AUTO: Nr. 10, April 2004
Peter Töpfer: Offener Brief an Osama bin Laden
Sehr geehrter Herr bin Laden,
laut Medienberichten wendeten Sie sich am 15. April 2004 mit einer Botschaft an die Europäer. Ich fühle mich als Europäer von Ihnen angesprochen
und möchte Ihnen antworten.
Ich konnte Ihre auf Tonband aufgezeichnete Botschaft im Original zur Gänze weder hören noch lesen. Offenbar ist es einflußreichen Leuten wie dem
designierten spanischen Außenminister Miguel Angel Moratinos gelungen, die Verbreitung Ihrer ganzen Botschaft zu verhindern. Moratinos hatte „empfohlen“, Ihre Botschaft zu mißachten; er wird mit den Worten
zitiert, Ihre Botschaft solle „weder angehört werden, noch soll ihr Beachtung geschenkt werden“.
Ihre Botschaft wurde in den mir zugänglichen Medien als „Gewaltverzicht“, „Friedensangebot“ und „Waffenstillstandsangebot“
bezeichnet und soll von dem in Dubai ansässigen Fernsehsender El Arabija und vom TV-Sender El Dschasira in Katar ausgestrahlt worden sein.
Ein Redakteur des Fernsehsenders El Arabija, Aiman Gaballah, sagte laut mir zugänglichen Informationen, daß es sich um Ihre Stimme zu handeln
scheine. Wie er zu dieser Einschätzung komme, so das mir zugängliche Medium, habe der Redakteur jedoch nicht gesagt. Weitere Hinweise auf die Authentizität des Bandes gäbe es nicht.
Den mir zugänglichen Medien konnte ich entnehmen, daß Experten des Nachrichtensenders CNN die Botschaft als „vermutlich echt“ einschätzen.
Andere Medien teilen mit, daß die Herkunft der Botschaft unbekannt sei, ebenfalls, wann sie genau aufgezeichnet wurde.
US-Außenminister Colin Powell soll in einem Interview des polnischen Fernsehens auf die Frage, ob die Stimme auf dem Band Bin Laden gehöre, gesagt
haben: „Ja, die Information, die ich habe, lautet, daß es die Stimme Osama bin Ladens ist.“ Auch der US-Geheimdienst CIA soll davon ausgehen, daß wahrscheinlich Sie es sind, den man auf dem Tonband sprechen
hört.
Ich habe keine Ahnung, von wem das in Frage stehende Tonband stammt und wer auf ihm zu hören ist. Ich weiß auch nicht, ob es Sie, Herr bin Laden,
überhaupt wirklich gibt. Man weiß überhaupt sehr wenig über das, was einem nicht selbst körperlich und sinnlich wahrnehmbar begegnet, aber Tag für Tag mit verschiedenen Techniken überbracht und vermittelt wird.
Ich möchte Ihnen schon jetzt mitteilen, daß ich mich, obwohl ich Ihre Methoden strikt ablehne, mit Ihnen darin einig weiß, daß wir den Zustand
dieser Welt, in der keiner weiß, ob es den anderen, dessen Tun doch wohl eine große Auswirkung auf das Leben des jeweils anderen haben kann, überhaupt wirklich gibt, beklagen und verändern wollen. Die Menschen
überall auf der Welt sollten wissen, mit wem sie es zu tun haben, und keiner sollte sich in die Angelegenheiten von Menschengruppen einmischen, zu denen er nicht gehört und die er nicht einmal kennt.
Es ist derzeit leider so, daß wir alle miteinander zu tun haben, auch wenn wir uns gar nicht kennen und Tausende von Kilometern voneinander entfernt leben. Die
mehr oder weniger abgeschlossene Globalamerikanisierung ist leider eine Tatsache. Ich gehe davon aus, daß auch Sie dies verändern wollen.
Ich tue in meinem Brief an Sie einfach so, als ob es Sie gibt und als ob jene Botschaft tatsächlich von Ihnen stammt, und schreibe Ihnen trotz der
etwas unklaren Lage, weil eine gewisse Logik dafür spricht, daß es Sie tatsächlich gibt und es sich bei jener Botschaft um Ihre Botschaft, jedenfalls um eine authentische Botschaft von „südlich des
Mittelmeeres“ handelt. Wenn nicht Sie, dann hätte sicherlich eine andere Stimme das gesagt, was man Ihnen zuschreibt. Und mein Brief richtet sich demzufolge auch an alle Kämpfer gegen die
Globalamerikanisierung, insbesondere an die kämpferischen Moslems unter diesen.
