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Nationalanarchismus

 letzte Aktualisierung: 30. Mai 2007

Nationalanarchismus

AUTO:  Nr. 12,  Juli 2004

Pierre Guillaume: Lionel wollte Präsident werden.
Zweiter und letzter Offener Brief an Lionel Jospin, [Ex-]Premier und Ex-Präsidentschaftskandidat

[Guillaumes erster Offener Brief an Jospin hier]
 

Mein armer Lionel,

ist das Leben nicht voller Ungereimtheiten?...

Ich gehöre wahrscheinlich zu den sehr wenigen Menschen, die Deine persönlichen politischen Ambitionen und insbesondere Deinen Ehrgeiz, Präsident der Republik zu werden, kennengelernt haben, und das zu einer Zeit, als Du noch auf dem „Langen Marsch“ durch die Sozialistische Partei warst und Mitterand weit vom Präsidentenamt entfernt. Und ich gehöre der noch kleineren Gruppe von Menschen an, die gewußt haben, daß dieser Ehrgeiz seine Geschichte in einem hartnäckig verfolgten Kindheitstraum hat.

Die Person, die mir diese Dinge gesagt hatte, hegte Dir gegenüber eine gewisse Eifersucht; Deine Karriere als sozialistischer Apparatschik und geheimer Lambertist1  sei mit Besorgnis zu verfolgen. Sie sah in dieser Doppelzüngigkeit Analogien zur Karriere Stalins.

Diese Besorgnis erschien mir sehr übertrieben, denn die Diktatoren steigen durch die Umstände auf, nicht umgekehrt... Ich hatte mich an eine Unterredung mit Boris Fraenkel vor der ersten Schließung der Vieille Taupe in der Rue des Fossés-Jacques Nr. 12  erinnert, wo ich gegen die trotzkistische Unterwanderung im allgemeinen gestichelt hatte, die „seit 1930 die Lage der Arbeiterklasse nicht im geringsten verbessert und nur dazu gedient hat, der Sozialdemokratie besonders gerissene Kader zu stellen“. Also hatte ich dieser Eifersüchtelei gegenüber nur gelacht und auf die Enthüllung dieser präsidialen Ambitionen geantwortet: „Ihm fehlt es an etwas Ehrgeiz!“

Die Verwirklichung eines Traums aus der Kindheit scheint mir andererseits der einzig nachvollziehbare Grund zu sein, Präsident der Republik zu werden. Als ich etliche Jahre vorher das Studium der Politikwissenschaft und die Vorbereitung für die ENA3  aufgegeben hatte, um mich auf der „Sozialismus oder Barbarei“ vertretenen Basis in den Kampf gegen den Algerienkrieg zu werfen d.h. ohne die geringsten Illusion über die wirkliche soziale Natur der FLN4  hatte ich verstanden, daß die „Politik“ ein Mittel sein kann, Karriere zu machen, aber nicht, um den Lauf der Dinge zu ändern. Deine „Ambitionen“ waren mir gleichgültig. Persönlich kamst Du mir eher wie ein Pfadfinder vor, ein wenig naiv, kaum mit den Hintergründen der Politik vertraut, aber „zu ehrlich“ und sympathisch. Das war natürlich eine Fehleinschätzung, betrachtet man die beeindruckende Meisterschaft, mit der Du den Kahn schließlich durch die unzähligen Klippen zu lavieren wußtest...

Im Sommer 1974, als wir von unserem langen einsamen Spaziergang an den Hängen der Soufrière zurückkamen, hatte ich Dich zu Deinem damals schon etwas zurückliegenden Aufenthalt in Vietnam und über die Art und Weise befragt, wie Du Deinen Status als Beamter des Außenministeriums mit dem eines lambertistischen Aktivisten vereinbaren kannst. Ich war überrascht, Dich von den „Grundlagen des Sozialismus“ und ähnlichem Unsinn reden zu hören und zu entdecken, wie gut Du den sektiererischen Ideologen spielen konntest. Dann gabst Du mir ein wenig trotzkistisches, aber ehrlich erscheinendes Gelübde auf die Demokratie ab: anders gesagt auf die vom allgemeinen Wahlrecht abgesegnete ökonomische Bürokratie... Ich hatte schnell aufgegeben, Dir erklären zu wollen, daß die Diktatur des Kapitals nichts anderes als genau dies sei: das Gegenteil der „Diktatur des Proletariats“ und der Abschaffung der Waren.

