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AUTO: -CHTHON & -NOM Nr. 26, Mai 2006
Kampf zurück zum Leitartikel
Ernst Zündel
Brief an Dr. Robert Faurisson
Lieber Robert, Freund und treuer Ratgeber!
Heute war mal wieder ein Gerichtstag, und ich dachte an Dich, an mich, an unser Lebenswerk und dessen Anstrengungen und was all dieses im Großen bedeuten mag.
Mein Leben kommt mir derzeit fast surreal vor. So, als sei ich ein Zuschauer, der beobachtet, wie sich sein eigenes Leben – gleich einem Hollywood Film
– entfaltet.
Es beginnt damit, daß ich vor 6 Uhr erwache. Man leitet mich aus meiner Zelle des noch schlafenden Gefängnisses. Ich dusche kalt, da das heiße Wasser zunächst
das kalte Wasser durchdrücken muß, bevor der Wasserspeicher genügend heißes Wasser auf unsere Etage hochpumpen kann. Dann rasiere ich mich und trinke Tee mit etwas Zitrone und Honig, esse einen Apfel, kleide mich
an: ein richtiges Hemd, eine hübsche Krawatte, ein schwarzes Jackett, Dinge, die eine meiner Schwestern im „Caritasladen“, eine christliche Vereinigung, erstanden hat. Ich greife nach der Plastiktüte angefüllt
mit Dokumenten und gehe – von einem Wärter begleitet – in ein Wartezimmer, wo ich kontrolliert und durchsucht werde, und wo man mich nach Anlegen der Handschellen zum Gerichtssaal führt. Aufgrund Ingrids
Anruf oder Schreiben an den Richter sowie der Fürsprache des Gefängnisarztes werden meine Arme nicht mehr nach hinten gezerrt, sondern die Handschellen werden mir mit nach vorne gehaltenen Armen angelegt.
Dann warte ich einige Stunden in einer fensterlosen kleinen Zelle im Keller des Gerichtsgebäudes. Wärter, Fahrer und Gerichtsbeamte sind Deutsche – alle
20, 30, 40 Jahre jünger als ich –, und Robert, das ist der Unterschied zu Kanada und den USA – hier ist ethnische Solidarität zugegen. Hier ist ein unausgesprochenes Zusammengehörigkeitsgefühl spürbar.
Eine Brüderschaft, eine Art Verbundenheit mit etwas gemeinsam Geteilten. Früher wurde das Volksgemeinschaft genannt. Wer, wie ich, lange unter Fremden gelebt hat, empfindet dies als wuchtige Auswirkung: Ein
Bruder unter Brüdern! Dieses Gefühl ist präsent, obwohl die meisten dieser jungen Leute noch im Säuglingsalter waren, als wir, Du und ich, 1984 unseren Kampf im alten Rathaus ausfochten, zusammen mit der
Rechtsanwältin, die 2004 ihre eigenen Worte widerrief und ihre Zeugenaussage abgesagt hatte.
Heute also, auf meinem Pflichtgang, spürte ich wieder einmal die mich überflutende Wärme des Verständnisses und der Achtung bei jenen, die mich uniformiert
oder in Zivilkleidung umgaben.
Es würde Dich überraschen, wie viele Leute einem zustimmen, jedoch nicht wagen, dies zu zeigen, aus Angst um den Verlust ihres Arbeitsplatzes. Robert, [wir
sind] eine Schicksalsgemeinschaft, und ich scheine ihre kollektive Stimme zu sein, obgleich ich in Handschellen bin und hinter Gittern sitze. Diesen jungen Leuten bin ich ihr ganz eigener Ghandi oder Nelson
Mandela, denn sie erinnern sich nicht länger der Deutschen vor 80 und mehr Jahren, die mit gleichen Erfahrungen wie sie selbst ihr damaliges Kreuz abgeschüttelt haben, um sich und ihre Nation vor Demütigung und
Ungerechtigkeit zu befreien!
