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Nationalanarchismus

 letzte Aktualisierung: 30. Mai 2007

Nationalanarchismus

AUTO:  Nr. 9
Sonderbeilage Life Style Magazin
 

Die Vaterschaftslüge
Für Sinn, Matriarchat und Männeremanzipation

Teil 2 [Teil 1, Teil 3]

Die Tatsache, daß es zwei Geschlechter gibt, speist das unrealistische Paradigma der (um Kinder erweiterten) Mann-Frau-Beziehung (Familie) als die Urform der menschlichen Kleinstgemeinschaft. Eine wirtschaftliche Verpaarung aus sich unterscheidenden und ergänzenden Personen scheint in falscher Analogie zur sexuellen Verpaarung geradezu gott- oder naturgegeben zu sein und wird von allen theistischen und atheistischen Religionen auch als solche erklärt. Heute denkt jede und jeder: ein Mann und eine Frau, das gehört zusammen, das bildet, wie Faust und Auge, wie Topf und Deckel, eine Einheit, ein Ganzes aus zwei gleichwertigen Teilen. So sehr das auf sexuellem Gebiet richtig ist6 , so doch auf allen anderen Gebieten überhaupt nicht. Sexuelle Paarung ist natürlich und gut; eheliche, d.h. wirtschaftliche Paarung unnatürlich und schlecht. In der Annahme einer symmetrischen Gleichwertigkeit der Geschlechter liegt ein riesiger Trugschluß. Die Frau hat für Jungen und Mädchen, für Männer und Frauen, also allgemein einen größeren Wert; sie besitzt, aus dem einfachen Grunde, da der gesamte Nachwuchs aus ihr kommt und Teil von ihr ist und bleibt, die größere Anziehungs- und Ausstrahlungskraft. Schwanitz: „Es ist der Ursprung der Welt, aus dem auch die Männer einst hervorgegangen sind, um dann ihre Herkunft aus allem Weiblichen durch die künstliche Abgrenzung zu leugnen.“7  Das Weibliche ist das zuerst Dagewesene und Tiefste; oder warum haben Männer Brustwarzen? Die Männer sind minderwertig, sollten das einsehen, brauchen deswegen aber auch keine Komplexe haben.

Und daraus folgt auch nicht, daß der Mann irgendwie unglücklich zu sein habe. Er ist wie er ist, und er sollte auch nur so sein, wie er ist. Er sollte die untragbaren Belastungen abwerfen, sich von allem Rollenverhalten befreien. Dazu bedarf es einer tiefgreifenden Veränderung, einer Emanzipation des Mannes, die zur Abschaffung der Zivilisation führen wird. Dafür besteht dringender Handlungsbedarf. Dietrich Schwanitz scheint diesen offenbar nicht zu sehen. Er beschreibt in einem der besten Abschnitte seines Buches, „Väter sind keine männlichen Mütter“, zwar die Widernatürlichkeit, die totale Absurdität von „Vaterschaft“ auf vernichtende Art und Weise u.a. so: „Weil in der alten Gesellschaft die Vaterschaft mit der Mutterschaft parallelisiert wurde, haben wir vergessen, daß das künstlich geschah, und glauben, sie habe dieselbe Grundlage wie die Mutterschaft: die natürliche, spontane, instinktive Liebe zu dem neugeborenen Kind. Wir halten den Vater für eine Art männliche Mutter. Weil die Mutter die Liebe zu ihrem Kind als so natürlich und fraglos erlebt, unterstellt sie das auch dem Vater. Und da er weiß, daß das von ihm erwartet wird, heuchelt er die Vaterliebe so wie seine Frau den Orgasmus.“8  Aber welche Konsequenzen zieht er daraus? „Die Vaterschaft begründet das Patriarchat“, schreibt er, doch dann: „aber sie zivilisiert auch die Männer.“9  Aha, Vaterschaft ist Quatsch, aber dafür werden wir zivilisiert. Leider verrät Schwanitz uns an keiner Stelle seines Buches, was wir uns dafür kaufen können und warum wir überhaupt den Vater spielen sollen. Vaterschaft – im Gegensatz zu Männlichkeit – ist die Zivilisation, beides ist also Quatsch. Schwanitz hört nicht auf, völlig richtig Mann und Zivilisation als unvereinbar zu beschreiben – „der Mann paßt nicht in die Zivilisation. Sie ist einfach nicht sein Biotop“ – und erzählt dann auf Hunderten von Seiten, wie sich die armen Kerle damit abmühen, als zivilisiert zu erscheinen, kommt aber nie auf die entscheidende Frage: Warum dieses Theater, diese Verstellerei? Oder sieht er etwa ernsthaft den Lohn darin, die Sexualität der Frau kontrollieren, sich als Herr aufspielen, seinen Namen weitergeben, sein Nachleben sichern zu dürfen? Davon sollen wir etwas haben? Dafür lassen wir uns, wie er immer wieder schreibt, „zähmen“? Was ist denn nun das Gute an der Zivilisation, für die wir uns widernatürlich verhalten? Dieses unser Verhalten ist die Zivilisation. Schwanitz geht offenbar von einer geheimnisvollen Notwendigkeit der Zivilisiertheit aus. Wahrscheinlich ist er selber Vater. Deshalb auch der witzige Stil. Dazu passen würde ja eine andere seiner Publikationen: „Bildung. Alles, was man wissen muß“… Man muß gebildet, man muß zivilisiert sein. Warum? Schwanitz verrät es uns nicht.

