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AUTO: Nr. 9
Peter Töpfer: Ranking der Religionen Welche herrschen derzeit im Westen?
Das Religiöse ist sehr vielgestaltig, und es herrscht nie und nirgends eine einzige Religion; immer ist das, was sich im Einzelnen abspielt, eine
Vermischung von verschiedenen Religionen, von verschiedenen Angeboten des Trostes und der Orientierungs- und Weltinterpretationshilfe.
Religion ist kein „Bekenntnis“, sondern ein mehr oder weniger wahrgenommenes Gefüge an Heilserwartungen, Hoffnungen, Vorstellungen und
Handlungsanweisungen; sie entspringt den tiefsten Gefühlen und deren Verletzungen und ist entsprechend diffus, mit Theologien nicht zu benennen. Religion ist, was die Menschen wirklich glauben, und nicht der Inhalt von Lippenbekenntnissen. Glaube findet weit unterhalb des Kognitiven statt. Ein stärkerer Glaube als der an Jesus kann bei einem Menschen, der sich als Christen bezeichnet, z.B. der Plutismus sein, d.h. eine unrealistische Erwartung an die Segnungen des Geldes. Oder ein anderer glaubt daran, daß er „in seinen Kindern weiterlebt“, d.h. unsterblich ist.
Hauptsächlich besteht die Religion heute im Szientismus, in der Szientologie, d.h. im Wissenschaftsglauben. Die Menschen sind stark von den Meinungen der
heutigen Priester, also der Wissenschaftler und Intellektuellen, geprägt und bestimmt und beten diese an, so daß man auch von einer Intellektualreligion sprechen könnte, die neben einer Wissenschaftsreligion
existiert und sich mit dieser vermischt: das Intellektuelle schlechthin wird als heilsbringend empfunden, Intellekt als solcher wird angebetet. Es sind aber hauptsächlich die Wissenschaftler, die, nachdem sie eine
Natur so getreu wie möglich beschreiben (Exaktheit, Objektivität usw.), die Vorgaben, d.h. die Gebote erlassen, wie wir uns in dieser Natur zu verhalten haben. Die Natur wird zu dem, was früher Gott war. Damit üben
die Wissenschaftler heute einen enormen Einfluß auf die Lebensgestaltung der Menschen aus. Diese glauben nicht mehr an einen Gott und was dieser sagt; heute glauben sie an die „Natur“, und deren Verkünder,
Propheten und Stellvertreter sind die Naturwissenschaftler. Der Wissenschaftsglauben bezieht sich – Gott oder anderes Jenseitiges spielen in ihm keine Rolle mehr – auf etwas vermeintlich Diesseitiges,
ist also eine Diesseitsreligion. Die Natur trägt freilich jenseitigen Charakter.
Es gibt also – anders gesagt – Transzendenz- und Immanenzreligionen.
Einen Einfluß auf das Verhalten der Menschen können Priester der verschiedenen Jenseits- und Diesseitsreligionen freilich nur ausüben, wenn die Menschen nicht
schon in Kindheit und Jugend verunsichert sind und nicht mehr wissen, wie sie sich am besten verhalten sollen, wenn sie in eine Welt geboren werden, in der sie sich fehl am Platz fühlen, wenn sie von sich selber und
ihren eigenen Gedanken und Empfindungen entfremdet sind und ihr Willen gebrochen ist, so daß sie jetzt Hirtschaft (Oberlercher) brauchen. Dann nehmen sie in ihrem Bedürfnis nach Orientierung und Sicherheit begierig die
Gedanken anderer auf, ohne daß diese, wie normalerweise, einer Prüfung durch Herz, Gefühl und Verstand unterzogen würden, und machen sie sich zu „eigen“. Diese Anderen spielen sich als die Retter auf, aber sie
sind oft identisch mit denen, die die Kinder erst in eine verzweifelte Lage gebracht haben.
Im Westen lassen sich die Menschen in ihrem Verhalten und in ihrer Lebensweise stark auf eine weitere Weise beeinflussen, d.h. sie lassen sich neben
Szientismus, Plutismus, Immortalismus usw. von einer weiteren Religion beherrschen. Von dieser Religion zeigen sich die Weißen schwer beeindruckt; sie sind gehorsam und gutgläubig. Wie in allen Religionen, wissen
auch diese Menschen nichts davon, daß sie religiös, d.h. von einem Außen gesteuert sind, das gleichzeitig in ihnen drin ist.