Ich habe mit meinen eigenen Augen noch keinen Terrorangriff gesehen, auch die Folgen eines solchen nicht. Dennoch gehe ich davon aus, daß es z.B.
in Madrid am 11. März 2004 zu Anschlägen gekommen ist, bei denen 199 Menschen umgekommen sind. Ich habe in einem anderen Text dem damaligen spanischen Ministerpräsidenten Herrn Aznar für den Tod dieser Menschen
verantwortlich gemacht. (1) Ich nehme Ihre Botschaft sehr ernst, weil ich vermute, daß Sie auf irgendeine Weise mit den Attentätern von Madrid in Zusammenhang stehen. Ich vermute, daß es Gruppierungen gibt, die,
obwohl sich dem Netzwerk El Kaida zugehörig fühlend, völlig unabhängig von Ihnen operieren. Ich vermute weiter, daß aber diese Gruppen Ihnen Gehör schenken und sich tatsächlich von Ihnen beeinflussen lassen. Selbst
wenn Sie eine Erfindung von westlichen Geheimdiensten sein sollten, gibt es in der Ihnen zugeschriebenen Botschaft zu viele Dinge, die mir relevant erscheinen. Von daher glaube ich nicht, daß es sich bei Ihnen um
eine Totalerfindung der Geheimdienste handelt. Es gibt einen arabisch-moslemischen Widerstand gegen die israelisch-amerikanische Okkupation arabischen Landes.
Hier nun ein Teil Ihrer Botschaft, wie ich sie deutschsprachig im Internet finden konnte. Selbst wenn ich schlecht recherchiert haben sollte: Es
ist ein Skandal, daß uns Europäern von den großen Medien – den Fernsehanstalten, Rundfunksendern und Tageszeitungen – Ihre ganze Botschaft vorenthalten wird. Ich distanziere mich jetzt schon von unserer
europäischen, insbesondere medialen Obrigkeit, die es – im sog. Informationszeitalter und bei angeblicher westlicher Hochschätzung der Informationsfreiheit – für richtig erachtet, uns nur scheibchenweise
über Ihre Botschaft zu informieren.
Osama bin Laden: Unterdrückung tötet die Unterdrücker (Auszüge)
Dies
ist eine Botschaft an unsere Nachbarn nördlich des Mittelmeers, sie beinhaltet ein Versöhnungsangebot als eine Antwort auf ihre positiven Reaktionen. (...)
Unterdrückung tötet die Unterdrücker, und die
Brutstätte des Unrechts ist böse. Die Situation in Palästina ist dafür ein Beispiel. Was am 11. September (2001) und am 11. März geschah, ist ein Produkt, das zu Euch zurückgekehrt ist. (...)
Es ist
bekannt, daß Sicherheit eine dringende Notwendigkeit für die ganze Menschheit ist. Wir stimmen aber nicht zu, daß ihr sie nur für eure Zwecke haben wollt. (...)
Wenn ihr uns und unsere Taten als
Terrorismus bezeichnet, ist das eine Beschreibung von euch und euren Taten. Eine Reaktion erfolgt in derselben Stärke wie die Aktion. Unsere Taten sind eine Reaktion auf eure Taten, zum Beispiel die Zerstörung
unserer Verwandten in Afghanistan, Irak und Palästina. (...)
Die Tat, die die Welt entsetzte, ist die Ermordung des alten, behinderten Scheichs Yassin – Gott möge ihm gnädig sein – ist ein
erdrückender Beweis. Wir geloben bei Gott, daß wir Amerika dafür bestrafen werden. (...)
Es ist im Interesse beider Seiten, die Pläne derjenigen zu stoppen, die das Blut der Menschen für ihre persönlichen
Interessen vergießen und Untertanen des Weißen Hauses sind. (...)
Die zionistische Lobby ist eine der gefährlichsten und schwierigsten in diesem Gebilde. So Gott will, wir sind fest entschlossen sie zu
bekämpfen. (...)
Ich verkünde einen Waffenstillstand mit den europäischen Ländern, die keine muslimischen Länder angreifen. (...)
Die Versöhnung wird an dem Tag beginnen, an dem der letzte Soldat
unser Land verlassen hat. (...)
Die Tür zu einem Waffenstillstand steht für drei Monate offen. (...)
Für die, die unser Angebot ablehnen und Krieg wollen, stehen wir bereit. (...)
