Nationalanarchismus

nA

 ~ Startseite ~

~ Bücher ~

 AUTO:
-CHTHON & -NOM
nA-Stromzeitschrift
Nr.
1 - 5  6 - 8 9 10 
11 12 13 14 15 16 
17 18 19 20 21 22
23 24 25 26 27
28 (Teheran)
 
Abo
some about AUTO in English

~ Freiheit für
     
Germar Rudolf! ~

  ~ Freiheit für Ernst
Zündel!
~

~ eine Art Manifest ~

~ Erklärung zu Organi-
sation und Doktrin
~

~ Nationalanarchismus
international
und  etwas zu seiner Geschichte
~
français / español /

~ alle Texte im Überblick ~

 ~ Verweise/Links ~

~ nA-Kontakt /
 
Impressum ~

~ Fotos ~

~ Videos ~

 ~ adk mit komittee freiheit für Horst Mahler ~

~ Schluß mit der Desinformation gegen Peter Töpfer!
Eine Aktion der Nationalen Antifa Berlin
~

~ Peter Töpfer,
privat und aktuell
~
 

Nationalanarchismus

 letzte Aktualisierung: 30. Mai 2007

AUTO:  -CHTHON & -NOM
Nr. 26, Mai 2006
Kampf
zurück zum Leitartikel

 


Detlef Nolde

Brief an Ernst Zündel vom 14. Februar 2006

Ernst Zündel
JVA Mannheim
Herzogenrieder Str. 111
68169 Mannheim


Werter Herr Zündel!

Vielen Dank für Ihren Brief vom 2. Februar 06, den ich Ihrem Wunsch entsprechend ablichte und zu Ihrer Frau schicke.

Ich hoffe, Ihnen geht es den Umständen entsprechend gut. Von dem Hin und Her mit ihren Anwälten habe ich ein wenig in den Medien erfahren. Es ist ein unwürdiges Spiel, was hier mit Ihnen getrieben wird, so wird man den Opfern der NS-Massenmorde nicht gerecht, meine ich.

    „Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit des Andersdenkenden. Nicht wegen des Fanatismus der ‚Gerechtigkeit’, sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die ‚Freiheit’ zum Privilegium wird.“ Rosa Luxemburg (1870-1919)

Meiner Familie geht es gut, danke der Nachfrage. Das ist für mich auch das Wichtigste, nicht „ideologische Flügelkämpfe und Haarspaltereien“ oder „Erbsenzählerei und Aufrechnung, und Hochrechnung, sowie Instrumentalisierung gewisser Themen“, wie Sie bemerkten. Wiewohl es natürlich gut sein kann, daß dieser Eindruck nach Außen hin entstanden sein mag, in welcher Hinsicht auch immer.

Sie erwähnten den „Ausweg“, den ich fand, „heraus aus dem Minenfeld der Emotionen, Gefühle, Bindungen“. Nun ja, mir blieb letztlich nichts anderes übrig, nachdem ich einmal diesen Entschluß gefaßt hatte. Es hat auch einige Jahre gedauert, bis ich alles halbwegs (neu) geordnet hatte, denn zulange und fest hatte ich mich „verbissen“, wie ein „hungriger Hund in einen Knochen“, war auch emotional bei der Sache, als daß ich einfach so hätte Schluß machen können, einen anderen Weg gehen.

Für diejenigen, die im „alten Trott“ weitermachen, wie Sie schrieben, bin ich der böse „Verräter“, nur kümmert mich das nicht, da ihre „Ehre“ nicht mehr die meine ist, ihre Wertbegriffe für mich Unwertbegriffe (geworden) sind.

Und wenn diese Leute demnächst in Mannheim oder sonstwo dafür demonstrieren, daß Sie und andere inhaftierte Revisionisten frei gelassen werden, dann ist das Motto und die Forderung sicherlich richtig. Aber kann eine Demonstration glaubhaft sich für solch ein hehres Ziel einsetzen, deren Redner samt und sonders Nazis sind, deren Teilnehmer in ihrer überwiegenden Zahl ebensolche? Leute also, die ein bestialisches Regime verherrlichen, welches sämtliche bürgerliche Rechte und Freiheiten mit Füßen getreten hat? Leute, die gemeinhin an diesem „Dritten Reich“ lediglich kritisieren, daß es nicht härter gegen „Regimegegner“ vorgegangen ist, nicht noch mehr gemordet hat?

Nein, solch eine Kundgebung wird von den falschen Kräften abgehalten, jenen, die den Revisionismus und den falschen Umgang des Staates mit diesem Thema lediglich mißbrauchen, auch das Unrecht, was an Ihnen geschieht, um die Hitlertyrannei reinzuwaschen, sich selbst mit der Sache der Revisionisten gemein zu machen und als Opfergruppe zu gerieren.

Das ist der Grund, warum ich zu solch einer Demonstration nicht hingehen kann, nicht als Antifaschist, nicht als Linker, nicht als Demokrat und Freund der Freiheit, nicht mit Menschen, die jede Freiheit für Andersdenkende (usw.) sofort abschaffen würden, die es tatsächlich gar nicht berührt, daß Freiheitsrechte ausgehebelt werden und Unschuldige im Knast sitzen. Regelrecht übel würde mir werden, müßte ich mit diesen Heuchlern für Ihre Freiheit demonstrieren. Ich bin auch der Meinung, daß das Ihrem Anliegen nicht gerecht wird, Ihnen nur schadet.

Wenn sie das anders sehen, kann ich das natürlich verstehen, nach dem Motto „Hauptsache, es wird überhaupt auf die Sache aufmerksam“ gemacht, und nicht danach fragen, wer warum das tut, ob der dazu die historische, moralische und politische Berechtigung mitbringt.

Als nächstes könnten sie entgegnen, solle man (also ich) doch selber so etwas aufziehen. Und hier ist wieder das Problem, daß sich jene, die für Ihre Freiheit (und die anderer Revisionisten) und die Abschaffung der Gesinnungsjustiz engagieren müßten, Liberale, Menschenrechtsaktivisten, Antifaschisten, Linke, Intellektuelle, Wissenschaftler, Historiker, nichts tun, man also alleine auf weiter Flur steht, mit seinen beschränkten Mitteln noch dazu. Aber, mit Faschisten gegen Faschisierungstendenzen zu demonstrieren, kommt bei mir trotzdem nicht in Frage, wiewohl ich respektiere, wenn andere das anders sehen.

    „Du bist anderer Meinung als ich und ich werde dein Recht dazu bis in den Tod verteidigen.“ (Voltaire)

Ich habe gerade ein Buch geschenkt bekommen, was mich in meiner antifaschistischen Haltung nur noch bestärkt hat: „Der lautlose Aufstand – Bericht über die Widerstandsbewegung des deutschen Volkes 1933-1945, nach den Originalberichten zahlreicher Widerstandsgruppen, nach den Forschungsergebnissen der Organisationen, nach den Ermittlungen amtlicher Stellen, nach umfangreichem Briefmaterial, nach Akten des Volkgerichtshofes, nach Abschriften aus Gestapodokumenten“, Herausgegeben von Günther Weisenborn, Rowohlt 1962.

Wer immer noch der faschistischen Lüge glaubt, wonach das deutsche Volk „geschlossen hinter dem Führer“ stand, wer immer noch davon ausgeht, daß die Hitlertyrannei eine Art „Volksdiktatur“ und der deutsche Widerstand „unbedeutend“ gewesen sei, der sollte dieses Buch lesen. Natürlich auch jene, die meinen, der Nazismus hätte als eine „nationale Bewegung“ dagestanden, welche im Interesse des deutschen Volkes gewirkt hätte. Antifaschismus, die konsequente Abgrenzung vom Hitlerfaschismus und jenen Reaktionären, die sich in dessen Umfeld bewegen, ist, so meine ich, eine zutiefst humanistische und letztlich patriotische Verpflichtung für jeden Deutschen.

