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AUTO: -CHTHON & -NOM Nr. 23, März 2006 Rettet Amerika! – Übersicht –
Peter Töpfer
Brief an Ernst Zündel ins Mannheimer Gefängnis
Ernst Zündel JVA Mannheim Herzogenrieder Str. 111 68169 Mannheim
Lieber Ernst Zündel!
Vielen Dank für Deinen Brief vom 7. Februar 2006 „betreffs: ideale Staatsform und Verfassung“ aus dem Mannheimer Gefängnis. Einige kleine, aber auch gewichtigere Mißverständnisse liegen vor, aber das kann ja auch gar nicht anders sein, da wir uns nicht persönlich kennen und auch noch nie miteinander korrespondiert haben.
Die „zwei jungen Männer, die ein Schild
hoch halten vor dem Brandenburger Tor“ sind nicht Bernhard Heldt und ich, sondern es sind Detlef Nolde und ich.
Bernhard Heldt und ich hatten seinerzeit das Komitee „Freiheit für Horst Mahler, Reinhold Oberlercher und Uwe Meenen!“ gegründet, und Du hattest uns am 15.7.04 aus dem Gefängnis in Toronto einen Brief geschrieben1, nachdem Dir Ingrid ab und zu
unsere Berichte über den Mahler-Prozeß ins Gefängnis nach Toronto geschickt hatte.
Nun zu den wichtigeren Mißverständnissen:
Ich begrüße außerordentlich den Tenor Deines Briefes. Du rennst bei mir mit ihm geradezu offene Türen ein. Mir hättest Du das nicht sagen brauchen. Du hast
zwar einige meiner Berichte über den Mahler-Prozeß gelesen, aus denen klar hervorgeht, daß ich nicht zu jenen antiliberalen deutschen Patrioten gehöre, denen Du mich offenbar zuordnest, aber bei den vielen
Informationen und Briefen, die Dich im Gefängnis erreichen, kann die Entstehung eines solchen Mißverständnisses auch nicht verwundern.
Ich möchte Dir einen Ausschnitt aus einem Brief von mir an Ingrid zeigen. Nachdem mir Ingrid geschrieben hatte: „Sie scheinen auf der Feindesseite zu sein“, antwortete ich ihr:
„Was die ‚Feindesseite’ anbelangt, so empfinde ich weder Sie noch Ernst Zündel als meine Feinde. Natürlich gibt es hier und da Differenzen, aber ich
sehe mich, was den Kampf um die Meinungsfreiheit angeht, ganz bestimmt mit Ihnen in einem Lager. Ich verfolge ja Ernst Zündels Aktivitäten schon seit Jahren und muß sagen, daß er mir weltanschaulich näher steht
als so manch einer seiner deutschen Sympathisanten. (Ich bin kein Nationalsozialist, ich bin Anarchist.) Ich denke, er ist einigermaßen amerikanisiert im positiven Sinne des Wortes (freedom of speech etc.), auch wenn man ja inzwischen sagen muß, daß die Amerikaner keine wirklichen Amerikaner in diesem Sinne mehr sind, Ernst Zündel also amerikanischer als die Amerikaner ist. Auch viele andere Dinge, die vielleicht nicht so sehr ins Bild des Holokaust-Revisionisten passen, sind mir sympathisch, also Dinge wie gesunde Lebensweise usw. Er ist ja vor Jahren eine Zeitlang in seinen Rundbriefen mehr in diese Richtung gegangen.“2
Aus diesen Zeilen wirst Du sehen, daß ich nicht der richtige Adressat Deines an sich so richtigen und wichtigen Briefes bin. Ich werde Deinen Brief in der
Hoffnung ins Internet stellen, daß er andere erreicht, denen, wie ich meine, das, was Du schreibst, tatsächlich gesagt werden muß.
Leider, lieber Ernst, muß ich Dich dafür kritisieren, daß Du es in der Vergangenheit versäumt hast, das, was Du in Deinem Brief an Bernhard und mich schreibst,
einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen – etwa in den Germania-Rundbriefen. Ich habe Dich schon immer als liberal empfunden und konnte es nie verstehen, wie Du es zulassen konntest, mit autoritären
Nationalsozialisten und anderen Antiliberalen in Zusammenhang gebracht zu werden, ja wie Du einer solchen fatalen Vermischung sogar selbst noch Vorschub geleistet hast, indem Du Dich manchmal einer gewissen Sprache
bedient hast. Das entsprach nicht – ich glaube, mein Empfinden hat mich nicht getrogen – Deinem Naturell, und insofern kann und muß man das als einen Fehler von Dir ansehen.
Aber um so mehr freue ich mich über Deinen Brief, der Dein wahres Naturell zeigt, und hoffe, daß er dazu beiträgt – und deswegen veröffentliche ich ihn
–, das falsche Bild, was in der Öffentlichkeit über Dich herrscht und von unseren Feinden liebend gern weiter verbreitet wird, der Wahrheit gemäß zu korrigieren.