Hört auf,
unser Blut zu vergießen, damit Ihr Euer Blut behaltet. Es liegt in Eurer Macht, diese schwierige, aber einfache Gleichung anzuwenden. (...) (2)
Die politische Obrigkeit in Europa hat auf Ihre Botschaft einhellig mit Ablehnung reagiert und das Friedensangebot nicht angenommen. Großbritannien schloß als wichtigster Verbündeter der USA im Irak Verhandlungen mit El Kaida aus. „Ihre Anschläge sprechen gegen den bloßen Gedanken an eine Koexistenz“, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums. Man dürfe nicht vor der Bedrohung
davonlaufen. „Die richtige Antwort ist, den Terrorismus weiterhin zu bekämpfen und nicht, seinen Forderungen nachzugeben.“ Der britische Außenminister Jack Straw sagte: „Man muß solche Forderungen und
Vorschläge El Kaidas mit der Verachtung behandeln, die sie verdienen. Das ist eine mörderische Organisation, die unmögliche Ziele mit den gewalttätigsten Mitteln verfolgt.“
„Unmögliche Ziele“ – die arrogante und zynische Schnauze des Imperialismus. Wir halten dessen Ziele nicht nur für möglich, sondern
stellen mit Erschrecken fest, daß er diese so gut wie erreicht hat.
Der italienische Außenminister Franco Frattini wird von der Nachrichtenagentur ANSA mit den Worten zitiert: „Es ist undenkbar, daß wir
Verhandlungen mit Bin Laden aufnehmen, das wird jeder verstehen.“
Ja, das verstehe ich: denn das könnte ja auf einen Rückzug aus den moslemischen Ländern und auf Profiteinbuße hinauslaufen.
„Jeder Versuch, Europa zu spalten, von wem auch immer vorgenommen, wird scheitern an der Einigkeit Europas“, sagte der deutsche
Bundeskanzler Schröder im deutschen Fernsehkanal ZDF.
Es bräuchte keines Spaltungsversuches: Europa ist nicht einig, Europa ist gespalten: in Europäer, die nicht mit den USA kollaborieren, und solche, die das tun; in Europäer, die sich an der Globalamerikanisierung beteiligen, und solche, die sich nicht in fremde Angelegenheiten einmischen wollen.
EU-Kommissionspräsident Romano Prodi wies das Angebot umgehend zurück und sagte: „Es gibt keine Möglichkeit für eine Vereinbarung unter terroristischer Bedrohung.“
Europäer bedrohen nicht die Iraker und die Afghanen, sie sind an der Seite der Amerikaner schwerbewaffnet in Arabien und in Afghanistan.
Auch der französische Staatspräsident Jacques Chirac schloß Verhandlungen mit Terroristen kategorisch aus. Terrorismus sei barbarisch und treffe
Unschuldige, sagte er bei einem Besuch in der algerischen Hauptstadt Algier. Mit Terroristen dürfe nicht diskutiert werden.
Und warum diskutiert er dann mit dem Weltoberterroristen Bush oder mit dem Premier des zionistischen Gebildes, die ja wohl – darin haben Sie
völlig recht, Herr bin Laden – mit dem Terror begonnen haben? Aber nicht, daß ich etwas gegen Diskussionen hätte. Ich werfe Chirac nur Doppelzüngigkeit und zweifaches Maß vor und daß er mit Ihnen nicht
diskutieren will.
Der polnische Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz sprach von einem Trick. „Es wäre ein großer, großer Fehler, wenn die Leute das abkauften, denn
es ist ein Angebot, das Terroristen unterbreitet haben.“
Die „europäische“, us-hörige Obrigkeit hat sich den USA unterworfen und läßt sich ihre Sprache aus New York regeln. Wenn der „Pole“ Cimoszewicz
davon spricht, er werde Ihnen das Friedensangebot mit der einzigen Begründung, es sei ein Angebot, das Terroristen unterbreitet haben, nicht abkaufen, dann verrät er, wes Geistes Kind er ist. Sie, Herr bin Laden,
haben mit keiner Silbe ein geschäftliches Angebot unterbreitet. Es geht nicht darum, Ihnen etwas abzukaufen. Diese Leute denken nur an Geld, an kaufen und verkaufen. Sie wollen und können keinen Frieden schließen,
weil sie ein Interesse daran haben, daß Krieg statt findet: Dieser soll ihnen Geschäfte eröffnen. Diese Interessen rechtfertigen Hunderte und Tausende von Toten; diese Toten werden einkalkuliert. Geld ist der
höchste der westlichen Werte.
Wer Frieden will, muß den anderen so akzeptieren, wir er ist. Er darf sich nicht in seine Angelegenheit einmischen. Dann kann man immer noch Geschäfte zu
gegenseitigem Vorteil miteinander machen.