Es ehrt mich, daß Sie mir Ihre Beweggründe dafür mitteilen, warum sie einst vorgezogen haben, Ihr Land zu verlassen, anstatt möglicherweise gezwungen zu sein, den Wehrdienst anzutreten. Sehr nachvollziehbar haben Sie das geschrieben, und wer wollte dafür kein Verständnis, ja sogar Bewunderung aufbringen. Jede „abfällige Bemerkung“ darüber können Sie wohl getrost mit Nichtachtung strafen. Oder darauf eingehen und fragen, ob es denn zu verurteilen ist, wenn ein junger Mann wie Sie damals es ernst genommen hat, wenn offiziell erklärt wurde, daß der Militarismus eine schlechte Sache sei. Aber, wahrscheinlich ist dann immer nur die Armee und Gesellschaft des politischen Gegners „militaristisch“, nicht etwa die eigene.

Dagegen erscheinen mir jedenfalls die Beweggründe, die ich damals in der DDR hatte, den Wehrdienst „total“ zu verweigern, als niedere, was letztlich auch der Fall ist. Mich hat einst mit diesem Staat nichts verbunden, ich wollte keine 18 Monate für diesen meinen „Dienst“ verrichten. Nach „Drüben“ richtete sich mein Sinn, mich der „NS-Bewegung“ anschließen, was ich ja dann nach Inhaftierung (wg. Widerstand gegen die Staatsgewalt) und Mauerfall letztlich (1990) auch tat, bis zu meinem endgültigen „Ausstieg“ 1997.

Ihrer Entscheidung, im Angesicht der Folgen des Krieges das schwere Los auf sich zu nehmen, auszuwandern, bringe ich also hohen Respekt entgegen. Ebenfalls Ihrem späteren Engagement in Sachen Geschichtsrevisionismus, obwohl ich darin alles andere als ein Experte bin und mir, das sage ich dazu, Ihr damaliges Angebot an politischen Schriften natürlich alles andere als zusagt dann, wenn es sich um das „Dritte Reich“ drehte, was ich einst als „führertreuer Nationalsozialist“ natürlich anders sah. Das paßte so gar nicht zu der in Ihren „Germania-Rundbriefen“ offenbar gewordenen humanistischen und liberalen Haltung. Das ist mir damals schon aufgefallen, dieser (scheinbare?) Widerspruch.

Aber darum geht es mir nicht, sondern, daß ich es für eine Selbstverständlichkeit halte, daß man Fragen zum Thema „Holocaust“ straffrei stellen dürfen muß und letztlich auch Zweifel an offiziellen Darstellungen diesbezüglich, egal, was derjenige, der das tut, sonst noch für Ansichten vertritt.

Die Berliner Zeitung brachte vor zwei Jahren den Mut auf, gleichlautende Ansichten zu publizieren:

    Deutscher Denkmalschutz

    von Christian Bommarius

    Vor zehn Jahren stellte der Bundestag explizit die so genannte Auschwitz-Lüge unter Strafe: „Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 220a Abs. 1 bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.“

    Das Verbot der Auschwitz-Lüge ist bizarr. Die vermeintlich bekämpfte Diskriminierung der Juden wird auf subtile Weise weiterbetrieben - in seiner Heimat vor antisemitischen Anwürfen geschützt werden zu müssen ist nicht weniger demütigend als die Anwürfe selbst. Aus diesem Grund hat sich der damalige Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Hendrik van Dam, vor Jahren gegen die Absicht verwahrt, ausgerechnet in Deutschland einen „strafrechtlichen Naturpark“ für Juden anzulegen.

    Geschützt wird durch das Verbot der so genannten Auschwitz-Lüge vielmehr ein Rechtsgut, das in der Rechtsgeschichte demokratischer Staaten bis dahin aus guten Gründen unbekannt war: das staatlich verfügte Geschichtsbild.

    Der Wahrheit des Holocaust ist nicht gedient, wenn sie im Strafgesetzbuch steht und nicht in den Köpfen der Bürger. Es dient ihr nicht, wenn sie geglaubt werden muss, nicht weil sie unwiderleglich, sondern weil sie befohlen ist. Die Staaten sind es, die Geschichte schreiben, aber wenn sich die Staaten der Geschichtsschreibung bemächtigen, das Geschichtsbild nicht der Gesellschaft überlassen, sondern nach Fertigstellung im Strafgesetzbuch dekretieren, dann ist damit nichts über diese historische Wahrheit, aber alles über diese Staaten gesagt.
    (http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2004/0427/politik/0015/index.html)

Herr Zündel, ich wünsche Ihnen noch alles Gute und hoffe, daß sie bald wieder gesund in Freiheit sein werden.

Detlef Nold und Peter Töpfer vor dem Brandenburger Tor in Berlin

 Detlef Nolde und Peter Töpfer vor dem Brandenburger Tor in Berlin


Mit freundlichen Grüßen

Detlef Nolde

    „Es ist klar, daß jeder, der einen Menschen, seinen Bruder, wegen dessen abweichender Meinung verfolgt, eine erbärmliche Kreatur ist.“ (Voltaire)

www.detlefnolde.de.vu
www.sozialistisches-forum.de.vu
www.deutsche-kommunisten.de.vu

 

 

Ernst Zündel

Brief an Detlef Nolde vom 15. März 2006

Mein lieber Herr Nolde!

Heute Nachmittag kam Ihr Brief vom 14.2.06 bei mir auf der Zelle an… […] Aber nun zu Ihrem Brief… und ganz besonders dem Photo mit dem Bild vom Brandenburger Tor, von dem Transparent und den zwei jungen Männern. Ich wußte nicht, daß einer davon Sie sind! Ich nehme an, daß Sie der junge Mann rechts im Bild sind mit der grauen Jacke – dann muß ja der andere Töpfer sein? … Also meinen Dank dafür! Auch für die Courage und den Einsatz – bitte, Herr Nolde, exponieren Sie sich wegen mir nicht! Sie haben drei kleine Kinder, und ich möchte nicht, daß Sie ausgerechnet mir zu Liebe da Unannehmlichkeiten, vielleicht noch Strafzettel und Anwaltsgebühren zu bezahlen haben! Meine Frau hatte mir einen Schwarz-Weiß-Ausdruck in einem Brief übersandt, vermutete aber, daß einer Töpfer sein könnte. Auf meine Rückfrage erhielt ich nie Antwort.

Warum ich Ihnen die Hintergründe wegen meiner Auswanderung schrieb, war deshalb, weil in der Tagespresse immer wieder abfällig über meine Gründe geschrieben wurde, z. B. im Mannheimer Morgen am 8. Nov. 05 und in der Rhein-Neckar-Zeitung vom 7. Nov. 05. Wohlgemerkt 47 Jahre nach meiner Auswanderung. Man stelle sich das mal vor!!!

Betreffs des von Ihnen angeschnittenen Themas der geplanten Demonstrationen: Herr Nolde, schon letztes Jahr „organisierte“, d.h. proklamierte jemand eine Zündel-Demo hier in Mannheim vor dem Gefängnis am 19. April – nicht am 20. April veranstalten zu wollen! Ich erfuhr darüber von einem Schweizer Schullehrer, ein Vater von zwei kleinen Kindern!

