Dylan ein Begriff wie jedem anderen auch, ich hatte im Osten auch einige Platten schon gekannt, etwa „Desire“, „New Morning“ oder „Street-Legal“. Ich fand das alles ziemlich gut, aber es hatte nichts mit dem zu tun, was mich jetzt, als ich in der Schlange stand und dran kommen wollte, erwartete… Es sollte der totale Wahnsinn werden…

Ab jetzt fuhr ich Tag für Tag nicht mehr einfach mit dem Bus ins Beaubourg, sondern ich fuhr ins Beaubourg, um „Saved“ zu hören.

An irgendwelchen anderen Platten hatte ich kein Interesse mehr; ich steuerte die Auswahl an, entnahm schnell das leere Platten-Cover, stellte mich brav an und konnte es gar nicht abwarten, daß ich mich setzen und den Kopfhörer aufsetzen konnte. Selbst dieser billige, leichte Kopfhörer mit gelbem Schaumgummi, der schon ziemlich dreckig war, bekam jetzt eine ganz besondere Aura ab. Diese Musik hatte mich total erwischt!

Es dauerte Wochen oder sogar Monate – jeden Tag hin zum Beaubourg –, ich kann mich nicht genau erinnern. Seither habe ich mich manchmal gefragt, warum ich mir die Platte nicht sofort gekauft und sie zu hause gehört habe. Aber das weiß ich nicht; vielleicht wollte ich diesen Ritus – das Busfahren, den Gyros, die Künstler, das Anstehen, das Warten… Vielleicht wollte ich auch nur unter Menschen kommen… Dieses Hören dort in der Reihe unter anderen Hörern, dieser bestimmte Kopfhörer – all das, die ganze Atmosphäre gehörte irgendwie dazu.

Aber natürlich ging es nur um die Musik! Es hat hier gar keinen Sinn, auf diese einzugehen. Es war reinste Magie, und ich kannte alle Stücke natürlich sofort auswendig, ging nach hause und sang sie dort selbst zur Gitarre alleine weiter. Besonders angetan hatte es mir das Stück „Covenant Woman“. Ich vermute, auch für Dylan muß es der Höhepunkt des Albums gewesen sein, darauf lief die Dramaturgie hinaus: Das Album wurde mit dem alten Spiritual „A Satisfied Mind“ eröffnet, gefolgt von „Saved“, dem Titelsong des Albums. Und dann kam jenes „Covenant Woman“, wo ich noch immer weinen muß, wenn ich nur daran denke. Das wird wohl immer so bleiben. Es hat wie gesagt keinen Sinn, über dieses Lied und wie ich es empfand zu schreiben, es war und ist jenseits des Ausdrückbaren. Cela relève du plus profond, de l’identité de chaire et du ruban d’amour à travers des siècles. Soweit ich weiß, hat es Dylan nie live gesungen. Es muß eine ganz besondere Bewandtnis mit diesem Lied haben, nicht nur für mich. Auch das nächste Stück war noch voller Magie: „What Can I Do For You?“, es war vielleicht das musikalisch schönste, ganz zu schweigen von dem inbrünstigen Mundharmonika-Spiel Dylans hier, wo man – zumal unter Kopfhörer – die Intensität jedes Atemzugs, jeder kleinsten Intonation wahrnehmen mußte.

25 Jahre später:
Töpfer singt
Covenant Woman =>

Ich hätte immer wieder nur „Covenant Woman“ hören wollen, aber man konnte die Plattenaufleger natürlich nicht mit solchen Extrawünschen strapazieren. Es war auch gut so, denn die ganze Platte, nicht nur der Höhepunkt, war von einer unglaublichen seelischen Intensität. Also winkte ich aus meiner Hörerreihe jemandem hinter dem Tresen zu, wenn Seite A fertig war, und ließ mir die Platte umdrehen. Ich brauchte auch das letzte Lied Are You Ready?, ein steady Gospel-Blues, um mich wieder runterzuholen und zu beruhigen, ohne freilich beim Verlassen des Beaubourg das Nachklingen dieses Liedes überhören zu können:

    When destruction cometh swiftly
    And there's no time to say a fare-thee-well,
    Have you decided whether you want to be
    In heaven or in hell?
    Are you ready?

Aber eigentlich waren es die vier ersten Lieder der A-Seite, die mich umhauten.

Man hat ja viel von der Intensität bei Aufnahmen von Dylan-Platten gehört, aber was bei „Saved“ im Studio losgewesen sein muß… Vielleicht hat er sich beim Singen von den Musikern ferngehalten, ich weiß es nicht. 

Ich weiß nicht genau, was ich ohne dieses Album „Saved“ nicht ertragen hätte können – die Einsamkeit, die Gefühl- oder Bindungslosigkeit… –, aber seither sage ich, daß es mir das Leben gerettet hat. In der Folge lernte ich alles von Dylan kennen und vieles davon lieben, aber eigentlich war es nur jene Zeit damals in Paris und jenes Album – so wie es jene Zeile aus einem Clapton-Song war, die diese ungeheure Bedeutung für meinen Freund gehabt hatte, die ihm etwas gab, womit man weiterleben konnte: „Oh Lord, give me strength to carry on.“