Wer das alles für eine „ganz spezielle Wahrheit“, eine „konstruierte Philosophie“, die mich „davor behütet, je eine Entscheidung zu treffen, zu der [ich] stehen müßte“ oder eine „unhaltbare Scheiße“ hält, die ich mir in irgendeinem „verschissenen Schmarotzerwinkel meines Gehirns ausgedacht“ habe, dem möchte ich noch einige weitere Ergebnisse der „Besichtigung einer Spezies“ von Schwanitz, der keiner besonderen Sympathien für Matriarchat und Primitivität verdächtig ist, präsentieren. Er gibt der Rolle des Vaters wirklich gar keine Chance und schreibt, wer allein ein Interesse an ihr hat. Im Zusammenhang mit der erlangten „vollen Souveränität“ der Frau fragt er: „Was soll da noch der Vater? Nun, die Frau weiß, was er soll: Er soll mithelfen, das Kind großzuziehen. (…) Sie wundert sich, daß er es an der richtigen Begeisterung fehlen läßt, (…) sich in vielen Fällen direkt drückt oder gar ganz Reißaus nimmt. Sie kann sich das nicht erklären. (…) Er ist ein kaltherziges Monster und eine große Enttäuschung. (…) Bei ihm war die biologische Uhr schon bei der Geburt abgelaufen. (…) Langsam wuchs in ihm der Verdacht, daß sie ihn ausgenutzt hatte. Er war als Erzeuger und Ernährer (…) willkommen, aber nur insoweit er diese Funktion erfüllte. Sie hatte ihn in den Dienst ihres Mutterinstinktes gestellt. (…) Im Grunde hatte er einen Widerwillen gegen das ganze Szenario. Aber das darf er nicht zeigen, denn die Rolle der Väter (…) wird allein aus dem moralisch-korrekten Gefühl der Väterlichkeit gerechtfertigt. Das kann aber nur während einer gewissen Übergangszeit funktionieren. Denn wir erleben gerade eine der tiefgreifendsten sozialen Revolution, die es je gegeben hat: die Auflösung der Familie, wie wir sie bisher kannten. (…) Die Frauen haben in dieser Lage getan, was man immer tut, wenn man eine Erwartung durchhalten muß, die unrealistisch ist: sie haben die gefühlsmäßig begründete Vaterschaft zur Norm erhoben.“10 

Von der Revolution scheint Schwanitz dann doch nicht überzeugt zu sein; es müsse „nach der Auflösung der Familie wieder, wie am Anfang unserer Zivilisation, ein Anreiz dafür gefunden werden, daß Männer die Väter spielen“11 . Ist Schwanitz am Ende gar für die Einsicht, daß Frauen eigentlich gar keine Ehemänner und Familienväter brauchen, nicht intelligent genug, weil zu gebildet? Er kann es, trotz besseren Wissens, einfach nicht lassen mit Vaterschaft und Zivilisation. Man darf gespannt sein, worin dieser Anreiz diesmal bestehen soll. Der einzige Anreiz bestünde in starken, stabilen, selbstbewußten und selbstständigen Frauen.

Seitenweise beschreibt er eindringlich, wie perfide übel den Jungen bei der Abrichtung, der „Zähmung“ nicht zu Männern, wie Schwanitz meint, sondern zu Ehemännern und Vätern mitgespielt wird. Schwanitzens Beschreibung der „Zähmung“ und ihrem katastrophalen Ergebnis, der totalen seelischen Verwirrung und Verzweiflung, ist beeindruckend. Auch der Prozeß der Ablösung von der Mutter sei, so Schwanitz, viel komplizierter als bei der Tochter, weil der Sohn andersgeschlechtlich ist. Die Mädchen „werden, während sie selbständig werden und heranwachsen, der Mutter immer ähnlicher“12 . Sicher unterschätzt Schwanitz die Zerstörung der Frauen in der Zivilisation, aber es ist wahr, wenn er schreibt, daß der Mann in der Zivilisation mehr entfremdet ist als die Frau: „Der Mann ist künstlich, die Frau ist natürlich. Als Frau wird man geboren, zum Mann wird man gemacht. Weiblich ist frau, ohne etwas dazu tun zu müssen. Der Mann entsteht erst durch einen gesellschaftlich organisierten Übergangsritus. Der Knabe wird einem Härtetest unterzogen. Dabei werden die Knaben aus der Gesellschaft entfernt und in die Wildnis geschickt. Hier verlieren sie ihre bisherige Identität.“13  Das heißt, die Jungen werden kaputt und irre gemacht und vernichtet: „Er wird gewissermaßen mit dem Nichts konfrontiert, weil er selbst nichts mehr ist.“14  Der Mann leidet doppelt unter der Zivilisation. Es wird Zeit, damit Schluß zu machen. Es ist unbegreiflich, wie Schwanitz nach allem, das er ziemlich richtig beschreibt, bei seinem humoristischen Stil bleiben kann, anstatt zur Devolution zu blasen. Nein, er phantasiert lieber von einer „Form der Väterlichkeit, die mit der männlichen Identität übereinstimmt“15 , zu der es „der Breitschultrige“ bereits gebracht hätte, und nimmt damit alles Gesagte zurück.

Einmal abgehärtet, „zum Mann gemacht“, d.h. gezähmt, „empfindet er ein merkwürdiges Überlegenheitsgefühl gegenüber all denen, die diesen Härtetest nicht mitgemacht haben.“ Hier ist er noch der unsympathische, auf dem hohen Roß sitzende zukünftige Patriarch, doch dann: „Aber dieses Gefühl bezahlt er mit einer Angst, die ihn fortan nie wieder verläßt: der Angst, daß sich sein neues männliches Ich als zerbrechlich erweisen könnte. (…) Es wäre ein Fall ins Bodenlose, und es würde von intensiven Gefühlen der Beschämung und der Panik begleitet.“ 16  In der midlife crisis glauben die Männer noch einmal ihren Ansprüchen an sich oder irgendwelchen irrsinnigen Erwartungen gerecht werden zu müssen und „mobilisieren ihre letzten Reserven für einen letzten, verzweifelten Anlauf, bevor sie endgültig zusammenbrechen und sich mit dem Gefühl geschlagen geben: der Mann, der sie hatten sein sollen, waren sie nie und werden sie nie sein. Dann sind sie bereit zu sterben.“17 

Männer, steigt lieber gleich vom Roß ab! Warum sagt das Schwanitz nicht selbst?, ein Mann, der so einfühlsam die Mutter-Kind-Beziehung beschreiben kann: „Sie ist die Welt selbst. Sie bildet den Raum, in dem allein das Kind leben kann. Nur wenn sich das Baby von ihr gesehen weiß, fühlt es sich wohl. Die Mutter wird als die Luft zum Atmen erlebt, als die Sonne, die den Raum mit Licht ausfüllt, und als die Form der Anwesenheit selbst. Sie ist deshalb ohne Konturen. Sie ist wie der Raum selbst grenzenlos. Ihre Abwesenheit wird deshalb als lebensbedrohender Kälteschock erfahren und als Verwandlung der Welt. (…) Niemals mehr verliert die Mutter den privilegierten Status, für das Kind die Welt bedeutet zu haben. Und die Erinnerung an sie wird zum Unbewußten, das all diese Erfahrungen aufbewahrt.“18  Aber nichts, so Schwanitz, „erlaubt zu Rückschlüssen auf die Existenz eines ursprünglichen Matriarchats“19 , nein, absolut nichts!