Ich schrieb dem Mann sofort einen Brief, indem ich auch ihm sagte, was ich schon oben erwähnte! Ich möchte nicht, daß auch nur ein Deutscher, ganz besonders aber junge Deutsche mit Kindern, Existenzproblemen, Arbeitsplatzgefährdungen usw. ausgesetzt werden. Ich schrieb an den jungen Mann damals, mir wäre es lieber, wenn diese jungen Leute zu Hause blieben und statt dessen ein weiteres Kind zeugten. Ich habe ihm vorgerechnet, was da an Anwaltskosten, eventuellen Strafzetteln und/oder Gerichtskosten auf jemand zukommen würden, und sollte deswegen noch der Arbeitsplatz verloren gehen, vielleicht sogar noch die Familie/Ehe gefährdet werden, daß da ein Baby ein besseres Investment für Deutschland sein würde usw. … Herr Nolde! Irgendwie hat das dem damaligen Zensor nicht gepaßt, der Brief wurde beschlagnahmt, wanderte zu den Akten und wird nun, nehme ich an, gegen mich verwendet! Warum? Keine Ahnung.

Ich werde also zu dem Thema in einem neuen Brief nicht noch einmal Stellung nehmen, zumal der jetzige Zensor anscheinend alles auf die Goldwaage legt, alles, außer belangloses Zeug, aus meinen Briefen entfernt – sozusagen als Gedanken- und Informationsfilter seine Rolle sieht! Also Herr Nolde – ich werde mich zurückhalten, sollen diese Herrschaften ihre Machtfülle ausüben. Wenn es um Verbote, Verfügungen, Beschlüsse, Auflagen, Strafen und Verfolgungen von Gedanken geht – war Deutschland schon seit der Zeit Metternich usw. schon immer führend in der europäischen Völkerfamilie. Sogar Schiller wurde eingelocht und bekam Schreib- oder Dichterverbot – und „emigrierte“ deswegen, ausgerechnet ins freiere Mannheim damals, und als es ihm hier zu heiß wurde – zog er weiter ins freiere Sachsen!

Und schrieb im Exil seine größten Werke! Das sollte uns zu denken geben! Nicht auszudenken – wenn er sich gebeugt hätte!!!

Im Moment läuft die Heinrich-Heine-Lobhudeleiwelle in den Medien, komisch wie die Deutschen immer erst 150 – 170 Jahre später ihre Freiheitskämpfer und Zensur-Opfer anfangen zu Ehren! Wie im Falle Friedrich Schillers und jetzt Heinreich Heines – oder nun die Geschwister Scholl! Jetzt, 63 Jahre zu spät, setzen sich die Feiglinge und Angsthasen für die Würdigung des Idealismus dieser jungen Leute ein – jetzt wo es wieder mal ungefährlich ist! Das Sprichwort, daß Feiglinge die Mißstände vergangener Regime heute aus sicherer Distanz „aufarbeiten“ – währenddessen die Couragierten die Missetaten der heute herrschenden Polit-Elite anprangern und die Verfolgungen, Verfahren, Gefängnisstrafen usw. riskieren – bewahrheitet sich erneut.

Diese Heuchler sind nur in ihren Worten Widerstandskämpfer – wohlgemerkt gegen längst verflossene Regime –, während dem sie die Verfolgung der heutigen Menschenrechtsverteidiger sogar noch gut heißen und in den Chor der kläffenden Meute mit einstimmen!

Herr Nolde! Von meiner Warte aus gesehen hat sich in Deutschland sehr, sehr wenig geändert in der Einstellung der breiten Massen, der Bureaukratie d.h. des Instruments der herrschenden Polit-Kaste!

Gestern Abend zeigte uns der Gefängnispfarrer einen Film – mit angekündigter Diskussionsrunde. Zwei Filme standen zur Auswahl. Ich hatte in der Bibelstunde ab und zu mal das Thelma aufgeworfen, daß ich die Verdammung von Judas Iskariot ablehnte, weil er ja klar und deutlich als Werkzeug Gottes diese Rolle des „Auslieferers Jesu“ zu erfüllen hatte – denn ohne die Tat von Judas hätte ja Jesus seine Rolle als „Erlöser durch die Kreuzigung“ NIE erfüllen können!

Das führte zu einer heftigen Diskussion – und Pfarrer Ding sagte, daß ich in dieser Ansicht nicht alleine sei, sie schon 1962, von einem katholischen Priester, ausgerechnet deutscher Abstammung, dem Vatikan eingereicht worden sei.

Es gibt darüber sogar ein wichtiges Buch eines Tübinger Theologen! Also gestern Abend sollte ein Film über dieses Thema – „die Verteidigung von Judas“ – vorgeführt werden – mit anschließender Diskussion.

Es kam aber anders. Der Pfarrer brachte „zwei Mittel zum Zweck“, d.h. zwei Filme mit – den Judas-Film und den Sophie-Scholl-Film.

Die Deutschen sind hier in der Minorität – und die Ausländer wollten den Scholl-Film sehen! Und so kam es, daß ich diesen Film dann teilweise gestern Abend zu sehen bekam – leider reichte die Zeit nicht aus, um den ganzen Film zu sehen. – Aber die wesentlichen Punkte haben wir gesehen. Da ich 1990 rum in München verhaftet worden war, in die berüchtigte Ettstraße (Polizei-Präsidium, auch die Löwengrube genannt) eingelocht wurde, bevor ich nach Stadelheim überstellt wurde, waren mir die „Räumlichkeiten“, in denen der Film gedreht wurde, zur Genüge bekannt – und erweckten alte Erinnerungen. Und ich habe gestaunt, wie wenig sich an der Routine in Deutschland geändert hat! Es fehlten natürlich die Hakenkreuzfahnen, Heil-Hitler-Grüße, die glänzenden Schaftstiefel, auch mangelte es an markigen Sprüchen, Blut- und Boden-Philosophie, und die Rolle der Verteidiger scheint heute wesentlich rühmlicher ausgeweitet worden zu sein. Aber nachdem ich das Buch von Rolf Bossi – dem bekannten Strafverteidiger – gelesen hatte, wie das Justiz-System nach dem Krieg zu Stande kam – Herr Nolde, das eröffnet neue Perspektiven, die ich nie gehabt hätte, hätte man mich nicht in Ketten aus Amerika und Kanada hierher gebracht!

Also wenn einer den Scholl-Film, die wahre Tragödie, die sich dahinter verbirgt, verstehen kann, dann ist das der Ernst Zündel – Sie sind einer der wenigen, die das nachvollziehen können! Vielleicht auch noch Peter Töpfer? Übrigens, ich schrieb P.T. auf eine lange Abhandlung, die meine Frau mir mal übersandt hatte von P. T. über wahre Anarchie und den Liberalismus usw. Ich hörte nie von Ihm darauf, kann sein, daß auch seine Antwort in den acht Aktenordnern die ich bis jetzt noch nicht zu Gesicht bekommen habe, ebenfalls beschlagnahmt und drin ist? Der arme Herr Töpfer – rackert sich da mit Themen wie menschliche Freiheiten der Rede, der Gedanken usw. ab! Alle diese Freiheiten wurden schon 1776 – bis 1792 in Amerika von Leuten wie Thomas Paine, Benjamin Franklin, George Washington und besonders Thomas Jefferson alle längst erörtert, kodifiziert als Gesetze erlassen in der U.S. Verfassung und dem Bill of Rights verankert – und das vom Schicksal begünstigte Amerika hat die Frucht dieser geistigen Basis-Arbeit fast 200 Jahre lang genossen. Während wir Europäer, allen voran wir Deutschen, uns die Augen auskratzten und uns gegenseitig rauften und zu Tode prügelten und quälten bis zur grotesken Unkenntlichkeit unter verschiedensten Systemen! Die Erneuerer von 1848 versuchten ja, die Jefferson-Demokratie und eine fast amerikanische Verfassung für Deutschland einzuführen – 38 Städtchen und Königreichlein, Grafschaften, Hansestädte, Stadtstädtchen usw. hatten schon für diese Verfassung gestimmt. Sie starb unter dem Kugelhagel systemtreuer preußischer Regimenter – die lieber einen repressiven Despoten als Untertanen dienen wollten als wie die Verantwortung für ihr eigenes Schicksal in freiem Selbstbewußtsein zu übernehmen!