Sie lassen sich und vor allem ihren Kindern Tag für Tag Dinge erzählen, mit denen ihre Lebensgestaltung und ihre Entwicklung geprägt und bestimmt werden; ohne
die ständige Berieselung durch Priester und Prediger und ohne ihren Orientierungsmangel würde ihr Leben eine ganz andere Form und eine ganz andere Qualität haben. Insbesondere die seelische Zerknirschung und die
materielle Ausbeutung sind das Ergebnis der Unterwerfung unter die Priester dieser anderen Religion.
Wie bei allen Religionen, so sagt man den Menschen auch hier zu allererst, daß sie schlecht sind. Daß sie den Religionen anhängen und sich das sagen lassen,
bedeutet, daß sie sich zum Teil auch selbst für schlecht halten. Sie lassen sich also nicht erst von den Priestern schlecht machen, sondern sind schon familienintern schlecht gemacht worden; ihnen sitzt der Stachel
des Selbstzweifels bereits tief im Fleisch.
Sie wollen aber nicht schlecht sein, sehnen sich zurück nach dem Zustand der allgemeinen Güte. Und nun lassen sie sich versprechen, daß sie ihre Schlechtigkeit
wettmachen, abarbeiten und wegdienen können. Dieses Angebot nehmen sie in ihrer Schwäche an; sie haben Angst vor der Erkenntnis des Wirklichen, nämlich der Ungüte, der Schlechtigkeit, d.h. der Lieblosigkeit ihrer
Eltern. Und sie wollen nie so schlecht sein wie ihre Eltern. Sie müssen sich die Güte von außen geben und versprechen lassen, weil sie sie selbst im Inneren nicht mehr haben können: Das Erleben der inneren Güte
würde sie an den Vorgang der Zerstörung der ursprünglichen Güte erinnern, und das wäre zu schmerzlich.
Das Wettmachen der Schlechtigkeit geschieht im Inneren, d.h. seelisch („Buße“), und im Äußeren, materiell: Die Gläubigen können sich freikaufen, indem
Sie anderen mit ihrem Geld Gutes tun. Dann sind sie wieder gut, weil sie das Gute wieder hergestellt haben.
Das Gute übt eine solche Faszination auf die Gläubigen aus und wird zum erpresserischen Pfand, weil sie unbedingt einen Zustand der Güte erreichen, den Zustand
der ursprünglichen Güte wiedererlangen möchten, der in ihren tiefsten Erinnerungen, die unbewußt sind und Sehnsüchte bleiben, gespeichert ist. Sie wollen, das alles gut, d.h. die Welt, so wie sie ist, in Ordnung
ist: im Mutterleib, am liebevollen Körper der Mutter und in der Gemeinschaft mit liebevollen Eltern.
Der erste Schritt zur Versklavung, zur Priesterabhängigkeit, ist, daß die Menschen den Kosmos der Güte, der – das fühlen sie überdeutlich, danach hungern
sie – eigentlich da sein und der ihre sein müßte, nie wirklich erleben: Die Mütter sind in Zeiten von Religion und Zivilisation keine Mütter mehr.
Die Menschen lassen sich also vom Versprechen der Priester, daß alles wieder gut, friedlich und glücklich wird, bestechen. Das wird es aber nicht, denn Buße,
Arbeit und Zahlungen, aus denen jetzt das Leben besteht, sind nicht gerade das, was der Mensch unter einem Zustand des Guten versteht. Er hofft aber darauf und verliert die Hoffnung nie, weil er das Paradies
wirklich kennt und es ihn so stark beeindruckt hat, daß er mit nichts anderem mehr zufrieden sein wird, weil er in den Geschmack der unendlichen Liebe gekommen ist oder zumindest den Wunsch danach empfunden hat. Das
Kind hat ein Bedürfnis nach Güte und erwartet diese also. Allein die Erwartung der Güte ist ausreichend, daß man sich immer nach ihr sehnen wird. Es gibt aber immer wirkliche Erfahrungen von Güte, schon im
Mutterleib und das ohne Zutun der Mutter. Doch ohne auch je ein Stück Güte real gespürt zu haben – was nicht möglich ist –, erwartet das Kind die Güte, weil es sie braucht; und allein das speist die
Sehnsucht nach ihr. Diese Sehnsucht geht nie wieder weg.