Ergebnis der Abrichtung und Schwanitzens Fazit: Nur der Mann werde zivilisiert, kultiviert. „Deshalb wird in allen Kulturen Weiblichkeit mit Natur assoziiert und Männlichkeit mit Kultur. Mit anderen Worten: Nur Männlichkeit ist ein kulturelle Fiktion.“20  „Der Mann hat eine fragile Identität. Sein Selbstgefühl ist zerbrechlich. Die Rolle des Mannes ist eine Fiktion (…)“21 

Männer, hört auf zu kämpfen, befreit euch! Werft die Kultur endlich ab, macht es den Frauen gleich und werdet natürlich! Seid Fakten statt Fiktionen!

***

Wie sehr widernatürlich, absurd, chaotisch, unlogisch, endlos kompliziert und doch gleichzeitig supereinfach zu lösen das Modell „Familie“ ist, zeigt sich jeden Tag in den sog. Mittagsshows im Fernsehen, in denen die entscheidenden Dinge verhandelt werden, weswegen sich diese Sendungen großer Popularität erfreuen. Das Dauerthema in diesen Shows ist die Familie, die Mann-Frau-Beziehung mit geborenen oder ungeborenen Kindern. Man kann zu jedem x-beliebigen Zeitpunkt eine dieser Shows einschalten und stößt sofort immer wieder auf das gleiche Problem: Warum ist der Mann kein guter Vater? Was müssen wir tun, daß wieder alles gut wird, daß unsere Familie wieder funktioniert? Muß unsere Liebebeziehung daran scheitern, daß mein Freund kein guter Vater ist?

Selbstverständlich treten die Moderatoren immer als Moralapostel und Status-quo-Bewahrer auf. An den Institutionen Ehe und Familie darf nicht gerüttelt werden; es sind Heiligtümer, ohne die auszukommen nicht dran zu denken ist. Nehmen wir irgendeinen Fall, also den von der gestrigen Show der Psychotherapeutin Barbara Kalwass auf Sat1: Zu Gast sind eine Frau und ein Mann. Sie sind Eheleute, seit mehr als zehn Jahren verheiratet. Sie hat die Initiative ergriffen, eine Therapeutin aufzusuchen. Sie flippt sofort aus: „Er ist nicht mehr der Vater, der er einmal war!“ Der Sohn ist an Leukämie erkrankt. War der Mann früher der Mustergatte, so wendete sich sein Verhalten genau in dem Moment ins Gegenteil, als der kleine Junge an Leukämie erkrankte. Der Mann zog sich vor dem Kleinen völlig zurück, wurde ihm gegenüber eiskalt, und alles das in dem Moment, wo der Kleine das größte Bedürfnis nach Zuwendung hatte, wo es um Leben und Tod für ihn ging. Der Konflikt gipfelte darin, daß der Mann sich nicht einmal für eine Rückenmarkstransplantation, also zur Rettung des Kindes zur Verfügung stellten wollte. Das Ausflippen der Mutter also mehr als verständlich. Was war geschehen?

Zunächst druckste der Mann endlos lange herum. Er hatte riesige, panikartiger Angst davor, mit der Wahrheit herauszurücken und zu sagen, warum er sich so verhalte. Als er von Frau und Therapeutin an den Rand des Abgrundes gedrängt wird (sie konfrontierten und provozieren ihn mit seiner „Lieblosigkeit“), gibt er zu, etwas zu verbergen; er könne es aber nicht aussprechen, weil es sonst beider Herzen zerreißen würde. Schließlich willigt er ein, die Wahrheit der Therapeutin allein zu sagen. In den Therapieraum (Fernsehstudio) zurückgekehrt, rückt er dann doch der Frau gegenüber mit der Sprache heraus: Er hatte den Jungen sehr geliebt und wollte selbstverständlich unbedingt von seinem Rückenmark abgeben. Bei der Voruntersuchung jedoch erfuhr er, daß er nicht der „Vater“ des Kindes sei. Eine Welt brach zusammen, aber er konnte nicht darüber sprechen, alles blieb in ihm vergraben, weil die ausgelösten Gefühle einfach zu katastrophal waren. Sein Verhalten wurde davon aber natürlich bestimmt. Die eben noch ausflippende Frau wird schlagartig ruhig, aber es fällt auf, daß sie nicht zusammenbricht, daß sie das Verhalten des Mannes nicht versteht. Sie erkennt an, daß sie „fremdgegangen“ ist, weil das jahrelange Eheleben sie frustriert hat, sie gibt diesen „Fehler“ zu, aber, und das vermittelt sie glaubwürdig, sie liebe ihn, habe ihn immer geliebt.

Was waren seine katastrophalen Gefühle, die durch das Wissen der „wirklichen Vaterschaft“ ausgelöst worden waren? Es waren mehrere Gefühle gleichzeitig, die ihn auseinanderzureißen drohten. Er fühlte sich abgrundtief verarscht und betrogen, und das in einem Ausmaß, das er es kaum fassen konnte. Das hängt mit einem anderen Gefühl, nämlich das der tiefen Liebe zu seiner Frau zusammen: wenn er sie nicht so geliebt hätte, wäre er einfach nur gegangen. Er mußte fort von ihr, gleichzeitig konnte er das nicht, weil er sie so sehr liebt.