Und dabei ist es dann mehr oder weniger über die abweichenden Systeme geblieben – Bossi (dessen Vater wegen Wehrkraftzersetzung im III. Reich von einem Kriegsgericht verurteilt und erschossen wurde) beschreibt das zwar etwas tendenziös und einseitig in seinem Buch „Halbgötter in Schwarz“, aber wenn nur die Hälfte davon stimmt – Herr Nolde, dann sollte uns gar nichts mehr überraschen, was hier abläuft! So also beginne ich meine Heimat jetzt erst richtig zu verstehen – ich fühle mich ein.

Natürlich haben Sie recht, daß ich von allen möglichen Leuten instrumentalisiert werde, nicht zuletzt auch von der herrschenden Polit-Elite!

Ich war mir klar, daß das mein Schicksal sein würde in dem Augenblick, wo sich die Handschellen um meine Handgelenke schlossen. Seither bin ich ein Spielball fremder Mächte – meist hinter den Kulissen operierend – geworden. Alle machen mich ihren verschiedenen „Agendas“ dieser Leute und Kräfte zu Nutze! Innerhalb des Gerichtssaales und draußen – aus denen sich die Leute, die wirkliches Interesse an meinen Gedankengängen haben, informieren können! An Informationen mangelt es nun wirklich nicht über Zündel! Ich werde Ihnen in einem zukünftigen Brief erläutern, warum die angebotenen Bücher und Schriften von meinem eigenen Weltbild abwichen! Ich darf nur fünf Seiten schreiben! Muß also schließen, ich kneife nicht. Die Fragen beantworte ich Ihnen! Also vorsichtig sein! Ihre Kinder und Ehe haben Vorrang!

Ihr E. Zündel

 

 

Ernst Zündel

Brief an Detlef Nolde vom 17. März 2006

Lieber Herr Nolde!

Ich möchte mein Versprechen wahrmachen und Ihnen Rede und Antwort stehen, warum Sie einen Zwiespalt oder eine Kluft entdecken, angefangen in den achtziger Jahren zwischen meinen eigenen Gedankengängen, reflektiert in den Rundbriefen, vielleicht auch Radiosendungen u. Videofilmen usw. und den Buchtiteln von anderen Autoren. Da gibt es natürlich allerhand verschiedene Gründe!

Ich will diese wenigstens teilweise aussprechen!

Der Wichtigste ist wohl, daß wir Auslandsdeutschen-Emigranten schon eine gewisse Auslese darstellen – Angsthasen, Anpasser, Schleimer und Stubenhocker gehören dazu nicht, denn dieser Menschentyp wandert nicht aus, sondern bleibt „daheim und frißt Rettiche“, wie wir im Schwäbischen dazu etwas derb antworten! Und so ist es auch gewesen! Die meisten Auswanderer waren Tatmenschen, also Zimmerleute, Schreiner, Mechaniker, Metzger, Bäcker, Maler. Sie glauben gar nicht, wie schwierig es für mich war, eine deutschsprachige Sekretärin zu finden, die Schreibmaschine und Buchhaltung beherrschte! Es war und blieb ein Kreuz! Ebenso Anwälte – es gab in der Riesenstadt Toronto gerade mal drei deutschsprachige, nicht-jüdische Anwälte – die aber in Kanzleien mit Kanadiern und Juden arbeiteten, und daher als meine Anwälte nicht in Frage kamen, weil sie ihre berufliche Karriere und Existenz nicht gefährden oder ihrer Firma nicht schaden wollten! Daher hatte ich nie einen deutschen Rechtsanwalt an meiner Seite, sondern Anglo- und Französisch-Kanadier, Schotten, eine Polin, zuletzt eine Chinesin! Also – einem in der Heimat zurückgebliebenen Rest-Deutschen ist es fast unmöglich, sich in die Situation eines politisch engagierten Auslandsdeutschen hineinzuversetzen! Herr Nolde – das ist keine Angeberei! Es sind einfach zwei verschiedene Welten! Die einzigen, die das nachvollziehen können, sind Israelis und ihre Diaspora-Juden, also die nicht in Israel, sondern im Ausland lebenden, dort geborenen Juden! Wir – die Auslandsdeutschen und Auslandsjuden – neigen dazu, unsere Herkunftsländer zu idealisieren! Also ein bißchen wie Liebhaber ihre Verliebten mit rosa gefärbten Brillen zu betrachten – und vieles zu beschönigen, und zu verdrängen: schlechte Eigenschaften einfach nicht wahrhaben zu wollen usw.! Meine Frau, die ja im bolschewistischen Stalin-Rußland geboren wurde in einer Mennoniten-Kolonie, die dort schon seit Katharina der Großen existiert hatte, berichtete genau den gleichen Vorgang in ihren rußlanddeutschen Kreisen.

Wir waren abgeschlossen, abgeschottet, weitgehendst auf jeden Fall im intellektuellen Bereich, nach dem verlorenen Krieg – angegriffen durch den im Krieg durch die alliierten Kriegspropagandandisten aufgehetzten Bevölkerungsteile. Wir waren froh, wenn wir im Stande waren, einen Kontakt mit einem deutschen Bäcker oder Metzger oder mit einem Volkswagenmechaniker zu finden – das war den meisten Brücke zur Heimat, dort gab’s deutsche Wurst, deutsches Brot, deutsche Torten, deutschen Melitta-Kaffee, Dr.-Oettkers-Pudding, Backhefe und Rollmöpse sowie Sauerkraut-Konserven – und ein paar Illustrierte wie Stern, Quick, Bunte und Kreuzworträtsel, mit Ach und Krach auch eine ethnische deutschsprachige in Kanada gedruckte „Käseblattzeitung“ mit lokalen Nachrichten wie Gottesdienste in deutschen Kirchen, Vereinsnachrichten von Gesangsvereinen oder Rentner-Clubs usw.!

Herr Nolde – in solch einem Milieu muß man gelebt haben, um das zu verstehen. Und weil es auf elf deutsche Auswanderer in den fünfziger Jahren nur eine deutsche Frau im heiratsfähigen Alter gab, entstanden fast NUR MISCHEHEN! Was das bedeutet, kann nur der nachvollziehen, der eine Ehe – mit einem Partner aus einer anderen Volksgruppe eingegangen ist. Also da rate ich den arroganten deutschen Polemikern – uns Auslandsdeutschen gegenüber – äußerste Zurückhaltung zu üben! Denn: Fast 50 Prozent fast aller deutschen (restdeutschen) Ehen werden ja heute geschieden, bei gleicher Ethnie wohlgemerkt! Sie sind selbst verheiratet mit drei Kindern, Herr Nolde – stellen Sie sich vor, wie ungleich schwerer Ihre Aufgabe und die Ihrer Frau sein würde, wenn Ihre Frau nur begrenztes Deutsch sprechen würde und Sie die Großeltern ihrer Kinder nicht verstehen würden.

Und wenn dann der eine Elternteil noch einer anderen Religion oder gar einer anderen Ethnie – oder Rasse angehören würde! Herr Nolde – erlauben Sie mir, das so auszudrücken!