Wir waren auf zwei verschiedenen theoretischen Planeten... Ich habe mich also darauf beschränkt, Dir zu erklären, daß das allgemeine Wahlrecht manipuliert werden kann, daß die Bestätigung durch eine Wahl als Quelle der Legitimität genau so metaphysisch sein kann wie das Heilige und das Salböl des Königtums. Du hast meine Dir zufolge „zynische“ Analyse der Demokratie als „schumpeteristisch“5  abgetan... Du warst ein braver Student an der Science Po.6 

Jedenfalls trugst Du von dieser Zeit an und schon bei Deiner Hochzeit in Sceaux Sorge, nicht auf Gruppenfotos zu erscheinen, die kompromittierend werden könnten. In der Politik weiß man nie, was die Zukunft bringen wird. Man muß vorsichtig sein... Bedauerlicherweise ist mir das Foto, das Fabienne in Mare-Gaillard gemacht hat, auf dem Du zwar nur mit dem Rücken zu sehen, aber klar zu erkennen bist, nach dem Ausbruch der Affäre Faurisson in sehr seltsamen Umständen gestohlen worden. In welchen Händen wird es sich heute wohl befinden?

Diese Erbärmlichkeit führt uns zur Politik und zum politischen Wahlkampf zurück. Du weißt wie ich, daß Balladur 1995, damals Premierminister, wenige Monate vor den Präsidentschaftswahlen einen höchst vorzeigbaren Kandidaten der Rechten abgegeben hatte, sich in den Umfragen immer mehr nach oben schwang und weit vor Chirac lag, den das Publikum beinahe schon vergessen hatte. In dieser Situation ließ ihn der CRIF7 Zentralrat der jüdischen Einrichtungen in Frankreich  wissen, wie sehr es angebracht und wünschenswert sei, daß ein Präsident der Französischen Republik – aus rein moralischen Gründen versteht sich – eine Erklärung abgebe, in der offiziell und vor der Geschichte die Verantwortung des französischen Staates am „Völkermord an den Juden“ anerkannt werde. Falls der Kandidat Balladur sich mutig engagieren würde, ein solcher Präsident zu werden, würde er sich der Unterstützung aller moralischen Kräfte des Landes sicher sein können...

Monsieur Balladur hat es abgelehnt, ein solches Engagement zu übernehmen. Über alle Maßen um die Moralität Frankreichs besorgt, wendete sich der CRIF dem Kandidaten Chirac zu, der inzwischen selbst von seinen Vertrauten verlassen wurde, und teilte diesem seine moralischen Bedenken mit. Chirac, der nur auf sein Gewissen hörte, übernahm das von Balladur abgelehnte Engagement. Die Medien, von denen bekannt ist, wie sehr sie den höchsten moralischen Werten verpflichtet sind, die noch am Vortag, Chirac gehänselt und Späße über die Zufälle der Popularitätskurve gemacht hatten, änderten schlagartig ihren Ton: und Chirac stieg wie ein Komet in den Umfragehimmel, stach Balladur als Kandidat der Rechten aus und wurde schließlich Präsident der Republik.

Als Ehrenmann exekutierte Jacques Chirac kurze Zeit nach der Wahl die Klausel des zweiseitigen Vertrages, den er mit seinem Gewissen abgeschlossen hatte.

Warum erzähle ich diese Geschichte, die Du genau so gut kennst wie ich? Weil Schumpeter tatsächlich den Einfluß des FRICs8  und der Moral auf die Wahlen unterschätzt hatte? Nein, ich erzähle sie, weil ich gedacht habe, daß Du genau all das im Hinterkopf hattest, als Du im okkupierten Palästina einen sehr genau berechneten „Lapsus“ begangen und die Hisbollah als „Terroristen“ bezeichnet hast. Das war offensichtlich die Botschaft, die Du in Richtung der „Gemeinde“ aussendetest, um ihr mitzuteilen, daß Du für Israel ein sicherer Verbündeter bist, während sich Chirac bei dieser Gelegenheit für die entgegengesetzte Option entschied.