Die Frau räumt reumütig und schuldbewußt ihren „Fehler“ ein. Das ist ihre Konzession an die Falschheit und die Moral. Das ist aber auch alles. Aus ihr spricht das Selbstbewußtsein einer gesunden Frau, die echte Gefühle hat und also auch Mitgefühl für den „betrogenen“, besser gesagt: verletzten Mann; ihr geäußertes Mitgefühl kommt vom Herzen, es hat nichts mit Moral und Unterwerfung zu tun. Sie ist sich im Grunde keines Fehlers und keiner Schuld bewußt. Als sie diese ihre echten und schönen Gefühle nicht verbergen kann, wird sie von der Therapeutin unvermittelt angeherrscht: Wie könne sie es jetzt wagen, über einen solchen Fehler so leicht hinwegzugehen?! Wenn Ehe und Familie nach einem solchen Fehler überhaupt noch zu retten seien, dann müsse sie jetzt schweigen.

Die Therapeutin tut genau das Falsche, sie wird zur Verhinderin der Liebe und klarer, stabiler, liebevoller Strukturen. Und warum? Weil auch sie es nicht anders kennt. Weil sie Angst hat, daß, wenn sie Ehe und Familie nicht rettet, die Welt untergeht. Die Welt geht tatsächlich unter, aber es ist nur die Welt von Ehe und Familie. Daß dann eine ganz andere Welt sichtbar wird und wie eine Sonne aufgeht, eine viel echtere und liebevollere Welt, davon hat sie keine Ahnung. Jetzt muß sie mit häßlichem Gesicht die Künderin dieser neuen Welt anherrschen und unterdrücken. Wieder einmal wird eine Frau zum Herren, diesmal über eine andere Frau. Furchtbar, wie sie ihre Geschlechtsgenossin, also auch sich selber, ausliefert und im Stich läßt.

Unsere ansonsten selbstbewußte Frau läßt sich anherrschen, sie geht – symbolisch – auf die Knie, sackt in sich zusammen, verliert ihr Selbstbewußtsein. Sie weiß es nicht anders, sie wird zum Opfer von Ehe, Familie und moralischer Umwelt. Jetzt trifft das Patriarchat ausnahmsweise mal eine Frau. Sie sieht ein: Natürlich ist die Ehe und die Familie nicht zu retten, wenn ich jetzt weiter meine klaren, einfachen und schönen Gefühle zeige: die der Liebe. Was bedeutet denn dieser „Seitensprung“? – Nichts! Was bedeutet, welche „Gene“ in mich eingedrungen sind? – Nichts, nichts und wieder nichts! Ich liebe ihn und will mit ihm zusammen sein! Und er, hat er nicht Gefühle für das Kind gehabt? Wieso sind jetzt diese Gefühle nicht mehr da? Wieso zeigt er sie grade jetzt nicht mehr, wo das Kind sie braucht? Warum kann die Liebe gerade jetzt nicht fließen und die Welt verzaubern und das Kind im Handumdrehen retten? Sie hat recht und nochmals recht: nur das ist, was von Bedeutung ist: die Liebe.

Die Ehe geht kaputt, wenn sie jetzt so sprechen würde, weil es bedeuten würde, daß so etwas noch einmal passieren kann, weil die Ehe ja langweilig ist. Aber das heißt doch nicht, daß die Liebe der beiden füreinander kaputt geht, im Gegenteil, alles wird wieder lebendig und geil; nur die Ehe geht kaputt. 

Er wiederum hat natürlich Gefühle für das Kind, echte Gefühle, und die resultieren – das ist ja jetzt bewiesen – nicht daraus, daß er der „wirkliche Vater“ des Kindes ist, sie resultieren einfach aus ihm selbst, aus dem Kind und aus dem Zusammenleben und der Kommunikation zwischen beiden. Aber in ihm gibt es auch andere Gefühle, nämlich Ressentiments: Haß, Wut und Verachtung, billiges Freiheitsstreben, Rebellentum. Nicht alle seine Gefühle der Liebe und nicht all seine Fürsorglichkeit waren echt. Vieles resultierte aus der Moral: Du sollst ein guter Vater sein! Er hat sich aufgeopfert, ist zum Liebdiener, Fotzenknecht und Kindergärtner mutiert. Für die Übernahme dieser Rolle verachtet er sich, und so entsteht Groll, Wut und Haß. Diesen Haß hat er schon immer in sich getragen, aber jetzt wird er bewußt, drängt er ins Bewußtsein, wird er Wahrheit. Der Haß kann aber nicht heraus, weil er nicht nur seine Frau wirklich liebt, sondern weil er sie neurotisch „liebt“, d.h. mit ihr die kosmische Liebe und Verbundenheit erleben will, die er als Kind mit seiner Mutter nie kennengelernt hat, nach der er sich aber immer noch sehnt. Und für das Kind empfand er auch nicht nur Liebe. Wenn er sich für das Kind aufopferte, so nicht nur aus Liebe, sondern aus irgendwelchen billigen Egogründen wie „die Dynastie fortsetzen“. Außerdem hat er mit der Liebdienerei auch die Frau beeindrucken wollen: auf diese Weise erhofft er sich, von ihr „geliebt“ zu werden.  So neutralisieren sich all seine Gefühle gegenseitig, und er stammelt hilflos etwas von „ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll, ich brauche Zeit…“ Er will nicht begreifen, daß seine Ehe und Familie zerstört ist. Er will nicht einsehen, daß Ehe und Familie sowieso von vornherein zerstört sind, weil sie selbst die Zerstörung des Natürlichen und der Liebe sind. Ehe und Familie sind die Zerstörung, sie können gar nicht zerstört werden. Etwas, was es nicht gibt, kann auch nicht vernichtet werden. Er begreift aber auch noch nicht, daß es tatsächlich etwas anderes gibt: wirkliche Liebe, Liebe, die aus dem Herzen und dem Körper kommt. Der Mann hat den Mut nicht, alle sein Gefühle nacheinander einfach so wie sie sind und die ganze Wahrheit nach und nach anzunehmen, sein Herz zu öffnen. Er hat Angst vor dem Verlust, der dann droht. Aber diesen Verlust, den hat er längst schon erlitten: damals. Den kann er nicht noch einmal erleiden, den kann er jetzt nur zu Ende fühlen, weil er ihn damals nicht fühlen durfte, weil er bei der Einsicht, daß ihm die benötigte kosmische Mutterliebe nicht gegeben wird, gestorben wäre. Heute ist es nur noch ein Gefühl, keine Realität mehr; er würde nicht mehr sterben, auch wenn er Todesangst hat.