Ihr Rest-Deutschen habt von diesen Problemen keinen blassen Dunst, keinerlei Gespür dafür und sehr wenig Einfühlungsvermögen! Ich verspüre das jeden Tag seit meiner Rückkehr, wenn ich sehe und höre, wie die Beamten mit einer Engelsgeduld versuchen, mit diesen kulturellen Unterschieden zurechtzukommen „von Amts wegen“! Wie oft habe ich schon erlebt, daß den Beamten der Geduldsfaden reißt, weil ein Ausländer einen Befehl nicht versteht – weil er ein Neuankömmling ist! Da hilft alles Geschrei und anherrschen mit „die Amtssprache ist hier deutsch, reden sie gefälligst Deutsch!“ nichts. Herr Nolde – 47 Jahre lang habe ich dieses Los jeden Tag, jede Stunde erlebt, als Minorität von der Majorität als Eindringling und Fremdkörper behandelt zu werden! Davon habt Ihr – die ihr Euer ganzes Leben lang den Luxus, der Majorität anzugehören, genossen habt, keinen blassen Dunst! Minoritäten kapseln sich ab und gehen entweder zur schnellsten SELBSTAUFGABE über, integrieren sich also durch eintauchen und untertauchen – zum „Kulturdünger“ werdend. Die haben es nach außen hin leichter! Denn sie bieten keine Angriffsflächen – ich habe diese Art von Menschen zur Genüge kennen gelernt, die krankhaft ihre eigenen ethnische Herkunft verleugneten – und alle Lügen, Verdrehungen, Beschimpfungen ihrer Herkunftsländer und angestammten Heimat erduldeten, weil sie das intellektuelle Rüstzeug und das nötige historische Wissen nicht hatten, um sich in solch einem ungleichen Kampf mit auch nur einer Hoffnung auf Erfolg verteidigen zu können! Wie gesagt – die meisten Auswanderer lernten in der Heimat einen Beruf – nach dem Krieg und wanderten dann zwei bis drei Jahre nach der Lehrzeit aus! Herr Nolde – da waren keine Einsteins oder Max Plancks drunter – das sollte jedem einleuchten! Und in diese Umgebung fand ich mich eingebettet nach meiner Auswanderung als 19jähriger 1958 – als ich Deutschland damals in meiner Seelennot verließ. Den Rest beschrieb ich Ihnen im Brief vom 2. Februar 06. Ich habe also alle diese in den letzten paar Seiten beschriebenen Phasen als unreifer junger Bursche ohne Sprachkenntnisse durchgemacht und durchgelitten – und oft zu meiner eigenen Überraschung überstanden! Allein, daß ein Auswanderer nicht im fernen Land unter die Räder kommt, ist eine individuelle Erfolgsstory! Auch das werden die meisten in der Heimat zurückgebliebenen Deutschen nicht leicht begreifen – weil sie selbst so was nicht am eigenen Ich miterlebt haben! Die kanadischen Indianer haben ein sehr treffliches Sprichwort: „Kritisiere nur jemanden, nachdem Du sieben Meilen in seinem Moccasins gewandert bist!“

Also Herr Nolde! Ich habe versucht, doppelschienig in meinem Leben drüben im Ausland, 5000 km fern der Heimat, meine junge Familie durchzubringen, die ich mir, vor meinem politischen Erwachen und ohne großes historisches Wissen, durch die Heirat mit meiner französisch-kandadischen Frau zugelegt hatte! Ich war bereit, mich zu integrieren OHNE SELBSTAUFGABE! Es war das logischste in der Welt für mich, daß ich sofort Englisch und dann französisch lernen würde, ich tat das mit Eifer! Meine Frau war als Französisch-Katholische und in ihrer Ethnie tief eingebettet! Ich achtete das, ging mit ihr zu einer Art Integrationsschulung für nicht katholische Ehepartner – und sah es selbstverständlich an, daß unsere Kinder nicht nur französisch von der Mutter lernten und im katholischen Glauben getauft wurden und zu katholischen Schulen gingen – ich ging mit zu den Schulen und den Kirchenanlässen! Ich weiß also sehr wohl, was es heißt sich anzupassen, zu integrieren – aber sich selbst treu zu bleiben!

Daß man als solcher Mensch sehr, sehr feinfühlig auf Schmähungen und Angriffe – ja Verleumdungen – reagiert, und zwar sehr heftig, das liegt auf der Hand, denn es hat den Unterton der Selbstbehauptung, mit dem Gefühl des mit dem Rücken gegen die Wand zu kämpfen was zu tun! Wird also die Heimat beleidigt – dann wird diese Heimat verteidigt, – Lügen und Verzerrungen werden korrigiert.

Herr Nolde! Als männlicher und verheirateter Auslandsdeutscher mit Kindern in der Schule verlangte es das Leben von mir – daß ich meine Heimat, also mein Kulturerbe, aus dem ich entstammte, von ungerechtfertigten Schuldzuweisungen im Schutz nehmen mußte. Ja, Herr Nolde, MUSSTE, wollte ich die Achtung meiner Frau und meiner Kinder mir gegenüber erhalten, denn die sollten ja nicht das Gefühl bekommen, einen Mann geheiratet zu haben, der einem minderwertigen Volk von Verbrechern entstammte! Für meine Kinder hieß es, daß sie ebenfalls wissen mußten, daß ihre Großeltern keine Verbrecher waren! Herr Nolde, das sind Weichenstellungen – gefühlsmäßig, instinktiv und oft aus einer Reaktion auf falsche Schuldzuweisungen in Filmen, Büchern, im Radio – und besonders in den Schulbüchern meiner Kinder – getroffen! Verstehen das die Rest-Deutschen? – KAUM!

So kam es ganz automatisch, Herr Nolde, daß ich nach entlastendem Material recherchierte – um die ewigen Anfeindungen der Feinde zu widerlegen! Da Kommunisten, Liberale, Konservative und jüdische Kreise Deutschland am laufenden Band mit ihren Hetz-Sendungen und Hollywood-Hetzfilmen, ihrer Kriegspropaganda – Schwarz-Weiß-Malereien – täglich im Fernsehen bedienten – kürte ich mich langsam ganz natürlich, und quasi automatisch, als Fürsprecher für meine Heimat und meine ethnische Gruppe! Das ich ein Talent dafür hatte, wurde mir erst langsam klar. Und so geriet ich natürlich ins Kreuzfeuer dieser mächtigen Gruppen, die deutsche Verbrechen instrumentalisierten und in pauschal-negative Stereotypisierung der Deutschen verwandelten! Dagegen focht ich meinen Abwehrkampf und meine Gegenangriffe! Ich benützte Bücher deutscher Autoren wie Emil Maier Dorn, Erich Kern(mair), Udo Walendy, Joachim Fest und auch Originaltexte wie „Mein Kampf“, um die Lügen und Verdrehungen der anderen zu widerlegen! Daher die Auswahl der von Ihnen monierten Bücher! Erst die Gerichtsverfahren und meine weiten Studienreisen, meine Interviews mit Zeitzeugen – darunter auch Juden, Kommunisten, Anti-Nazis, Russen, Tschechen, Polen, Ungarn – förderten Details an den Tag, die dann in die Gerichtsverfahren einflossen und auch in den Rundbriefen ihren Niederschlag fanden! Ich machte eine Evolution meines Denkens durch. Ich begann, die Nuancen – sowie die Schattenseiten zu sehen! Wir werden darauf zurückkommen. Herr Nolde, das ist ein Prozeß, der noch im Gange ist! Sie erfüllen eine nicht unwichtige Rolle!

Ihr E. Zündel

 

 

Detlef Nolde

Brief an Ernst Zündel vom 27. März 2006

Werter Herr Zündel!

Heute habe ich ihre Briefe vom 15. und 17. März aus meinem Postfach geholt, vielen Dank.