In den 60er Jahren gab es einen regelrechten verbalen Tick, die exzessive Benutzung des Wortes – „Kräfteverhältnis“ –, an dem man die Lambertisten unter den Trotzkisten erkennen konnte. Aber besteht die „Politik“ nicht tatsächlich darin, das Kräfteverhältnis zu analysieren und sich am geometrischen Gleichgewichtspunkt zu positionieren?

Die Frage ist nur, wo dieser sich befindet. Seinerzeit hattest Du eine Grenze überschritten. Die Hisbollah hatte gerade, während der Evakuierung des Südlibanons durch die israelische Armee, eine außerordentliche politische Reife unter Beweis gestellt. Die Kollaborateure der Besatzungsmacht hatten zahlreiche Verbrechen begangen. Die Hisbollah, die die Seele des Widerstandes gewesen war, hatte schwere Verluste erlitten, und viele ihrer Kämpfer und deren Angehörige sind gefoltert und hingerichtet worden. Sie aber hat keinerlei Repressalien verübt! Sie hat die schlimmsten Folterer und Mörder der libanesischen Justiz überstellt; wobei sie wußte, daß die Strafen sehr mild ausfallen würden. Damit hat die Hisbollah am Tag der Befreiung die Spirale von Rache und Repressalien unterbrochen und gezeigt, daß sie ein echtes Friedenskonzept für die Zukunft hatte. Wie anders dagegen seinerzeit die französische Résistance, in deren Tradition man offiziell und freiwillig stellt: Am Ende einer ganz sicher weniger langen und im Alltag weniger unterdrückerischen Okkupation haben die verschiedenen aus der Résistance hervorgegangen Strömungen, völlig unfähig, irgend etwas Neues zu schaffen, diese durch Säuberung und Rache ersetzt. Wer in dieser Tradition steht, [die den Tod und teilweise bestialische Abschlachtung Tausender französischer Zivilisten nach 1945 auf dem Gewissen hat – d. Sl.], hätte im Libanon angesichts des vergleichbar ungleich menschlicheren Verhaltens der Hisbollah den Mund halten sollten.

Du hast nicht das Recht, Wahlkampf auf dem Rücken der Palästinenser zu treiben, also auf Kosten von Leuten, die unendlich mehr Würde und Achtung als viele Franzosen in vergleichbarer Situation bewiesen.

Einstweilen hatte die Vieille Taupe mit Geduld und einem Lächeln Deine Karriere verfolgt. Ich habe Dir verschiedene Dokumente zukommen lassen. Das letzte war ein kollektiver Brief vom 24. September 1983 an den Ersten Sekretär der Sozialistischen Partei aus Anlaß des Parteitages von Bourg en Bresse. Bei der Gelegenheit habe ich Dir im Parteigebäude eine dicke Akte übergeben, die ich auch Roland Dumas9  und Pierre Joxe10  in Bourg en Bresse persönlich überreichte. Gewiß hatte ich verstanden, daß man von Dir nichts mehr zu erwarten war. Und dann trafst Du Renée zufällig im Bus und sagtest ihr – was Dir offenbar leid tat –, daß, „wenn Pierre weiter seine Thesen vertritt, werden wir uns nicht mehr sehen dürfen“.

Dabei hatte ich wohl bemerkt, daß Du, Minister geworden, ohne überzuschnappen, die verschiedenen Revisionismus-Affären, die in der Volksbildung vorgefallen sind und in deren eine eine Jugendfreundin Deiner Frau und ein Führungsmitglied der „Arbeiterpartei“ verwickelt waren, mit einem gewissen Fingerspitzengefühl behandeltest. Ich wußte auch, daß Du Deinen Vater respektiertest, der ein pazifistischer Aktivist war und sich nur zögernd und mit Bedauern der Kabale gegen Paul Rassinier angeschlossen hatte, nachdem er schwer desinformiert worden war. Ohne viel von Dir zu erwarten, hoffte ich dennoch, daß Du die Form einhalten und die Gesetze achten würdest. Für den Rest würde der alte Maulwurf sorgen.