Früher versprach man den Menschen, daß sie, wenn sie gewisse Verhaltensvorschriften befolgen, den Zustand des ausschließlich Guten nach dem Tod erlangen
werden, weil es damals noch offensichtlich war, daß dieser einmal verpaßte Zustand nie wieder auf Erden erreicht werden kann. Heute glaubt niemand mehr an die Wiederherstellung der Güte nach dem Tod, aber die
Hoffnung besteht fort. Und so entstand die Hoffnung auf ein Paradies auf Erden. Wir wollen den Zustand der totalen Güte schon heute und hier haben. Und den erreichen wir am besten, wenn wir bei uns selber anfangen,
wenn wir uns selbst schon heute richtig verhalten, also gut sind. Soll alles gut werden bzw. sein, kann das nur gehen, wenn wir selbst gut sind. Unsere Sehnsüchte und unser heutiges Leben fallen in eins. Unser
heutiges Verhalten wird extrem von der Sehnsucht nach der Güte gespeist, weil wir heute und hier diese Güte erleben können und also heute selbst gut sein müssen.
Das Gute ist, wenn es keinem Menschen schlecht geht, wenn kein Mensch zu leiden und keine Qualen zu ertragen hat. Alle Menschen sind gemeint; es muß so sein wie damals: Da waren auch alle Menschen – ich und Mama – glücklich (zumindest in der Erwartung). Erst wenn alle, die uns und unserer Mutter ähneln, d.h. alle Menschen,
glücklich sind und alles gut ist, sind wir zufrieden.
Deshalb kann man diese neben dem Szientismus existierende weitere Religion als Menschlichkeitsreligion oder Humanismus und ihre Anhänger und Gläubigen als
Gutmenschen bezeichnen. Und es ist zwangsläufig, daß jedes dritte Wort eines ihrer prominentesten Hohepriester, Michel Friedman, das Wort „Mensch“ ist.
Ein Weg, das Gute herzustellen, ist, leidenden Menschen zu helfen. Nicht der konkret leidende Mensch, mit dem wir etwas zu tun hätten, ist es, der im
Mittelpunkt der Güte- oder Verbesserungsaktion steht, sondern es ist unser eigener Zustand, den wir z.B. mit unserer Spende in ein Gefühl von Güte verwandeln können: Wir wollen uns gut fühlen.
Um diesem Bedürfnis zu entsprechen, führen uns die Priester der Menschlichkeitsreligion andauernd Menschen vor, die unter diesen und jenen Dingen leiden. Die
Gläubigen sind desto tiefer beeindruckt und ihr Reflex, gut zu sein, wird desto schneller ausgelöst, je größer das Leid der Menschen ist, an denen man die veräußerlichte Sehnsucht nach Güte zu stillen versuchen
kann. Am größten ist das Leid aber, wenn es unsagbar ist, wenn es alle menschliche Vorstellungskraft übersteigt. Deshalb eigenen sich als Objekte, an denen jene Sehnsucht vermeintlich gestillt werden kann (kurz:
Opfer), neben allen Arten von Opfern und leidenden Menschen am beste Menschen, die im Rahmen des sog. Holocausts gelitten haben und ums Leben gekommen sind. Diese stehen in der Rangliste des Leids am weitesten oben;
sie sind zu Opfern „unaussprechlichen“ Leids geworden. Und weil sie mit diesem geradezu paradiesischen Angebot einer zu bewältigenden inkommensurablen Opferschaft den religiösen Bedürfnissen in so
hervorragender Weise entgegenkommen, erfreuen sich gerade jüdische Hohepriester der Menschlichkeitsreligion bei den Gläubigen dieser Religion, also den Gutmenschen, größter Beliebtheit.
Für den Gläubigen wird es umso einfacher, Gutes zu tun, um dem Zustand der Güte und des Heils näher zu kommen, je größer das Leiden der Opfer ist. Deshalb
saugen sie Nachrichten, denen zufolge unaussprechliches, unvorstellbares und undenkbares Leid geschehen ist, förmlich auf.