Was Ihre Situation, die Gründe für Ihre Inhaftierung anbelangt, so habe ich Ihnen ja den Auszug eines Artikels vom 27. April 2004 aus der Berliner Zeitung beigefügt, die hier zu den Tageszeitungen gehört, die am meisten gelesen wird. Keine andere Meinung vertrete auch ich, und ich denke, viele andere ebenfalls. Folgender Auszug eines Artikels vom 16. Dezember vorigen Jahres, ebenfalls aus der Berliner Zeitung, möchte ich Ihnen ebenfalls nicht vorenthalten:

    Wer bestimmt, was historische Wahrheit ist?

    Irans oberster Holocaustleugner und ein französisches Historikermanifest stellen dieselbe Frage

    Mahmud Ahmadinedschad übt sich – ungewöhnlich für den Präsidenten eines Gottesstaates – in Religionskritik. Die Kritik richtet sich allerdings nicht gegen sein eigenes Bekenntnis, sondern gegen den Glauben der restlichen Welt, es habe einen Völkermord an den Juden gegeben. Die Europäer, so führte er aus, hätten „einen Mythos geschaffen, daß Juden massakriert wurden, und diesen Mythos stellen sie über Gott, Religionen und Propheten.“ Wenn man in diesen Ländern Gott in Frage stelle, störe das niemand, wer aber den Mythos der Massaker leugne, verursache einen Aufschrei der Zionisten und der von ihnen abhängigen Regierungen.

    Die Worte haben ihrerseits einen Aufschrei verursacht...

    Es hat aber auch etwas Lächerliches. Der Politiker einer Diktatur fordert Meinungsfreiheit; und ihr Parlamentspräsident schlägt daraufhin, gewissermaßen als Angebot zur Güte, eine Untersuchungskommission zum Holocaust vor! Natürlich ist dies auch ein politisches Spiel; es ist nicht so, daß in Iran die Holocaust-Leugnung Pflicht wäre. Es ist einfach nur so, daß es zu diesem Thema keine festgezurrten Überzeugungen, keine Sprachregelung gibt...

    Das ist in Europa anders... In diesem Sinne hat die Vergangenheitspolitik tatsächlich Bedeutungen übernommen, die die Religion früher hatte. Das immerhin hat Ahmadinedschad richtig beobachtet... Die Geschichtswissenschaft sieht sich in den freien Gesellschaften des Westens tatsächlich hohen Erwartungen ausgesetzt; dieser Druck kann so weit gehen, daß die Historiker aufschreien.

    Das zeigt das Manifest von 19 renommierten französischen Historikern und Intellektuellen, das in derselben Woche, in der Ahmadinedschad den Holocaust leugnete, die Straffreiheit solchen Leugnens forderte. In Frankreich ist (wie in Deutschland) das Leugnen des Holocausts strafbar...

    Gegen diese politischen Einschränkungen der historischen Arbeit wendet sich das Manifest: „Die Geschichte ist keine Religion. Der Historiker akzeptiert kein Dogma, respektiert kein Verbot, kennt keine Tabus. Er kann stören.“ Zweitens: „Die Geschichte ist nicht die Moral. Es ist nicht die Rolle des Historikers, zu preisen und zu verdammen; er erklärt.“ Drittens: „Die Geschichte ist nicht die Sklavin der Aktualität. Der Historiker drückt der Vergangenheit nicht die ideologischen Schemata der Gegenwart auf und bringt in die Ereignisse von einst nicht die Sensibilität von heute.“

    Viertens: Die Geschichte ist nicht mit Gedächtnis gleichzusetzen, fünftens: „Die Geschichte ist kein Rechtsgegenstand. In einem freien Staat ist es weder Sache des Parlaments noch der Justiz, geschichtliche Wahrheit zu definieren. Die Politik des Staates, auch wenn sie von besten Intentionen getragen ist, ist nicht Politik der Geschichte.“ Gezeichnet von, unter anderen: Elisabeth Badinter, Marc Ferro, Pierre Nora, Mona Ozouf, Paul Veyne.

    Hehre Worte! Nach Jahrzehnten, in denen die Geschichtsschreibung sich ausgiebig selbst betrachtet und fleißig ihre „Diskurse“ analysiert hat, klingt der Anspruch, Historiker kennten weder Dogmen noch Tabus, altertümlich selbstvergessen. Aber es ist eine Aufforderung, keine Beschreibung. Und es stimmt ja, daß jeder Historiker die Bereitschaft mitbringen muß, Revisionist zu sein. Wissenschaft kommt ohne Revision nicht aus; die Tatsache, daß die Zahl der Opfer in Auschwitz-Birkenau noch bis 1990 drei bis vier mal so hoch angegeben wurde wie heute, hat das Erschrecken über den Holocaust (und die geschätzte Gesamtzahl seiner Opfer) nicht gemindert. So wird historische Wahrheit ohnehin immer neu bestimmt...

    http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/feuilleton/509542.html

Ich möchte nun keine falschen Erwartungen wecken, aber solche Artikel in der Berliner Zeitung lassen aufhorchen und auch die Tatsache, daß Peter Töpfer mit mir vor dem Brandenburger Tor solch ein Transparent hochgehalten hat, in einem anderen, selbstverständlicheren Licht erscheinen. Denn, welche Schlußfolgerungen soll der Leser solcher Artikel ziehen, wenn nicht, Ihre Freilassung zu fordern, auch wenn er mit ihren Ansichten und Fragestellungen nicht einverstanden ist?

Was Sie zu Ihren Beweggründen schreiben, die Sie zum „Revisionismus“ brachten, so kann ich das sehr gut nachvollziehen. Dort, wo Kollektivschuldthesen gegen das deutsche Volk verbreitet werden, der Begriff Deutschland mit Hitler in einem Atemzug genannt, ja, ganz im Stile der NS-Propaganda, das Deutsche überhaupt mit dem „Nationalsozialismus“ und dem „Dritten Reich“ in einen Topf geworfen wird, da sind Reaktionen eines jungen selbstbewußten Deutschen, sich dagegen zu verwahren, psychologisch naheliegend.

Jedoch, und nun komme ich zum Punkt, wenn dieser Deutsche nun meint, der „nationalen Ehre“ und der Wahrhaftigkeit genüge zu tun, wenn er Material zusammenträgt, um den NS-Unrechtsstaat zu entlasten und dann davon ausgeht, auch das deutsche Volk wäre damit kollektiv entlastet, halte ich das für einen Irrweg. Denn mit diesem Ansatz folgt er den Goebbels und Goldhagen, die, von verschiedenen Ansätzen aus betrachtet, propagierten, deutsch und hitlerfaschistisch wäre eine Einheit (gewesen).

Ebenso möglich wäre es also gewesen, wenn sie nicht die pauschalisierende antideutsche Stimmungsmache übernommen hätten, wie Sie sie beschrieben haben, die Gleichsetzung von Deutschland mit dem Hitlerregime, sondern sich gedacht hätten: „Halt, es waren nicht alle Deutsche Nazis, es gab auch ein anderes Deutschland, es gab diese und jene Deutsche“, oder sogar: „Die Hitler, Himmler und Göring haben den deutschen Namen mißbraucht, nationale Begriffe überhaupt, sie waren letztlich Feinde des deutschen Volkes, ihre Helfer und Helfershelfer im Volke ebenso.“

Das ist natürlich im Nachhinein leicht gesagt, und ich möchte ihnen keineswegs zu Nahe treten. Aber ich meine schon, daß sie einem Extrem gegenüberstanden – den Kollektivschuldthesen gegen das ganze Deutschland – und als Reaktion ein – dazu passendes und ebenso falsches – anderes Extrem dagegenstellten, nicht nur die kollektive Entlastung des deutschen Volkes, sondern der herrschenden NS-Clique. Beide Extreme gehören für mich, wie ich oben bereits erwähnte, zusammen, da beide von der Fehlannahme ausgehen, der NS wäre damals etwas gewesen, dem alle Deutschen jubelnd zugestimmt hätten, der quasi eins war mit dem deutschen Volk, mit Deutschland.