Leider aber hat die Verabschiedung des Fabius-Gayssot-Gesetzes11, das mit der Provokation von Carpentras vorbereitet wurde, die letzten Reihen des Widerstandes in Stücke brechen lassen. Mit diesem dogmatischen und intellektuell inakzeptablen [Frankreich wie die gesamte Menschheit mit Schande bedeckende – d.Sl.] Gesetz als wurde der legale Rahmen verlassen. Die Repression gegen die Revisionisten nahm zu dem Zeitpunkt, als man einzusehen begann, daß die revisionistischen Arbeiten nicht zu widerlegen sind, hysterische Züge an.

Im meinem vorangegangen Offenen Brief12  hatte ich bereits einige der Unsäglichkeiten erwähnt, die von Dir gedeckt wurden. Seither hat sich die Liste gehörig erweitert. Die Entlassung Serge Thions aus dem CNRS13, die Verurteilungen Jean Plantins, aber vor allem die völlig illegale Annullierung seiner akademischen Abschlüsse sind nicht mehr zu entfernende Flecken. Und dazu dieser blitzgescheite Jack Lang, Dein Minister14, der in seiner Antwort an Jacques Verker noch über den Text des Fabius-Gayssot-Gesetzes hinausging und von Staats wegen das Dogma der „Vernichtung der Juden“ proklamierte!

In aller Bescheidenheit ist auch meine Verurteilung zu 120 Tagessätzen, d.h. in der Praxis zu 60 Tagen Gefängnis, da ich nicht zahlen kann und ich sowieso dieses System von Tagessätzen als Diskriminierung der Ärmeren ablehne, zu erwähnen. Ich werde wohl demnächst für einen Brief an die 39 Mitglieder der Sektion Chemie der Akademie der Wissenschaften15  eingesperrt, es sei denn, Du läßt von irgendwelchen geheimen Regierungskonten die Strafe bezahlen (6, rue Joseph Bédier, 75634 Paris Cedex 13).

Aus all diesen Gründen hatte die Vieille Taupe beschlossen, ihre wohlwollende Neutralität aufzugeben. ...

Denn die Zeiten sind für den alten Maulwurf gekommen, daß er zeigt, daß er existiert. Es ist bekannt, wer Jacques Chirac zum Präsidenten gemacht hat. Doch hast Du nie daran gedacht, daß Du ohne die Vieille Taupe nicht Premierminister wärest? Nicht, daß die Vieille Taupe irgendeine Rolle in den Wahlen die sie als getürkt verachtet gespielt oder irgendeine Stimme verschoben hätte. Sie spielt auch in all den Affären und Tretereien unterm Tisch keine Rolle, aus denen das sog. politische Leben besteht. Das hat mit ihr nichts zu tun, und sie hat so gut wie nichts von der wundersamen, von Chirac provozierten Auflösung der Nationalversammlung, aus der Deine Thronbesteigung hervorging, verstanden. Was also dann? Es ist ganz einfach: Du wurdest linker Premierminister in einem Land, das mehrheitlich rechts wählt. Wie man es auch dreht: Du wärest nicht Ministerpräsident, wenn die Rechte nicht durch den von B’nai B’rith (den „Söhnen des Bundes“) ausgestoßenen Bannfluch gegen Jean-Marie Le Pen und die sich anschließende gehorsame systematische Verteufelung in den Medien zum Würstchen gemacht und entmannt worden wäre. Bannfluch und Dämonisierung waren weder notwendig noch unvermeidlich. Zum einen, weil die nationale – sogenannt extreme – Rechte seit dem Algerienkrieg eher pro-israelisch eingestellt war. Die Beziehungen zum Mossad sind bereits zu OAS-Zeiten hergestellt worden: Jean-Marie Le Pen ist kein bißchen antisemitisch.