Wir dürfen an dieser Stelle nicht vergessen, warum eine solche Saugwirkung entsteht und warum das Zusammenspiel der Priester der Menschlichkeitsreligion
– die wiederum mit ganz eigenen Interessen im Spiel sind – und den Gläubigen so gut funktioniert: Es gibt keine gütige Zukunft mehr in einem Himmel, in einem Leben nach den Tod, in einem Paradies; daran
glaubt keiner mehr. Die Sehnsucht nach der endlosen Güte muß schon hier auf Erden gestillt werden; dazu gibt es jetzt – im säkularen Zeitalter – keine Alternative. Die ganze seelische und emotionale
Energie, die früher in Vorstellungen vom Paradies Ausdruck fand, treibt heute das Handeln in bezug auf die Gegenwart an, entfaltet sich immer in bezug auf eine Verbesserung dieses Lebens hier auf Erden. Die sog.
Jenseitsreligionen liegen in den letzten Zügen; es herrscht die Diesseitsreligion.
In einer Jenseitsreligion wie dem Christentum identifizierte man sich als aus dem Heil und der Güte Gestoßener mit dem leidenden Jesus. Sich selber als
Leidender und Elender wahrzunehmen, war zu schmerzlich; aber der Schmerz mußte gleichzeitig Teil des ideellen Gebäudes bleiben und sich Ausdruck verschaffen, nur eben in Zusammenhang mit der Person Jesus, mit dem
man sich identifizierte und auf den man unbewußt sein eigenes Leid projizierte.
Der gleiche Mechanismus findet in der Diesseitsreligion mit heute leidenden Menschen statt, mit denen man sich identifizieren kann. Der Vorteil von leidenden
Juden als Identifikationsobjekte liegt zwar in der Unermesslichkeit ihres Leidens – und so sieht es zeitweilig danach aus, als würde die jüdische Branche den Konkurrenzkampf innerhalb der
Menschlichkeitsreligion den Sieg davon tragen –, aber die jüdischen Opfer haben einen entscheidenden Nachteil: Sie sind meist tot, und lebendige Leidende, die heute eher Palästinenser als Juden sind, drängen
sich in den Vordergrund. Diese haben zwar den Nachteil, daß ihre Leiden beschreibbar, sagbar und nicht einzigartig sind, dafür sind sie heute aber lebendig bzw. gerade umgekommen.
Den Priestern des jüdischen Zweiges der Menschlichkeitsreligion ist es noch nicht gelungen, dieses Dilemma zu lösen. Die Opfer, die sie ins Rennen schicken,
haben zwar unsagbar mehr an Schlechtem erfahren als andere Opfer, aber sind nicht mehr da. Es gibt verschiedene Mittel, mit diesem Dilemma umzugehen – z.B. die dauerhafte Präsentation der Opfer, so als lebten
sie noch heute –, aber keines kann es lösen. Die jüdischen Priester der Menschlichkeitsreligion stecken in einem weiteren, weniger gravierenden Dilemma: Einerseits lebt ihr religiöses Angebot vom Tod der Opfer
und ist dieses besonders attraktiv, weil dieser, zumal massenhafte und gänzliche (holo) Tod auf eine „singuläre“, besonders unmenschliche, nämlich industrielle Art und Weise stattfand.
Andererseits präsentieren die jüdischen Priester in ihrem Riten und Zeremonien Tag für Tag „Überlebende“. Diesen Widerspruch aber sind die Gläubigen bereit hinzunehmen; es spielt sich alles noch im Rahmen der
gängigen und nicht weiter hinterfragten Unglaubwürdigkeiten ab, die jede Religion aufweist. Außerdem liegen die Leidensgeschehnisse zeitlich nicht sehr weit zurück und pflanzt sich das Opfertum aufgrund der
psychischen Auswirkungen auf die Kinder der Opfer in die nächste Generation fort. Auch die Kinder der Leidenden müssen Leidende sein, auch an ihnen kann die Gütesehnsucht – der Traum, alles gut zu machen
– zu stillen versucht werden. Auch mit ihnen kann sich noch identifiziert werden, und so möchten heute im Westen Massen von Menschen gern Juden sein („Möchtegern-“, von Antisemiten auch als
„Hilfs-“ und „Ersatzjuden“ bezeichnet) oder bilden sich ein, welche zu sein oder träumen davon. Diese geben ihren Kindern – die es einmal besser haben und näher ans Heil herankommen sollen –
jüdische Vornamen; und zum Zeichen der buchstäblichen und sprichwörtlichen Wiedergutmachung bevorzugen sie hier vor allem den Vornamen, der den jüdischen weiblichen Menschen vereinheitlichend von den Nazis –
Inbegriff des Bösen – gegeben wurde („Sarah“).