An jener „Debatte um ideale Staatsform und Verfassung“ habe ich mich – im Unterschied zu Bernhard Heldt – nie beteiligt. Ich habe statt
dessen immer darauf verwiesen, daß die Freiheitlichkeit einer Gesellschaft nicht von staatsrechtlichen Überlegungen und Konstruktionen abhängt, sondern vom Charakter und von der inneren psychischen
Verfassung der Menschen. Die innere Gelöstheit und Gelassenheit der Einzelnen ist die Grundlage einer freiheitlichen Grundordnung. Und insofern stimme ich Dir voll und ganz zu, wenn Du schreibst: „Nicht was auf dem Papier zu lesen ist, ist das Entscheidende – sondern die Realität ist, was wichtig ist.“
Alkohol- bzw. Religionsjunkies wie Bush oder Tablettenjunkies, wie John F. Kennedy einer war, ständig von innerer Unruhe getrieben; sie können gar keine
Ahnung davon haben, was Freiheit ist.
Als Bernhard und andere jene Debatte führten, habe ich lediglich aus der Ferne den Aufsatz „Die geordnete Anarchie als philosophisches Leitbild des freiheitlichen
Rechtsstaats“ von Ulrich Klug beigesteuert3 und es ansonsten mit Andreas Röhler und Christian Worch gehalten, die beide zu sagen pflegen, das Grundgesetz der BRD sei durchaus wertvoll und richtig, nur sollte man es endlich einmal praktisch zur Anwendung bringen.
Darüber hinaus habe ich, als mich Bernhard zur Teilnahme an jener Debatte drängte, darauf verwiesen, daß es primär die psychische und physische Verfassung der
Einzelnen ist, um die es geht, nicht um die Verfassung im juristischen Sinne. Diese kann zwar durchaus auch von Nutzen sein, aber sie ist etwas Sekundäres, und außerdem bin ich auf diesem Gebiet alles andere als ein
Experte. Diese Überlegungen sind sogar von Hanne Pfiz-Soderstrom ins
Schwäbische, Deine Muttersprache, übersetzt worden, und ich lege sie diesem Brief für Dich bei.4
So sehr ich Dich verstehe und Dir beipflichte, daß Du die Schriften der amerikanischen Verfassungsväter lobst und sie als vorbildlich hinstellst, wollen wir
nicht vergessen, daß wir an Theorie genug Gutes in Deutschland haben (der genannte Aufsatz von Ulrich Klug z.B., und Du knüpfst ja auch an die freiheitliche, 1848er Tradition in Deutschland an) – allein, das
scheint nicht zu reichen! Und wieder stimme ich Dir lebhaft zu, wenn Du auf die Praxis verweist. Es kommt eben nicht auf die Theorie an! Davon ist mehr als genug da. Es kommt auf die Tat an!
Wer wüßte das nicht besser als Du; deswegen wundere ich mich nur ein wenig darüber, daß Du Dich nun doch an der „schmerzhaften Debatte“ beteiligst und
uns zum Studium in die Bibliotheken schickst. Probieren geht über studieren – Du bist ja ein Freund deutscher Redensarten… Wir wollen doch endlich einmal in Deutschland probieren, wie das mit der
Freiheit so ist!
Denn wie gut jede, auch amerikanische, Theorie ist – daß die Praxis oft ganz anders aussieht, wer wenn nicht Du hat das an seiner eigenen
Haut in nordamerikanischen Gefängnissen erleiden müssen? Ich verstehe Dich sehr gut, wenn Du schreibst, daß wir in Deutschland „im Vergleich zu Amerika doch arme Tröpfe sind“, aber gerade in Amerika gehen doch
derzeit die Werte des Westens am rapidesten über Bord. Daraus entsteht eine völlig neue Situation: Amerika droht – nach 230 Jahren – wegzubrechen und zu versagen. Wir müssen jetzt zu ganz neuen Lösungen kommen. Und wieder bist Du es, der das aus eigener Praxis am besten weiß – im wahrsten Sinne des Wortes.