Wenn ich den Gerichtssaal betrete, empfängt mich eine Woge des Beifalls1. Als ich heute nach einer der Pausen wieder hereintrat, erwartete mich eine unglaubliche Woge der Anteilnahme, was mich sehr bewegte! Da ist sie wieder, die Volksgemeinschaft, dieser
unfaßbare Bestandteil gezollten Respekts und der Bewunderung für den, der wagte zu sagen: „Bis hierher und nicht weiter!“ [ Martin Luthers Worte vor fünf Jahrhunderten]
Die einzigen, die nicht applaudieren, sind die unter die Zuschauer gestreuten, in Zivil gekleideten Polizisten, sowie die verlegenen Presseleute und die
CSIS-Vertreter2, die ich von den Gerichtsprozessen in Thorold
und Toronto her erkenne. Sie sind hier!
Mehrmals traten die Richter zu just dem Zeitpunkt in den Saal, als der Beifall verebbte. Offensichtlich ist ihnen der Beifall ein Dorn im Auge. Dann, Robert,
beginnen die surrealen Vorgänge.
Noch nie in meinem Leben habe ich an derart ätzenden Vorgängen teilgenommen! Die vorherrschende Atmosphäre ist bestenfalls merkwürdig. Die Mächtigen scheinen
sich belagert zu fühlen, denn sie gebärden sich nervös und befinden sich ständig in der Defensive.
Es ist mir untersagt, Einzelheiten in bezug auf Inhalt oder gerichtliche und historische Bemerkungen zu kommentieren. Gott sei Dank brauche ich diese nicht
wiederzukäuen, weshalb ich mich hier auf generelle Beobachtungen beschränken werde.
Die Argumente sind in der deutschen Sprache tiefgründiger als in der englischen. Sie bewegen sich mehr im Philosophischen und Inhaltlichen. Die deutsche
Sprache ist sehr ausdrucksstark. Der Unterschied zum Englischen könnte mit einem Küchenmesser (englisch) gegenüber dem Skalpell eines Chirurgen (deutsch) verglichen werden. Obwohl keine gerichtlichen Abschriften
vorliegen, machen sich die Anwälte Beweisanträge zunutze: Erklärungen, Antworten, Protokolle als Erwiderung zu speziellen Themen; so wird ein Teppich gewoben – nicht so gut wie bei angelsächsischen
Gerichtsvorgängen, doch immerhin bin ich erleichtert, beobachten zu können, daß die deutschen Anwälte ein Mosaik zusammenstückeln, das zukünftigen Historikern Hinweise und Journalisten „zitierungswürdige
Zitate“ geben wird.
Es ist dennoch beachtenswert – und das bringt das technische Informationszeitalter ausgleichend mit sich –, daß Beweisanträge, Texte, Korrekturen,
Anfragen usw. von den Medien aufgegriffen und alle diese Teilchen im Puzzle kommentiert werden. Und obwohl die Medien strikter Zensur unterstehen, sickern trotzdem bemerkenswerte Fakten durch, die jeweils als Zitate
eingefügt sind. Meistens sind diese sarkastisch kommentiert, nichtsdestotrotz wirkt es überraschend, bedenkt man die dort festgesetzten Regeln und Vorschriften. Ich betone nochmals: Inhalt und Qualität sind
substantieller, es ist, als wüßten die Schreiber, daß ihre Leserschaft höhere Ansprüche fordert, oder sie mit der Materie besser vertraut ist als die Kanadier. Jedenfalls ist es aus meiner Sicht ein interessantes
Phänomen sowohl als auch eine Überraschung!
Erwähnenswert ist noch ein interessanter Punkt: Namenserkennung! – eine Sache, die aufzubauen ich einige Jahre in Kanada gebraucht habe, wo die
Nachrichtensprecher jeweils so begannen: „Ein Mann namens Ernst Zündel, ein deutsch-kanadischer Verleger, steht heute wegen Verleugnung des Holocausts vor Gericht.“ In anderen Worten: Sie mußten ihrem Publikum zunächst mitteilen, wer ich bin, um ihnen den Inhalt ihres Berichts zu veranschaulichen. Zu meiner großen Überraschung verkündeten im letzten Jahr die deutschen Medien für eine Woche:
„Der Deutsch-Kanadier und Holocaust Leugner…“ und danach lediglich noch: „Ernst
Zündel steht heute vor Gericht.“ Die deutschen Medien setzen voraus, daß sie ohne vorausgehende Präambel direkt zur Sache kommen können. Das ist von enormem Vorteil, wenn es darum geht, ein Medienimage mit
einem Mann in Verbindung zu bringen. Ich gebe diesem heiklen Geschichtskomplex ein menschliches Gesicht, und von jetzt an läuft’s wie am Schnürchen!