Hätte ein deutscher Auswanderer Ihres aufrechten Charakters nicht auch sagen können, und hat es womöglich auch oft genug getan, wenn er infolge der Hitlertyrannei in die USA beispielsweise emigrieren mußte (z. B. Karl Otto Paetel): „Hitler und seine Bande, das ist nicht Deutschland, ich muß mich als Deutscher nicht verstecken oder verleugnen, weil es den Hitlerfaschismus gab, denn das wahre, das anständige, patriotische Deutschland gab es zu Genüge, es wurde eingesperrt, außer Landes getrieben, ermordet?“ Könnte er nicht aufrechten Ganges durch seine neue Heimat gehen als Deutscher, weil er klar trennt zwischen den Faschisten und dem deutschen Volk, die breite Widerstandsbewegung und die Terrorherrschaft dagegen fest im Blick? Ich meine, das wäre sicher möglich gewesen, und ist es auch immer noch.

Oder warum soll sich ein deutscher Antifaschist für die Verbrechen der Hitlerfaschisten rechtfertigen, die Nazi-Clique zu entlasten suchen? Zudem, warum soll ein Deutscher heute sich für Verbrechen der deutschen Nazis schuldig fühlen oder auch stolz sein auf Verdienste von anderen Deutschen? Eine seltsame Identifikation, meine ich. Wenn ich etwas spüre im Hinblick auf die deutsche Geschichte, dann weder Scham noch Stolz, sondern eine Verantwortung auch vor den Opfern des Hitlerfaschismus, sich zum Antifaschismus zu bekennen, wie das in der DDR gehandhabt wurde, wenn auch am Ende arg ritualisiert.

Der leider bereits verstorbene Kommunist Karl-Eduard von Schnitzler, der in seinen Sendungen „Der schwarze Kanal“ das gesagt hat im DDR-Fernsehen über den Kapitalismus, was viele in der DDR nicht glauben wollten – ich auch nicht –, heute aber selbst erleben dürfen, schrieb zu unserem Thema:

    Den Satz „Ich bin Deutscher, liebe Deutschland und bin auch noch stolz darauf“ in meinem Buch „Der rote Kanal“ nannte ein ehrlicher Linker „einfältig“.

    Im Zuchthaus Bautzen schrieb Ernst Thälmann einem Zellengenossen: „Ich bin ein Deutscher mit großen nationalen, aber auch internationalen Erfahrungen. Mein Volk, dem ich angehöre und das ich liebe, ist das deutsche Volk, und meine Nation, die ich mit großem Stolz verehre, eine ritterliche, stolze und harte Nation. Ich bin Blut vom Blute und Fleisch vom Fleisch der deutschen Arbeiter und bin deshalb als ihr revolutionäres Kind später der revolutionäre Führer geworden.“

    Thälmann sprach von einem „Freiheitskampf im neuen Völkerfrühling der deutschen Nation.“ Immer gab es neben deutschen Unrechtsstaaten „Das andere Deutschland“. Die DDR war „deutscher“ als die BRD (alt). Sie wies alle Merkmale des Anderen Deutschland auf: deutsch und antiimperialistisch, deutsch und von internationaler Solidarität erfüllt, deutsch und friedlich, deutsch und internationalistisch, deutsch und der humanistischen Kultur des eigenen und anderer Völker verpflichtet. Sie gab Deutschen nach historischen Fehlentwicklungen Hoffnung.

    Das alles löste bei Deutschlands Imperialisten Haß und Wut aus, denn sie glaubten, „Deutschland“ gepachtet zu haben. Deutschlands Ehre wurde auch in Gefängnissen und Zuchthäusern, auf dem Schafott oder „im Häftlingskittel vor deutschen Richtern“ hochgehalten. Soll das alles „einfältig“, nicht gewesen, nicht gesagt, nicht durchlitten worden sein?

    Gewiß, was da alles „Deutsches Reich“ und „Deutschland“ usurpiert, wenn Neonazis grölen, sie seien „stolz, Deutsche zu sein“: Den „häßlichen Deutschen“ gab es immer. Aber sollen wir dem deshalb Deutschland überlassen? Das andere Deutschland? Das es doch auch immer gab und gibt? Lassen wir uns doch nicht anhängen, was häßliche Deutsche aus deutschem Namen und deutscher Leistung gemacht haben! Kapitulieren wir doch nicht vor dem alten Miß- und Fehlurteil, wir seien „undeutsch“ und „Vaterlandsverräter“.

    Täter und Opfer, Ursache und Wirkung, Verführer und Verführte: man sollte schon etwas differenzieren, ehe man etwas „Deutsches im schlimmsten Sinne“ zu finden meint und sich von Deutschland distanzieren zu müssen glaubt. Deutschland ist nicht nur das „Deutschland“ der Hohenzollern und des „Führers“, der KZs, des BND und der „Treuhand“.

    (Karl-Eduard von Schnitzler, Provokationen, Verlag Lutz Schulenburg 1994, S. 97 – 101)

     

    In meinem Buch: „Der Rote Kanal“ lautet der erste Satz: „Ich bin Deutscher und stolz darauf“, was in der Linken Wutausbrüche und Unverständnis ausgelöst hat, bei der Rechten Hohngelächter... Ich bin seit 1932 in der Arbeiterbewegung, und unser Ziel war immer ein Deutschland in der Gemeinschaft der Völker – ein gerechtes Deutschland. In der Illegalität haben wir um ein anderes Deutschland' gekämpft... Wenn jetzt die Neofaschisten mit der Losung auftreten, wir lieben Deutschland und sind stolz darauf, dann können wir ihnen dieses Deutschland doch nicht überlassen... Ich meine das Deutschland, das ungeheure Beiträge zur Weltkultur, gute Dienste für die Völkergemeinschaft gebracht hat... Hitlerdeutschland war doch nicht Deutschland...

    Das ist ein Klassenkampf in sich, wenn um ein anderes Deutschland gekämpft wird. Das Deutschland, auf das ich nicht stolz bin, ist in den Händen unserer Klassenfeinde. Wenn wir sie bekämpfen, kämpfen wir bereits um ein anderes Deutschland, natürlich ist das Klassenkampf.

    (Karl Eduard von Schnitzler im Interview, Spezial 92, Nov./Dez. 1993)

Herr Zündel, und eben deshalb meine ich, war es falsch von Ihnen anzunehmen, je mehr man das „Dritte Reich“ vermeintlich oder tatsächlich von Schuld befreit oder seine „positiven Seiten“ herausstellt, nun Deutschland oder das deutsche Volk entlastet zu haben, wie Sie das als Ihren Ansatz beschrieben haben. Letztendlich wäre damit wieder nur denen genutzt, die schon immer behauptet haben, das Hitlerregime wäre eine „Wohlfühldiktatur“ für „alle Deutschen“ gewesen, deutsch und „nationalsozialistisch“ wären eine Einheit, egal, ob das verblendete Antideutsche behaupten oder Nazis, die in Mannheim sich als Hüter demokratischer Grundrechte aufspielen wollten und sie umschwärmen wie die Motten das Licht.