Diese im Paradigma des Patriarchats ausweglose, nur unter Verzicht, Opfer und Selbst- und Liebesaufgabe zu bewältigende Situation ist innerhalb des matriarchalen Paradigmas kinderleicht zu lösen. Je schwieriger das Problem, desto einfacher die Lösung. Es ginge folgendermaßen: Sowohl die Frau, als auch der Mann gehen ihren Gefühlen nach und leben in ihrer Wahrheit. Er zeigt wieder seine Liebe zu seinem Kind, seinem Sohn oder wie immer man dieses Kind bezeichnen mag; die Bezeichnung ist nebensächlich. Aber er macht sich nicht mehr zum Heinzen, zum Idioten, zum Dauerdiener usw. Nicht etwa, weil der Junge nicht sein Sohn ist, sondern weil er es ganz einfach keine Lust hat, den Deppen zu spielen. Und die Frau erfreut sich ihrer Liebe, sowohl zum Kind als auch zum Mann, zum Vater – Bezeichnungen sind unerheblich. In diesem Fall aber muß es eigentlich doch „Mann“ heißen, denn sie liebt ja den Mann, nicht den Vater, den sie höchstens achten und schätzen kann. Wenn Sie den Vater „liebt“, gut und vorbildlich findet, dann hat sie ein kleines Problem, das aber auch leicht zu lösen ist: Sie muß sich damit abfinden, daß der Mann nicht mehr der Vater im schlechten Sinne ist: der Dauerdiener, die männliche Mutter, der Versorger, Anschaffer usw. Jetzt muß sie sich möglicherweise von woanders diese Unterstützung holen, bei ihrer Mutter, bei Freunden usw. Vielleicht aber reicht ihr auch, was an spontaner, aus Liebe geborener Unterstützung seitens des Mannes noch kommt. Das Falsche, Unechte, Gespielte jedenfalls fällt weg. Nur noch die Liebe und die wahren Gefühle bleiben übrig. Wenn Sie ihren Mann wirklich liebt (und nicht nur den Besorger in ihm „liebt“), wird sie ihn auch weiter lieben. Das gleiche gilt für den Mann: Wenn es für ihn so sehr wichtig war, ein „eigenes“ Kind zu haben, seine „Gene weiterzugeben“ und er dafür die Frau mißbraucht hat, dann hat die Beziehung, weil lieblos, keine Chance mehr. Wenn er sich aber nicht so sehr „betrogen“, sondern verletzt fühlt und diese Verletzung fühlt und zeigt und damit – zusammen mit der Frau – heilt, dann heißt das, daß er sie wirklich liebt und weiterhin ihre Nähe suchen wird, egal, ob sie ein Kind hat oder nicht und von wem dieses Kind biologisch betrachtet stammt. Diese Fragen sind dann völlig unerheblich. Die Frage der biologischen Vaterschaft, überhaupt der Vaterschaft, stellt sich nicht, es sei denn, mit Vaterschaft ist eine spontane Liebe gemeint, die daraus erwächst, daß ein Kind bei der vom Mann geliebten Frau lebt und das – einfach so, weil es da ist – auch Liebe abkriegt. Moral und aus Egoismus gespeiste Erwartung haben mit Liebe nichts zu tun. Liebe ist, wie jedes Gefühl, immer spontan und erwächst aus dem Körper, nicht aus einem Kopf, in dem abstruse Ideen wie „Vaterschaft“ und „Familie“ herumgeistern.

Nur noch in den täglichen Tiersendungen wird das Ausmaß an Falschheit, die in den TV-Mittagsshows kultiviert wird, erreicht. Dort wird bis zur Vergasung behauptet, Tiere würden ihre „Gene“ weitergeben wollen und daß sich bei Kämpfen zwischen männlichen Tieren zeige, wer sich „fortpflanzen“ dürfe. Diesen Schwachsinn muß man sich einmal vorstellen: Da „pflanzt“ sich ein Mann „fort“! Die einzigen Männchen in der ganzen Lebenswelt, die so etwas denken und veranstalten, sind die menschlichen Männchen, und dieses Wort trifft sehr gut auf diese Kandidaten zu. Im gesamten Rest der Lebenswelt geht es darum, wer mit den Frauen (das sind dann aber auch keine „Weibchen“) ficken darf. So einfach ist das. „Männchen“ und „Weibchen“ gibt es nur bei den Menschen. Bei den richtigen Lebewesen, den Tieren, gibt es nur Frauen und Männer. Es sagt wieder alles über die Dummheit, die Frechheit und die absurde Arroganz der Menschen („Krone der Schöpfung“) aus, wenn sie die Tiere verniedlichen. Doch dazu mehr demnächst im Artikel „Biorevisionismus“.

Angesichts des in der Lebenswelt singulären riesigen Zwiespaltes zwischen Natur und Kultur bei den Menschen ist es überhaupt nicht verwunderlich, daß Vaterschaft und Familie auf allen Fernsehkanälen mit einem Millionenpublikum Dauerthema ist: Die Nöte und das Gefühlschaos sind nicht zu deckeln, und Priester müssen diese Nöte beschwichtigen, Scheinordnungen herstellen und die Schafe bei der Stange des familiären Paradigmas halten. Die Schafe – besser gesagt: die Menschen („Mensch“ sollte Schimpfwort sein, nicht „Schaf“) – brauchen es jeden Tag, daß man ihnen sagt, daß sie nicht den Notausgang nehmen und das absurde Theater nicht verlassen sollen.