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Amerika ist einer der Hauptschauplätze, wo der Kampf um die Freiheit heute ausgefochten wird. Und deswegen muß sich unsere Energie gegen den Obrigkeitsstaat
auf deutschem Boden, aber vor allem auch gegen den neuen Faschismus in Amerika richten, denn die deutschen Obertanen sind letztlich nichts anderes als Marionetten der unamerikanischen Kräfte in Amerika. (Dir ist
sicher nicht die antideutsche Kampagne entgangen, die z.Zt. in den Medien tobt, bei der Rache genommen wird für die Unbotmäßigkeit von Schröder und Co. anläßlich des Irakkrieges: diese Untertanen waren nicht
untertänig genug, und süffisant grinst Bush in die Kamera, wenn ihm eine nun vollends rückgratlose Gestalt „unter Freunden mutig die Meinung sagt“…)
Doch zurück zu Deinem Brief: Du schreibst: „Liberalismus oder ‚nationale Anarchie’ – jedes mal, wenn ich diese zwei Worte zusammen lese, schaudert
es mich leicht. Leute – mit solchen Worten verschreckt ihr alle.“
Ich trage durchaus nicht nur Schilder mit Schlagwörtern herum. Mir geht es um Inhalte und Taten. Aber ich bin nun mal Anarchist, das kann – und, nicht
nur der Ehrlichkeit halber, sollte – ich manchmal auch sagen. Sollte das „verschrecken“, dann täte es mir leid – ich bin selbst sehr schreckhaft! Aber in diesem Zusammenhang muß ich noch einmal auf
meine Kritik an Dir von oben zurückkommen:
Ich bin tatsächlich der Meinung, daß Du einen Fehler begangen hast, als Du Rücksicht auf Deine – in der Mehrheit sicherlich mehr oder weniger
nationalsozialistisch orientierten – Leser und Unterstützer und deren mögliche Schreckhaftigkeit genommen hast. Natürlich bist Du ein Patriot, und zu sehen, wie die Kriegsgewinnler die unterlegenen Deutschen
behandeln, erfüllt Dich mit heiligem Zorn und läßt Dein Gerechtigkeitsempfinden explodieren. Ich kann das nachempfinden. Aber gleichzeitig bist Du ein glühender und echter Liberaler; das war mir schon immer, nicht
erst seit Deinem Brief vom 7. Februar 2006, klar.
Du schreibst: „Ich hoffe, Ihr seid mir nicht böse für meine offenen Worte zu diesem Thema.“ Mir als Anarchisten konnten Deine Worte gar nicht offen genug
sein! Und auch ich muß Dir offene Worte der Kritik sagen, auch wenn es mir weh tut, jemanden zu kritisieren, der in einer Gefängniszelle sitzt. Aber ich muß Dir, lieber Ernst, den Vorwurf machen, daß Du, als Du in
der Vergangenheit Dein liberales Naturell nicht genügend zum Ausdruck brachtest, unserer Sache – der liberalen und nationalen Sache – Schaden zugefügt hast.
Du hast sicher manche Deiner Anhänger nicht „erschreckt“, aber dafür hast Du – wenn wir schon über Taktik reden – leider andere verschreckt,
die sich bei gewissen Anklängen an den Nationalsozialismus verständlicherweise und zu recht von Dir und uns abwenden mußten.
Es geht mir aber nicht um Taktik, sondern um Authentizität. Aber ein Nebeneffekt von Authentizität wäre, daß wir mit ihr auch mehr Menschen ansprechen und bewegen.
Bis jetzt sind wir nur wie kleine Insekten, die sie zermalmen und nach Belieben in die Gefängnisse stecken können. Wir brauchen mehr Menschen, und diese haben recht, wenn sie von Totalitärem abgestoßen
werden!
Je authentischer, desto mehr Bewegung – und zwar in die richtige, in unsere Richtung, die der Emanzipation, in die freiheitliche und nationale Richtung.
Bei meiner Kritik möchte ich aber keineswegs alle Nationalsozialisten über einen Kamm scheren. Es gibt sehr wohl Libertäre unter ihnen, und die libertäre
Spielart des NS ist – wenn mich nicht alles trügt – im Kommen.
So, das wollte ich Dir antworten. Auch ich wünsche Dir alles Gute! Am 8. April werden wir wieder für Dich, Germar, all die anderen und uns auf die Straße gehen.
Beste Grüße!
Peter Töpfer
1 http://adk.nationalanarchismus.de/Komitee/zuendel-brief/zuendel-brief.html 2
http://adk.nationalanarchismus.de/Komitee/zuendel-brief/zuendel-brief.html 3 Und zwar unter dem Titel „Die Anarchie als Verfassung des 4. Reiches“,
http://adk.nationalanarchismus.de/adk-theorie/Anarchie/anarchie.html Ulrich Klugs Aufsatz ist zuerst in der Zeitschrift Neues Forum XIII/154, Wien 1966, und dann in: Ulrich Klug, „Rechts- und staatsphilosophische Analysen und Positionen“ (Bd. 1 von „Skeptische Rechtsphilosophie und humanes Strafrecht“), Berlin, Heidelberg, New York 1981, erschienen. 4 D’s Volg ond sai „Virfassong“, Volk & Verfassung / germanisch, deutsch & anti-deutsch, http://adk.nationalanarchismus.de/adk-theorie/Verfassung/verfassung.html
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