Organisationen wie die MRAP, die LICRA oder die Menschenrechts-Liga manipulieren seit Jahrzehnten nach Belieben die Einwanderung, wobei sie einen angeblichen „Antirassismus“ prätendieren und Le Pen als Sündenbock instrumentalisieren. Mit der Zeit aber ist auch in diesen Kreisen die Befürchtung aufgetaucht, die moslemische Einwanderung könne sich verselbständigen und die Einwanderer sich nicht mehr so leicht manipulieren lassen. Das ist der Hintergrund, vor dem sich Le Pen und die Israelis 1987 näherkamen, was fast zu einer offiziellen Einladung Le Pens nach Israel führte. Das einzige, was schließlich die ganze Sache scheitern ließ, war die Befürchtung der jüdischen Führung in Frankreich, daß eine Entwicklung einsetzen könne, in der der historische Revisionismus unkontrollierbar werden könnte. Daher die Le Pen am 13. September 1987 gestellte Gretchenfrage und die sich anschließende Affäre zum Thema „Detail“. Doch woher kam diese Angst, die die jüdischen Führer in Frankreich so quälte, wenn nicht von der Affäre Faurisson? Und hätte es diese Affäre Faurisson ohne die Vieille Taupe gegeben? Ohne die Veröffentlichung des Buches „Historische Wahrheit oder Politische Wahrheit? Die Macht der Medien: der Fall Faurisson“16, ohne die Stellungnahme von Noam Chomsky als Vorwort zum Buch „Mémoire en Défense“ von Robert Faurisson, ohne mein Interview mit Ivan Levaï, ohne das Flugblatt „Unser Königreich ist ein Gefängnis“ und die Intervention der Cohn-Bendit-Brüder, ohne all das und mehr... Anders gesagt: Ohne die unwiderrufliche Entscheidung, die ich im September 1978 getroffen habe, mich mit Leib und Seele in der Faurisson-Affäre zu engagieren, wäre die Faurisson-Affäre nichts als eine Seifenblase gewesen, die an der Oberfläche der Medien platzt und schnell von einer gutmenschlichen Betroffenheitskampagne übergossen worden wäre, was genügt hätte, die Reihen des antifaschistischen Konformismus’ für die nächsten zwanzig Jahre wieder fest zu schließen. Und die jüdischen Führer hätten ruhig schlafen und Le Pen wie es ihnen beliebt weiter benutzen können... Und? Du wärest nicht Premierminister! Aus dem einfachen Grund, weil Frankreich eine rechte Regierung hätte. Was im übrigen absolut nichts am Schicksal des Proletariats ändern würde.

Wenn dieses Argument Dich nicht überzeugt, läßt Dich vielleicht dieses nachdenken: Wenn Deine Polizei in gutem Zustand ist und die R.G.17  wirksam, mußt Du wissen, daß, wenn die Vieille Taupe mit der Niederlage Gayssots in Béziers nichts zu tun hat, weil sie sich nicht damit befassen konnte, eine diskret in Blois organisierte Veranstaltung durchaus mit dem Wechsel einiger Stimmen und dem Mißerfolg Jack Langs zu tun haben kann. Die Vieille Taupe ist auch am Sturz Catherine Trautmanns in Straßburg nicht völlig unbeteiligt gewesen. Was willst Du denn? Immer weniger Einwanderer lassen sich von der Heuchelei der Linken an der Nase herumführen. Mit anderen Worten: Die Zukunft ist offen. Das Wahlergebnis ist offen, der CRIF und der fric haben nicht mehr alle Karten in der Hand. Wir kommen in eine neue Ära, die Ära der notwendigen Unfälle, um mit Chaulieu zu sprechen.

Deshalb ist die Vieille Taupe nach Thouars gegangen. Mein armer Lionel, die Zeiten sind schwierig, und das ist nur der Anfang.