Das Judentum, alles Jüdische, aber insbesondere die jüdischen Menschen sind derzeit das Heilige schlechthin. Es herrscht eine allgemeine Ehrfurcht vor ihnen. Von ihnen darf nur in einer bestimmten Wortwahl, besonders aber in einem bestimmten Tonfall,
nämlich einem solchen der Ehrfurcht, gesprochen werden. Man darf und soll sie „kritisieren“, denn das gehört zu einer erfolgreichen Diesseitsreligion. Aber diese „Kritik“ darf niemals frei, bedingungslos
und radikal sein, sie hat sich stets nach Vorgaben zu richten. Eine solche „Kritik“ bedeutet nicht, daß etwas in Frage gestellt wird. Das „Existenzrecht des Staates Israel“ darf niemals in Frage gestellt
werden; das ist eine Vorgabe. Die das tun, sind gänzlich ehrfurchtslose Schmuddelkinder. Dabei widerspricht dieses „Existenzrecht“ flagrant dem Humanismus selbst, gründet doch dieses Recht im besonderen
Interesse einer rassisch – und eben nicht, wie es korrekt wäre, spezistisch – definierten Gruppe von Menschen bzw. Lebewesen: die eine jüdische Mutter haben. Der Humanismus gilt für die anderen – die Gojim –, nicht für die Juden. Dem Humanismus gemäß müßte sich dieser Staat sofort auflösen, zumindest umbenennen und jegliche Unterscheidung der in ihm lebenden Menschen aufgeben; er müßte sich sofort von der Synagoge trennen. Entsprechend ist die Initiative von in Palästina lebenden Palästinensern, Juden, Moslems, Christen usw., die sich in der Gesellschaft für Einen demokratischen Staat in Palästina/Israel zusammengefunden haben, sehr zu begrüßen. (Siehe dazu das Gespräch mit Sami Aldeeb „Zwei Staaten oder einer?“ in der Stromzeitschrift Das kausale Nexusblatt Nr. 2, Februar 2004, und die nA-Flugblätter zur Palästina-Soli-Demo im April 2001 in Jena .)
Die jüdische Spielart des Humanismus, der Judismus, ist zwar sehr effizient und scheinbar zur Führung innerhalb der Menschlichkeitsreligionen bestimmt. Längst
schon docken sowohl andere Spielarten der Diesseits- oder Menschlichkeitsreligion als auch eine Jenseitsreligion wie das Christentum (das sich freilich momentan anpaßt und sich in eine Diesseitsreligion zu
verwandeln versucht) an. Außerdem verfügt sie über einen riesigen zeremoniellen und liturgischen Apparat. Aber es fehlt ihr eben an einem kleinen, aber entscheidenden Theologem: die Opferlebendigkeit. Der Erfolg
einer Diesseits- oder Menschlichkeitsreligion hängt notwendigerweise von der Existenz und der Präsentabilität heutiger menschlicher Leidender ab. Dieses Erfolgskriterium ist heute beim Judismus nicht mehr gegeben. Ganz im Gegenteil: Juden erscheinen heute in allen Medien als Menschen, die ausgesprochen lebendig und wohlhabend sind und sich des Lebens erfreuen. Michel Friedman führt ein Leben in Saus & Braus, besitzt kaum noch etwas von der doch so eminent wichtigen street credibility als Opfer. Derzeit ist er allerdings nicht ganz erfolglos dabei, seinen Hedonismus als Krankheit, als Opfertum zu verkaufen. Sämtliche russische Businessoligarchen – Michail Fridman & Co. – mit unsagbarem Vermögen z.B. sind Juden. Deren Großeltern litten auf unvorstellbare Weise (zum Ganztod – „Holocaust“ – des jüdischen Volkes haben sie freilich nicht beigetragen); ihnen selbst geht es unbeschreiblich gut; sie eignen sich weniger als Opfer, sozusagen überhaupt nicht. Deshalb wird die Menschlichkeitsreligion in ihrer jüdischen Spielart nicht beherrschend bleiben. Die jüdischen Hohepriester werden, um die drohende Niederlage abzuwenden, versucht sein, jüdische Menschen wieder schlecht und leidend aussehen zu lassen; mit Selbstmordattentaten gegen Juden erweisen ihnen Araber einen großen Dienst. Diese Attentate müßten von den Judenführern, die ernsthaft um die „jüdische Identität“ besorgt sind, selbst inszeniert werden, würden Araber diese nicht von sich aus begehen. Den Hardlinern in Tel Aviv ist klar, was sie mit ihren Panzer- und Bulldozereinsätzen provozieren.