Geholfen hat diesbezüglich auch, daß Fotografen und Fernsehkameras einige Minuten vor den Verhandlungen eingelassen werden, was die Deutschen als
„Blitzlicht-Gewitter“ bezeichnen. In dem Moment, wo ich dann eintrete, meinen Anwälten die Hände schüttle und meinen Freunden salutiere, flammen gleichzeitig Hunderte von Blitzlichtern auf. Somit werden
wiederum die Berichte vermenschlicht. Beispielsweise hatten Der Mannheimer Morgen, Die Rhein-Neckar-Zeitung und überraschenderweise sogar die bedeutende Frankfurter Allgemeine Zeitung interessante Photos bei ihren Texten mit dabei. Robert, an der Werbefachsschule, wo ich geschult wurde, verstand es sich von selbst, daß bebilderte Texte das Interesse der Leser zu 80 Prozent steigern. Das war in der Vergangenheit der Grund meiner „Theatralik“: der KZ-Anzug, das Kreuz, die Helme!
Sogar die FAZ zeigte interessante Photos aus bester Perspektive. In der Bild-Zeitung erschien ein sehr großes Farbfoto von mir, worauf ich meinen Freunden salutiere,
wieder mit einer Überschrift, die voraussetzte, daß mich die vier Millionen Bild-Leser kennen: meinen Namen, mein Gesicht – MEINE GESCHICHTE –, so daß es in einer drei Zentimeter großen
Überschrift genügte, zu schreiben: „Darf er so grüßen?“ Robert, das ist Namenserkennung! Der Zauber wirkt noch! Sabina, die Närrin!3
Laß mich zusammenfassen, mein Lehrer: Erstaunlich gute Argumente, die weitaus tiefgründiger, weitaus substantieller sind als die in Kanada, werden im Inneren
gemacht, doch speziell nach außen hin, im Gerichtssaal und in den Medien, und das nicht nur in Deutschland, nicht nur in der Türkei, sondern in den moslemischen Staaten unter dem Halbmond von Tangier bis Malaysia. Al Dschasira
hat angeblich einen umfassenden Artikel über E.Z. und den Prozeß gebracht. Ingrid sagte, es sei sogar gut verständlich gewesen, was bei arabischen Berichten nicht immer der Fall ist!
Obwohl über das Ergebnis kein Zweifel besteht, wird die Sache mehr und mehr ihr eigenes Leben annehmen. Es wird sein wie in Kanada – es wird Rückschläge
geben, Berufungen, dann Berufungen von Berufungen, zuerst lokal, dann national, dann international – und wenn mir die Gerichtssäle ausgehen, wollen wir den Fall an die Geschichte übergeben, und die Geschichte
wird der Richter sein. Bis dahin werde ich bald das Zeitliche gesegnet haben und vor dem höchsten Gericht stehen!
Zwischen jetzt und dem was kommt, wird noch viel Wasser den Neckar und Rhein hinunter fließen. Viel Tinte wird vergeudet, viele Pixels verbraucht werden, den
Steinblock auszuhöhlen – Sandkorn um Sandkorn bedarf es, Granit zu Erde und dann zu Humus zu verwandeln. Robert, es kommt einem zugute, Landmann zu sein und die Naturgesetze zu verstehen.
Der Triumph wird der unsere sein – in der Zeit. Bis hierher zu gelangen war wohl etwas mühsam, doch wie Du bezeugen kannst, war der Traum kein
unmöglicher.
Ernst Z.
1 In der Zwischenzeit wurde Beifall unter Androhung einer Geldstrafe bzw. Ausschließ ung
vom Gerichtssaal von den Richtern verboten.
2 CSIS – Canadian Security Intelligence Service (kanadischer Geheimdienst)
3 Sabina Citron ist die in Toronto lebende Jüdin, die Ernst Zündel 1984 ursprünglich wegen
„Verbreitung falscher Nachrichten“ angezeigt hatte, was zur Folge hatte, daß den Themen Holocaust und Revisionismus die Schleußen weltweit geöffnet wurden.
Übersetzung: Hanne Pfiz-Soderstrom (www.nationalanarchismus.org)
Der Brief im englischen Original =>
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