Pierre Guillaume

P.S.: Damit Dein Kindheitstraum noch in Erfüllung gehen kann, der als solcher genau so respektabel ist wie jeder andere Traum, gibt es eine Lösung. Es würde genügen, wenn Du Dich an das Gelübde auf die Demokratie hältst, das Du mir gegenüber auf unserem Heimweg von der Soufrière gemacht hast, und Du beginnst, nach und nach und mit Fingerspitzengefühl, Dein Versprechen von 1981 zu erfüllen: „Es wird in Frankreich nie die Frage sein, ein Geschichtsbuch zu zensieren“, was bedeuten würde, daß die illegale Aberkennung der Universitätsabschlüsse von Jean Plantin unverzüglich rückgängig gemacht wird. Es würde weiter genügen, daß Du, nach und nach, gemäß Deiner öffentlichen Erklärung in der Normal Sup vom 3. April 1995 erklärst: „Ich bin persönlich entschieden gegen die Zensur.“ Ich hatte damals sehr gut verstanden, daß mir die kaum wahrnehmbare Betonung auf dem Wort „persönlich“ mitteilen sollte, daß es politisch etwas anders aussieht. Der Moment wäre gekommen, etwas Persönlichkeit unter Beweis zu stellen.

Schließlich hättest Du – angesichts einer Opposition, die nichts als Polittheater aufführt – den übertriebenen, ja für eine Demokratie krankhaften Charakter der Dämonisierung Jean-Marie Le Pens als solchen kritisieren und offiziell bekunden müssen, daß es, von diesem einfachen demokratischen Standpunkt aus, wünschenswert wäre, daß Le Pen die 500 Unterschriften erhält, die er benötigt, um sich an den Präsidentschaftswahlen beteiligen zu können. Unter dieser Voraussetzung wäre noch etwas zu machen gewesen.
 

Anmerkungen

1 Pierre Lambert (Pseudonym), damals Führer und Ideologe einer der drei wichtigsten trotzkistischen Parteien; propagierte die Unterwanderung anderer Gruppierungen, Parteien und Gewerkschaften.

 2 Buchhandlung, die den gleichen Namen wie der Verlag trug (Vieille Taupe, alter Maulwurf). Siehe Pierre Guillaumes Text „Guy Debord“ in Sleipnir 1/1996

 3 ENA, École Nationale d’Administration – französische sog. Elitehochschule

 4 FLN, Front de Libération National – Nationale Befreiungsfront (Algeriens)

 5 Joseph Schumpeter, 1883-1950, österreichischer Ökonom, 1935 in die USA emigriert. Schumpeter war ein Autor à la mode, als Lionel Jospin Politikwissenschaft studierte. Er hatte eine Soziologie der Demokratie geschrieben, die sehr berühmt geworden ist („Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“, 1942). Darin beschrieb er die Demokratie als ein sehr effizientes Ausleseverfahren für die politische Elite, ohne Illusionen über deren Tugenden.

 6 „Sciences Po“: Umgangssprachlich für Studien am Institut für politische Wissenschaften (Institut d’études politique de Paris). Science Po durchlaufen die meisten „ENArchen“

 7 CRIF, Conseil Représentatif des Institutions juives de France, Zentralrat der jüdischen Einrichtungen in Frankreich. Der CRIF hat es geschafft, ein Mittagessen am Anfang jeden Monats mit dem Premierminister zu institutionalisieren.

 8 Fric, Kies, Kohle, Knete, Kröten – Crif...

 9 damals Außen-

 10 und Innenminister

 11 vgl. § 130 StGB

 12 Siehe Sleipnir Heft 4, 1997

 13 Siehe hierzu Serge Thion: „Jospins Rache“ in „Palästina“, Sleipnir Heft 32

 14 sozialistischer Kulturminister

 15 Siehe Pierre Guillaume, Psychopathologisch und gefährlich. Über die Psychopathologie einer Erklärung

 16 Vérité Historique ou Vérité Politique? Die dt. Übersetzung im Verlag der Freunde, Berlin 1994. Das Buch ist seit dem 19. 11. 1995 ohne ordentliches Gerichtsverfahren widerrechtlich beschlagnahmt.

 17 R.G., Renseignements Généraux, Geheimdienst der Polizei, mit der Überwachung der allgemeinen Stimmung beauftragt; informiert die Regierung.

Übersetzung: Peter Töpfer

Eine Übersicht von weiteren Texten von Pierre Guillaume und Serge Thion hier.
 

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Pierre Guillaume