Die meisten Menschen können sich eine liebevolle Welt nicht vorstellen, weil sie nie Liebe erfahren haben. Sie kennen nur Familie und Ehe. Für sie ist Sicherheit, Rettung vor dem Tod, alles. Lieblosigkeit und Todesnähe sind identisch. Sie glauben sich in Ehe und Familie retten zu müssen und nehmen sich damit die Chance, je wirklich Liebe zu fühlen. Die Liebe kümmert sich nicht um Ordnungen, die Liebe bildet selbst ihre Ordnung. Die meisten Frauen leiden unter der Wahnvorstellung, die Beziehung zwischen Mann und Frau müsse so und so aussehen, so und so geordnet sein. Das kommt daher, daß sie wegen der schutzbedürftigen Kinder besonders viel Sicherheit brauchen, die in einer sippenlosen Gesellschaft nicht anders zu haben ist als in der Familie. Dann schanzen sie den Männer als Lohn eine höchst zweifelhafte Macht zu, ernennen sie zu „Familienoberhäuptern“ und geben ihren eigenen Namen auf. Frauen hören gern und finden es süß, wenn ihre Männer von der „Stammhalterschaft“ fantasieren: Jetzt haben sie sie. All das wird aber nie genug sein, um zu verbergen, daß aus reinen Sicherheitsgründen aufgebaute Ordnungen langweilig, lieblos und daher instabil und illusionär sind.

Nicht immer sind die Fernsehretter von Ehe und Familie, die wirklichen Herren des Patriarchats Frauen. Es gibt auch Männer unter diesen Herrschern. Und zwar sind sämtliche männlichen Moderatoren in diesen Shows ebenfalls Moralapostel, Hohepriester und Hüter des Patriarchats. Und das macht sie so besonders unsympathisch. Wie Männer, das Geschlecht, das am meisten unter den patriarchalen Verhältnisse zu leiden hat, gerade diese Verhältnisse nicht nur verteidigen, sondern sie sogar offensiv durchpeitschen, indem sie jede alternative Regung abschmettern, übergehen, ihr das Wort und die Luft nehmen, diesen Regungen und den Männern den Raum nehmen, das ist schon arg entwürdigend, absurd und empörend. An allererster Stelle steht hier ein gewisser Oliver Geißen, der durch unschlagbar intelligente wie verwirrende Sprüche auffällt wie: „Wenn du Manns genug bist, fünft Minuten in der Frau deinen Spaß zu haben, mußt du jetzt Manns genug sein, ein guter Vater zu sein.“ Diese Moderatoren führen ihre eigenen Geschlechtsgenossen auf die Schlachtbank. Ein gewisser Franklin läßt auf SAT1 Vaterschaftstests wie am Fließband machen und fordert die Männer auf, gemäß der wixenschaftlichen Analyseergebnisse nun gefälligst Gefühle zu haben. Nicht daß ich diesen Moderatoren jetzt Kameradenschweinerei vorwerfen würde. Es ist eher so, daß ich diese Typen verachte, weil sie sich selbst verraten, weil sie sich selbst gegenüber feige Schweine sind. In jedem der Männer, den sie öffentlich rund machen, weil er nicht der brave Ehemann und Vater sein oder sonst eine vorgeschriebene Rolle spielen will, machen sie sich selbst fertig. Solche Typen wie Oliver Geißen, die haben keine Spur von Natürlichkeit, Echtheit und Aufrichtigkeit mehr an sich, die haben sich längst schon gründlichst verraten und aufgegeben; mich würde nicht wundern, Oliver Geißen eines Tages auch vor einem Holocaust-Mahnmal auf den Knien herumrutschen zu sehen. Ich kann hier mit keinem Beispiel aus einer seiner Shows aufwarten, weil mir diese Auftritte unerträglich und zu widerlich sind; es ist zu viel der Unterwerfung. Wie man sich selbst so mit Lust, Eifer, Selbstgewißheit und Dünkel unterwerfen kann, das treibt mich in den Wahnsinn. Wahrscheinlich habe ich das noch vor mir, diese absolute Auslieferung und das entsprechende Gewimmere… Denn wenn ich so eine Angst davor habe, das mitzuerleben, dann weil ich irgendwo in mir auch so bin: der totale Unterwürfling, der um Liebe bettelt und fleht. Wenn Sie sich für dieses Thema interessieren, sollten Sie aber auch hier unbedingt – auf dem Sender Pro7 – einmal reinschauen, egal, an welchem Tag, es geht immer darum. Einen Ausspruch Geißens allerdings habe ich mir notiert und will ihn hier als Leckerbissen zum besten geben: Am 21.11.03 sprach er, an seinen Gast gewandt, der bei allem Widerstand der „Vaterschaft“ überführt worden war, um 13.10 Uhr auf RTL: „Ich erwarte von dir, daß du ein Mann bist, daß du dich um das Kind kümmerst, finanziell und überhaupt und daß du das Kind liebst.“ Der Mann sackte in sich zusammen und schwor Besserung.

An dieser Stelle ein weiteres, im Fernsehen gezeigtes Beispiel für das falsche Miteinander von Mann und Frau: Eine Frau kommt mit ihrem Mann in die Sendung der Psychotherapeutin Barbara Kalwass und drängt darauf, er möge endlich zugeben, daß er ein Verhältnis mit einem minderjährigen Mädchen hat. Er solle das nicht länger abstreiten, sie habe Beweise. Nach etlichem qualvollen Hin und Her bricht er zusammen und gesteht, eine Tochter zu haben, mit der er Kontakt hat. Diese sei nach einem Seitensprung entstanden, der keinerlei weitere Bedeutung habe; er liebe nur seine Frau. Für die Frau bricht nun eine Welt zusammen, zumal sie sich seit langem – vergebens – ein Kind wünscht. Aber sie ist gleichzeitig sehr erleichtert: erstens, weil endlich die Ungewißheit weg ist, zweitens, daß er kein Pädophiler ist, und drittens liebt er sie. Was sie jetzt noch bedrückt, ist dieser lächerliche Punkt, daß er einen Seitensprung hatte und daß daraus ein Kind entstanden ist. Nun hat der Mann Gefühle für das Mädchen entwickelt, warum auch immer, sie sind da. Die Frau, obwohl erleichtert, „weiß nicht mehr, wie es weitergehen“ soll. Ich auch nicht. Das patriarchalische Chaos ist da. Aus diesem Chaos heraus weisen nur die Gefühle, egal, welche Formen des Miteinanders auch entstehen mögen.