Und es ist deshalb keineswegs so, daß jene Deutschen, die Antifaschisten sind, die das „andere Deutschland“ zum Ziele haben, in sich tragen, es verkörpern, etwa „Duckmäuser“ oder ähnliches sind. Nein, sie wissen um das Ausmaß deutschen Widerstandes gegen das Hitlerregime von Anfang an, und auch darum, wie genau dieses Regime diesen Umstand totgeschwiegen hat und wer das auch heute noch tut, wenn auch aus anderen Beweggründen.

Lassen Sie mich dazu sagen, daß das, was diese Hitler-Bande, welche ich fatalerweise einst verehrte, angerichtet hat, genügt, um zum Antifaschisten zu werden. Insofern ist es für mich unerheblich, wie viele Millionen Menschen nun auf welche Art und Weise von den Nazis ermordet wurden. Ich wäre nicht weniger Antifaschist, wenn es drei Millionen weniger gewesen wären oder sich die Thematik mit den Vergasungen etwas anders darstellen würde.

In diesem Jahr begehen Kommunisten den 120. Geburtstag von Ernst Thälmann, der Ende 1944 von den Nazis ermordet wurde, wie so viele. An ihn denke ich, wenn ich diese Gleichsetzungen von Deutschland mit dem Hitlerfaschismus vernehme, wie Sie das aus Ihrer Erinnerung heraus thematisiert haben. Die DDR würdigte nicht nur das Andenken dieses großen deutschen Arbeiterführers, sondern schlug auch ganz andere Töne an als in der BRD. Wir wurden nicht dazu angehalten, uns „als Deutsche zu schämen“, sondern das antifaschistische Erbe zu bewahren, im Widerstand gegen Hitler das wahre Deutschland zu sehen, letztlich in der DDR selbst verkörpert. Und so war es auch. Es gab also auch hier eine Alternative zu Nationalmasochismus und Kollektivschuldunsinn, aber diese gibt es leider seit 1990 nicht mehr.

Ich selbst habe durch eigene Irrwege ähnliche Erfahrungen gemacht, was dazu führte, daß ich die DDR einst nicht als das erkannte, was sie, trotz aller Mängel und Fehler, nun einmal war, das bessere Deutschland, sondern mich der hitlerfaschistischen Ideologie zuwandte ebenfalls in dem Fehlansatz, diese würde die Elite unseres Volkes sammeln, das „wahre Deutschland“. So habe ich mich beinahe zehn Jahre für eine falsche Sache eingesetzt, und brauchte viele Monate, um das zu erkennen. Am Schluß stand der endgültige Bruch, und es dauerte noch mal beinahe zehn Jahre, bis ich, in der Gegenwart angelangt, die letzten Reste dieses Denkens aus eigener Erfahrung und Einsicht abstreifen konnte, den Antikommunismus und auch die Annahme, das deutsche Volk wäre als „Abstammungsgemeinschaft“ eine feststehende Größe, dessen Erhaltung das erste Ziel eines Deutschen sein müßte.

Nein Herr Zündel, auch davon habe ich mich also verabschiedet, denn ich sehe sehr genau, wer ein Interesse daran hat, die jungen Leute aus den Arbeiterfamilien hierzulande und andernorts mit solchen Ideen infiziert zu sehen: die herrschende kapitalistische Klasse. Nicht im Kapitalismus und den Konzern- und Bankherren den Feind erkennen, sondern dem Kollegen, dessen Eltern aus der Türkei eingewandert sind, das ist eine nationalistische Fährte, die nur einen Nutznießer kennt. Von daher gehen auch da unsere Denkansätze auseinander, denn sicher würden Sie es nicht begrüßen, wenn meine oder ihre deutschen Kinder oder Kindeskinder eine vietnamesische Frau einst kennenlernen und mit ihr Kinder zeugen. Mir wäre das gleich, wenn sie nur glücklich sind und das tun, was sie für richtig halten.

Proletarischer Internationalismus und sozialistischer Patriotismus gehen zusammen, sie stehen sowohl gegen den Kosmopolitismus, der den Imperialisten auf ihrem Weg zur Weltdiktatur nützt, als auch gegen Rassismus, bürgerlichen Nationalismus und Chauvinismus. Es ist mir klar geworden, daß ich mich mit einem Klassenbruder und Genossen aus dem Ausland (auch wenn er in Deutschland lebt!) mehr verbunden fühle, als mit dem deutschen „Unternehmer“ und seinen Lakaien in den Parlamenten und Redaktionsstuben. Und wenn ich ihnen nun schreibe, daß ich dort angekommen bin, Jahre nach meinem Ausstieg, wo Richard Scheringer seine Heimat fand, als er den Nazis den Rücken kehrte, dann ist das auch ein Beweis, daß eine Entwicklung im Denken nicht dann zu Ende ist, wenn man es meint.

Das Sein bestimmt das Bewußtsein, bei mir hat das eine Weile gedauert. Wenn ich einen roten Faden in meinem Denken seit jeher erkennen konnte, dann war es das Streben nach Gerechtigkeit, auch sozialer. Mein Faschist-Sein brachte es mit sich, daß anfangs die soziale Gerechtigkeit und letztlich das Gerechtigkeitsempfinden an sich auf der Strecke blieb – diese Ideologie fordert halt die negativen Seiten der Persönlichkeit, auf kurze oder lange Sicht.

Und wenn ich nun als Kommunist der Meinung bin, Menschen wie Sie sind zu Unrecht im Gefängnis, dann nicht nur aus der eigenen Erfahrung heraus zu wissen, wie es ist, unschuldig im Knast zu sitzen, sondern aus eben diesem tiefsitzendem Gerechtigkeitsgefühl, daß mich nunmehr hat zum Kommunisten werden zu lassen, der sich noch am Anfang seines Weges befindet.

Mit dem von Ihnen erwähnten Peter Töpfer habe ich lockeren, sporadischen Kontakt. Übereinstimmung finden wir in der Betonung des Wertes der Freiheit, was auch zu dem Bild vor dem Brandenburger Tor führte. Was jedoch seinen „nationalanarchistischen“ Ansatz anbetrifft, und seine für mich zu schwache Abgrenzung zu Teilen des neofaschistischen Spektrums, gehe ich mit ihm nicht konform.

Was ich in meinem ersten (offenen) Brief an Sie geschrieben habe, daß genau das der Fehler in der DDR gewesen ist, daß mit Problemen nicht offen umgegangen wurde, man sie unter den Teppich kehrte und am besten Leute, die sie ansprachen, gleich mit, dann sehe ich das immer noch so. Mit dem Thema „Revisionismus“ ist das heute genauso, derselbe Mechanismus.

Herr Zündel, wir sind uns letztlich wohl nur darin einig, daß das, was Sie hinter Gitter brachte, keinen mehr dorthin bringen sollte, so wie das die Berliner Zeitung indirekt gefordert hat. Dieses Gefühl für Gerechtigkeit und Freiheit womöglich als Verbindung, welches Rosa Luxemburg einst hat „Freiheit für die Andersdenkenden“ fordern lassen.

In diesem Sinne verabschiede ich mich und wünsche alles Gute!

Detlef Nolde
 

detlefnolde@web.de
www.aufbruchkreis.de.vu
www.deutsche-kommunisten.de.vu

 

Nationalanarchismus

Die Briefe Zündels an Nolde
vom 15. und 17.3.06 und Noldes Antwort vom 27.03.06 hier weiter unten.

Detlef Nolde im Netz:
www.detlefnolde.de.vu
www.sozialistisches-forum.de.vu
www.deutsche-kommunisten.de.vu

Zündel an Heldt und Töpfer,
7. Februar 2006
=>
Töpfer an Zündel,
10. März 2006
=>
Zündel an Töpfer
24. und 26. März 2006
=>
Töpfer an Zündel
20. April 2006
=>

Briefe Töpfers, die Zündel offenbar nicht erreichten => und =>