Ein weiteres Dilemma der jüdisch-humanistischen Hohepriester liegt in der Publikation des Aufsatzes „Die Zahl der Opfer von Auschwitz – Neue
Erkenntnisse durch neue Archivfunde“ von Fritjof Meyer in der Zeitschrift Osteuropa (Heft 5/2002). Dieser Aufsatz wird auf dem Osteuropa-Netzort wie folgt zusammengefaßt: “Vier Millionen Opfer im
nationalsozialistischen Arbeits- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau zählte 1945 die sowjetische Untersuchungskommission, ein Produkt der Kriegspropaganda. Lagerkommandant Höß nannte unter Druck drei Millionen
und widerrief. Wieviele Menschen wirklich diesem singulären Massenmord zum Opfer fielen, ließ sich bislang nur schätzen. Der erste Holocaust-Historiker Gerald Reitlinger vermutete eine Million, der letzte
Forschungsstand bezifferte mehrere Hunderttausend weniger. Zwei neue Belege zur Kapazität der Krematorien bestätigen jetzt die vorhandenen Unterlagen über Einlieferungen ins Lager. Damit rückt die Dimension des
Zivilisationsbruchs endlich in den Bereich des Vorstellbaren [Hervorhebung von P.T.] und wird so erst zum überzeugenden Menetekel für die Nachgeborenen.” (Diese Zusammenfassung ist über “Bisherige Jahrgänge” in der Navigationsleiste zu erreichen).
In diesem Aufsatz wird ein judistisch-humanistisches Theologem, nämlich die Zahl von sechs Millionen jüdischen Opfern, stark angegriffen, und das
nicht etwa von einer Seite, deren Angriffe relativ leicht abzuwehren sind (nämlich die der revisionistischen Schmuddelkinder), sondern von der Schickeria selber: Zur Herausgeberschaft der Zeitschrift Osteuropa gehört
u.a. Rita Süßmuth, und der Autor Fritjof Meyer ist leitender langjähriger Redakteur beim Spiegel. Die Staatsanwaltschaften verschiedener Bundesländer, die bei solche Angriffen sofort auf den Plan treten
bzw. gerufen werden, vertreten bisher die Auffassung, der Artikel Fritjof Meyers verstoße nicht gegen das Tabu bzw. das entsprechende libertizide Gesetz (§ 130 StGB). Darin liegt eine der größten Schwächungen des
judistischen Humanismus, und Horst Mahler, der derzeit wohl vehementeste seiner Gegner, spricht nicht zu Unrecht von einem „Durchbruch“.
Die Energie wird dem judistischen Humanismus jedoch nahezu vollständig entzogen, indem Meyer – in intrasigenter aufklärerischer Manier – den Bereich des Unvorstellbaren verläßt und damit zur Vernichtung des Kerntheologems übergeht. Vorstellbare Opfer sind Opfer wie du und ich; sie genügen nicht für den Spitzenplatz im Kampf der Religionen.
(Siehe auch „Zur Kontroverse um Fritjof Meyers Artikel in Osteuropa“ in der Stromzeitschrift Das kausale Nexusblatt Nr.