Ein unermeßlicher Streß folgt im Patriarchat aus dieser einzigen, winzigen, nichtssagenden Tatsache, daß ein Mann mit einer Frau gefickt hat. Nichtssagend ist diese Tatsache durchaus nicht: Sie sagt etwas darüber aus, daß zwei Menschen Spaß miteinander gehabt haben oder gar über sicher hergefallen sind. Nicht damit gesagt ist damit, daß sie dabei an irgendeine Art ökonomischer Zusammenarbeit in neun Monaten gedacht haben; nur in dieser Hinsicht war der Fick eine nichtssagende Tatsache. Nun werden die Vertreter von Ehe und Familie sagen, einer muß sich doch neben der Mutter um das Kind kümmern, muß die Mutter unterstützen, und das ist der Vater, der für die Entstehung des Kindes verantwortlich ist, wie nichtssagend der Sexualakt in dieser Hinsicht auch war und in welcher Beziehung über das Sexuelle hinaus der Mann zu der Mutter auch immer steht. Eine gewisse Logik liegt zugegebenermaßen darin, auch eine Notwendigkeit. Aber dies nur im Rahmen von Ehe und Familie. Alles, was ich sage, ist, daß es auch einen anderen Rahmen, ein anderes Paradigma gibt, in dem eine andere Logik herrscht, eine, in der dem Sexuellen keine Bedeutung zugezwungen wird, die es einfach und tatsächlich nicht hat. Innerhalb des Sippen-Paradigmas ist Sex Sex, nichts anderes. Und Wirtschaft ist Wirtschaft. Alles ist ehrlich und entspricht der Natürlichkeit. Hier fällt auch für die Frau der unermeßliche Streß weg, sich einen geeigneten Vater für ihre Kinder suchen zu müssen und aufpassen müssen, mit wem sie schläft (es sei denn, sie schadet sich mit Pillen). Sie kann ganz natürlich sein und sich nur nach ihrem Appetit richten. Das kann sie im Patriarchat auch, so lange sie verhütet. Aber sowie sie ein Kind haben will, muß sie ihre Spontaneität aufgeben, muß sie einen Mann nehmen und fest an sich binden, der ihr am meisten vatertauglich erscheint. Dann kann, sollte, muß aber nicht der Attraktivste, derjenige sein, bei dem es ihr im Bauch kribbelt. Aber selbst wenn dieser sich bereit erklärt, den Vater zu machen, weil er die Frau liebt, heißt das noch lange nicht, daß er das überhaupt kann. Er liebt zwar die Frau – ja, das weiß er genau –, aber die Liebe kann und wird in dem Moment nachlassen, wo ein ganz anderer Lebensstil Einzug hält, einer, der ganz von Mutterschaft geprägt ist. Hier fängt der Streß für den Mann an, ganz egal, wie sehr er seine Frau geliebt hat und immer noch liebt.

All dieser Streß – der Streß der Männerauswahl, die Gefühlsentzweiung und -verzweiflung, wenn der Geliebte als mangelhafter Vater erkannt wird und sich nach einem tauglicheren umgesehen werden muß usw. und der Streß des Mannes, in etwas hineinzugeraten, wohin er nie wollte –, all diesen Streß gibt es im Matriarchat nicht. Und was ist der Preis für die Fahrt des Mannes in diese streßfreie Zone? – Ein ganz geringer: Er muß nur jene lächerliche Idee der „Stammhalterschaft“ aufgeben. Aber nicht einmal das muß er, er kann ja weiter am Stamm teilnehmen und weiter in Verbindung mit den Ahnen stehen, wenn er nämlich endlich einsieht, daß der Stamm die Menschen sind, die aus einer Mutter kommen. Diese Abstammung sieht und fühlt man, die ist offensichtlich und sinnvoll: Ein Kind schlüpft aus der Mutter, stammt von ihr ab, nicht von irgendeinem Samenspender. Für diese Reise ins Matriarchat zahlt der Mann also keinen Preis, sondern er gewinnt nur: die Freiheit. Verlieren tut er eine Idee, eine Einbildung und die Kette.

Was gewinnt und verliert die Frau? Keine Ahnung, ihre Entscheidung.

Die Frauen können einem aber auch wirklich leid tun. Sie müssen, seit auch sie aus dem matriarchalen Paradies ausgestoßen sind, einen festen und verläßlichen Partner finden, der sich mit um die Kinder kümmert; sie müssen zu diesen Familienterroristinnen werden. Alleine schaffen sie es nicht. Warum aber lassen sich die Männer terrorisieren? Die Zivilisierten behaupten, über eine gewisse Intelligenz zu verfügen und daß diese sie vor dem Rest der Lebewesen auf der Erde auszeichne. Angesichts des eklatanten Widersinns und des nicht Affen-, sondern Menschentheaters, das sie sich um den Nachweis der „Vaterschaft“ leisten, angesichts des Anrennens gegen die Natur, das an Absurdität gar nicht mehr zu überbieten ist, muß der Begriff „Intelligenz“ nicht nur einer gründlichen Revision unterzogen werden, sondern es bleibt nichts anderes übrig als klar zu erkennen, was „Intelligenz“ bedeutet: abgrundtiefe, geradezu unsagbare Dummheit. Die zivilisierten Menschen verfügen über eine ungeheure und wundersame sekundäre Intelligenz – Sonden in benachbarte Sonnensysteme und in verkalkte Arterien zu schicken –, zeichnen sich aber durch eine vollständige Abwesenheit von primärer Intelligenz aus: Sie können das vor den Augen Liegende nicht erkennen und hören einfach nicht auf zu rauchen, zu fressen, zu saufen und sich selbst zu zerstören und ihre Arterien zu verkalken. Warum? Weil sie rauchen usw., um ihre Gefühle nicht zu fühlen. Und mit diesen Gefühlen kämen die wirklichen Einsichten und Erkenntnisse – die primäre Intelligenz – darüber, worum es im Leben wirklich geht und was die wirklichen Bedürfnisse sind. Statt die Gefühle zuzulassen, anzunehmen und sich von ihnen bereichern, erfüllen und das Wissen um die eigentlichen Dinge freilegen zu lassen, hört der Zivilisierte zu rauchen auf – um einer anderen Sucht zu verfallen (fressen, Sport treiben usw.), um anderswo zu versuchen, wie er seinem Unbehagen entkommen kann. Auf den einfachsten Gedanken zu kommen, gerade im Gefühl des Unbehagens den Einstieg in die Welt des Fühlens und damit Erkennens der wirklichen Bedürfnisse zu sehen, darauf kommt der superintelligente Zivilisierte nicht. Dazu ist er und sein Gehirn bereits zu degeneriert, dazu ist sein eigentliches, nämlich sein Stammhirn (das er als tierisch und primitiv abtut) von einem riesigen, wuchernden Großhirn (auf das er stolz ist) überlagert und erstickt.

