|
AUTO: Nr. 13, August 2004
Hanne Pfiz: Deutsche Menschen Die Ausstellung „People of the Twentieth Century:
August Sander's Photographic Portrait of Germany” im Metropolitan Museum of Art in New York vom 25. Mai bis zum 19. September 2004
Im Metropolitan sind derzeit 160 Aufnahmen August Sanders (1876-1964), entnommen seiner Dokumentation „Menschen des 20. Jahrhunderts“,
ausgestellt. Die Ausstellung ist ungeheuerlich bewegend. August Sander hat die deutschen Menschen aller Klassen und Berufe photographiert, so wie sie waren: unverstellt in ihrer Arbeitskleidung und in ihrem Alltag,
in ihrem Sonntagsstaat und mit ihren Familien. Darunter auch viele Frauen und die ersten emanzipierten Frauen in Deutschland: mit kurzem Haarschnitt und Zigarette, was ja um die 20er Jahre als richtig cool galt.
Bauern, Kaufleute, Zirkusleute, Zigeuner, Kinder, Blinde, Menschen auf dem Land und in der Großstadt, Kriegsversehrte, Bürgerliche, Arbeiter usw. usf.
Im Museum ist reger Besuch, und die Ausstellung findet sehr viel Beachtung.
Es war schön, diese deutschen Menschen zu sehen, wie sie waren vor 90 Jahren: so echt, der Erde so nahe, die Hände der Frauen und Männer groß und breit und
fest vom Arbeiten. Ihre Augen, die direkt in die Kamera blickten, ruhig, ihr ganzes Wesen ausgeglichen. Auf keinem Bild etwas Hastiges in den Gesichtern, immer diese wunderbare Gelassenheit... Und die Kinder,
unschuldig und unverdorben vom Ekel unserer Zeit.
Sander war es in seiner Sensibilität gelungen, den inneren Kern, die Substanz des Einzelnen hervorzubringen bzw. dessen Seele und dessen Identität
offen zu legen. Das macht seine Photographien so bewegend.
Wie absurd mutet es an, wenn eine „Auserwählte“ am Eingang zu den Sälen der Ausstellung herumkrakeelt: „What is this!?! A German
photographer of the Weimar years and no picture of Hitler?! No Hitler!? Very, very interesting...“ („Was denn!?! Ein deutscher Photograph der Weimarer Ära und kein Bild von Hitler!!?? Keins von Hitler!!??
Äußerst, äußerst merkwürdig...“) Die Krächzerin wurde von den zahlreichen Besuchern der Ausstellung mehrheitlich ignoriert.
Diese Provokation macht wieder einmal deutlich, was oft zu beobachten ist: Wird Adi gezeigt, ist es ihnen nicht recht; wird er nicht gezeigt, ist
es ihnen auch nicht recht. Sie sind einfach nicht zufriedenzustellen.
|