2, Februar 2004, sowie auch die erste Ausgabe von Das kausale Nexusblatt, in der der gesamte Osteuropa-Aufsatz Meyers nachzulesen ist. Die Märzausgabe des kauselen Nexusblattes wird die Erwiderung Fritjof
Meyers auf die Rezension seines Artikel durch den Leiter des Auschwitz-Museums Franciszek Piper enhalten.)
Ob der Humanismus in einer anderen Spielart, also überhaupt beherrschend bleibt oder nicht im Kampf mit seiner ärgsten Rivalin, nämlich der
Wissenschaftsreligion, unterliegt, oder ob er sich mit dieser verbündet und vermischt, was, da beide Diesseitsreligionen sind, wahrscheinlich ist, darüber soll an anderer Stelle nachgedacht werden.
Auch judistischer Humanismus und Plutismus bilden eine Religionsvermischung: Das Bekenntnis der westlichen Eliten zum Judismus hat neben seelischen auch rein
materielle Gründe, ist also sowohl religiös als auch scheinreligiös. In den niederen Volksschichten verliert der Judismus rapide an Anhängerschaft. Doch die herrschenden Lakaien sind von ihm nach wie vor infiziert
und wollen weiter die Untergebenen mit ihm anstecken und diese verpesten.
Wenn Religion Beeinflussung und Orientierungsanweisung bzw. -hilfe ist, dann sollte ebenfalls darüber nachgedacht werden, ob ein Text wie dieser
hier etwas anderes sein kann als Religion, die möglicherweise auch noch ins Geschehen, in dem Kampf der Religionen eingreifen könnte. Das wäre die Religion des Primitivismus und des Egoismus, die dann aber keine
Religion mehr sein kann, weil sie jeden auf sich selbst als seinen eigenen Orientierer und Regulierer verweist. Nichtsdestotrotz könnte diese „Religion“ eine gewisse Kraft entfalten.
Wer heute ernsthaft Religionskritik üben, d.h. sich für die Selbstregulierung der Individuen und gegen die Schafhaftigkeit einsetzen will, kommt an gewissen
Dingen nicht vorbei, wie gefährlich es sein und wie unappetitlich man es empfinden mag. Das war aber zu allen Zeiten so, und die Helden von einst geben heute Schlafmützen ab. Mehr als fragwürdig erscheint es dann,
wenn selbsternannte „Ketzer“ wie die vom Ahriman-Verlag bzw. vom Bund gegen Anpassung, die ansonsten nicht zu den Gleichgeschalteten zählen, in donquichottesker Weise gegen das Christentum, das längst keine Macht mehr hat und in seiner Herrschaft von Humanismus und Judismus abgelöst ist, anrennen zu müssen glauben. Der Gipfel ist es gar, wenn diese „Ketzer“ sich in der neuesten Ausgabe ihrer Ketzerbriefe mit Elendsgestalten und Jammerlappen vom Schlage französischer sogenannter Freidenker verbünden, die vor den wirklichen Heiligtümern unserer Tage wie der orthodoxen und staatlich geschützten Geschichtsschreibung auf den Knien rutschen und die Pierre Guillaume in seinem Aufsatz „Die Freidenker und das freie Denken“ in ihrem „Denken“, das gar nicht unfreier sein kann, geradezu vorgeführt hat. Die hochtrabende, peinlich-theatralische Prätention von freiem Denken dieser Leute vom Verein, pardon, von der „Föderation der Freidenker“ und vom „Internationalen Verbindungskomitee der Atheisten und Freidenker“ hat Pierre Guillaume pulverisiert; die „Freidenker“ sind aus den Reihen der auch nur halbwegs frei denken könnenden Menschen, die es braucht, um den Sklavenhaltern einen Hauch von Widerstand entgegensetzen zu können, ausgeschieden. Die „Freidenker“ hatten sich u.a. nicht entblödet, einen „Versuch, die GESCHICHTE neu zu schreiben, aufs schärfste zu verurteilen“, woraufhin Guillaume schrieb: „Den Freidenkern ist die GESCHICHTE also ein für alle Male festgeschrieben. – In welcher Bibel soll
das denn stehen? (…) Die Freidenker sind zum Gespött geworden: bis hin zu den Prälaten der katholischen Kirche, die sich eins ins Fäustchen lachen werden in saecula saedulorum. Amen.“
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