Das Stammhirn sagt (wenn es sprechen könnte): Mir doch egal, ob beim Ficken Kinder entstehen; eine solche Frage stellt sich mir nicht. Aber das Großhirn will sich sofort wieder wichtig machen und meldet sich: Oh ja, ich muß „die Verantwortung übernehmen“.

Den größten Mangel an primärer Intelligenz weisen die Trottel auf, die ihre Frauen bei Popkonzerten auf den Schultern tragen und diese ekstatisch ihren Idolen von ihren Schultern aus zujubeln lassen: mit dem Joch im Nacken. Eine reinere Form der Fotzenknechtschaft gibt es nicht. Von dort oben aus schreit die Frau dem Popstar inbrünstig zu: „Fick mich! Fick mich!“ Diese Männer würden ihre Frauen tatsächlich dem Popstar – er bräuchte nur ein kleines Zeichen dazu geben – vor die Füße legen, und sicher haben das einige von ihnen auch schon getan. Am nächsten Morgen würde die Frau etwas von „wahrer Liebe“ und „großen Verständnis“ erzählen und davon, daß er ja dafür im Gegensatz zu Robbie Williams oder Anthony Kiedis an ihrem Heiligsten, nämlich ihrem Kind, dienen dürfe und sie ihn – im Gegensatz zu Robbie Williams – wirklich liebe. Unser Fotzenknecht wäre im siebten Himmel.

Bei der Frau sagt das Stammhirn, ihre eigentliche Intelligenz: Ich finde den Popstar Eminem oder Robbie Williams oder Eddie Vedder geil, mit dem will ich ficken und Spaß haben, der ist wild, lebendig und ekstatisch. Kein Gedanke an „Aufzucht der Brut“, „Fortpflanzung“ usw.: Es gibt nur Faszination und Geilheit; die nackte Wahrheit hat das Wort. Dann meldet sich – weil sie ja in unnatürlichen Verhältnissen lebt – ihr Großhirn. Zuerst idealisiert sie noch den Popstar: „Und wie der dazu noch seine kleine Tochter liebt Ach ist der nicht nur geil, sondern auch noch süß! Dann aber kriegt das Ideal den ersten Sprung: Die Frau erfährt, daß der Popstar sich mehr um sich selbst, seine Karriere und seinen Spaß kümmert und doch nicht so ausgiebig um seine Tochter. Dadurch wird der Mann an ihrer Seite vor dem Fernseher plötzlich aufgewertet: Der ist zwar ungeil und – um’s genau zu sagen – der volle Langweiler. Er ist nicht nur halbtot, sondern er ist auch noch verblödet, ihm fehlt die primäre Intelligenz: Er ist bereit, einen sich aufopfernden Vater für eine Frau zu spielen, die von anderen Männern träumt. Die Frau verdrängt ihre primäre Intelligenz und scheint die Lösung gefunden zu haben: Die soll darin bestehen, daß man sich und das Kind vom Langweiler an seiner Seite versorgen läßt und gleichzeitig seine tiefen und wahren Bedürfnisse nach Ekstase wenigstens ersatzweise in Träumen und Sehnsüchten hat: abends vor dem Fernseher oder im Kopf, wenn beim Sex mit dem Langweiler vom Popstar oder einem anderen lebendigen Mann fantasiert wird. Es ist aber keine Lösung, weil Fiktionen nie Fakten ersetzen können, weil die Frau nie zufrieden sein wird. Sie wird erst dann zufrieden sein, wenn sie eine spontane, vom Herzen kommende wirtschaftliche und brutpflegerische Sicherheit in der Sippe haben wird, von der aus sie ihren sexuellen Bedürfnissen, ihre wahre Natur ungezügelt nachgehen und diese wirklich befriedigen kann.

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Anmerkungen

 6 Schwanitz hält „die Beziehung der Geschlechter in diesem Punkt ebenfalls für asymmetrisch. Das symbolisch wertvollere Territorium ist immer noch der Körper der Frauen. (…) In der Symbolik des erotischen Szenarios ist der Körper der Frau dramatisch viel bedeutender, daß der Zugang zu ihm sehr viel mehr zählt als der zum Körper des Mannes. (…) So wird auch die weibliche Erotik stärker am eigenen Körper erlebt als am anderen. Das Terrain der sexuellen Begegnung ist für beide der Körper der Frau.“, ebenda S. 240 – 250)
 7 ebenda S. 257
 8 ebenda S. 54
 9 ebenda S. 53
 10 ebenda S. 59
 11 ebenda S. 57
 12 ebenda S. 84
 13 ebenda S. 75/76
 14 ebenda S. 76
 15 ebenda S. 59
 16 ebenda S. 78
 17 ebenda S. 91
 18 ebenda S. 81
 19 ebenda S. 35
 20 ebenda S. 77
 21 ebenda S. 86
 

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