Aufgrund ihrer Bestechlichkeit – weil sie an der Macht bleiben wollen und ihre Privilegien genießen, die ihnen von ihren amerikanischen
Herren gewährt werden – sind die Eurobonzen zu Frieden nicht in der Lage und müssen Ihr Angebot, Herr bin Laden, zurückweisen. Die Begründung dieser Pseudoeuropäer dafür – daß nämlich das Friedensangebot
unter Druck und von Terroristen käme – gilt nicht: Genau so gut und noch viel mehr müßten sie die Amerikaner, die Israelis und sich selbst als Terroristen bezeichnen.
Druck gehört zum Konflikt, ja läßt ihn erst entstehen. Also handelt, wer einen Konflikt entschärfen und Frieden stiften will, unter Druck. Er muß mit dem Druck
umgehen können und friedliche Mittel finden, ihn zum Verschwinden zu bringen. Nur wer das kann und alles ihm zu Verfügung Stehende zu diesem Zweck einsetzt, kann von sich behaupten, er trete für den Frieden ein.
Völlig richtig sprechen Sie, Herr bin Laden, davon, daß Ihre Taten eine Reaktion auf die Taten derer sind, die sich mit Gewalt in Ihre
Angelegenheiten einmischen. Die Amerikaner und ihre Verbündeten haben den Terror in den Irak und an andere Orte gebracht, wo sie nichts zu suchen haben, jedenfalls nicht als Soldaten oder Zivilokkupanten.
Der Propaganda-Begriff „Terrorismus“ ist all zu durchsichtig und zieht bei der europäischen Bevölkerung immer weniger. Desgleichen der
Propaganda-Begriff „Demokratie“, mit dem nur die Kratie ohne Demos, die Herrschaft ohne Volk und gegen die Völker kaschiert werden soll.
Einerseits bringen die Amerikaner und ihre „europäischen“ Kollaborateure ihre angebliche „Demokratie“, d.h. „Volksherrschaft“
mit Waffengewalt in andere Länder und über andere Völker – völlig unlogisch und eine Verhöhnung wirklich demokratischer Bestrebungen –, und andererseits waren und sind zumindest die europäischen Völker
in ihrer großen Mehrheit gegen einen Krieg im Irak und gegen die Beteiligung ihrer jeweiligen Armeen an einem solchen: die nächste Unlogik und die nächste Verhöhnung sowohl der – diesmal europäischen –
Völker als auch des demokratischen Gedankens.
Die Sache ist also klar und einfach. Ich glaube auch nicht, daß Sie und andere Fundamentalislamisten Europa oder gar die ganze Welt erobern
wollen. Das werfen Ihnen ausgerechnet jene vor, die kurz davor stehen, die totale und absolute Weltherrschaft zu übernehmen.
Wie heute von Ihnen, so wurde auch von den Deutschen in den 30er Jahren behauptet, sie wollten zur Weltherrschaft gelangen. Damals gab es real
existierende Weltreiche: das englische, das französische und das sowjetische. Und die Amerikaner gingen mittels eben jener antideutschen Kriegspropaganda daran, ihr Weltreich zu erobern. Deutschland war ein kleiner
Fleck auf dem Globus im Vergleich zu diesen Weltreichen.
In München wurde im Jahre 1938 beschlossen, daß im mehrheitlich von Deutschen bevölkerten Sudetenland, daß sich nicht auf der anderen Seite der Erdkulgel
befand, sondern mit dem Rest des von Deutschen besiedelten Raumes eine Einheit bildete, die Deutschen bestimmen sollen. Das war eine weise und mit dem Völkerrecht in Einklang stehende Entscheidung der noch nicht von
den Kriegstreibern verhetzten europäischen Völker. Heute werfen die zionistischen und amerikanischen Agenten in Europa und Kriegsbefürworter (Lévy, Finkelkraut, Broder & Co.) den europäischen Kriegsgegnern eine
Politik à la München 1938 vor. Anstatt darauf zu antworten: „Jawohl, wir sind für die Selbstbestimmung der Völker“, ziehen sie, von Schuldgefühlen zernagt und erpreßt, ihre Köpfe ein und verstummen.
Selbst wenn man München 1938 als Auftakt einer – später tatsächlichen – imperialistischen Politik der deutschen Reichsregierung interpretiert: Dann
steht doch wohl ein so gedeutetes München 1938 genau für Herrn Bush: Bush 2004 ist der Hitler von 1941, der die Russen in dem gleichen Maße für Untermenschen und nur gut zur Ausbeutung hielt wie die Israelis und die
Amerikaner die Araber verachten.
Ich glaube Ihnen, Herr bin Laden, daß Sie den arabischen Raum und die historischen moslemischen Länder vor fremden Einflüssen schützen wollen bzw.
diese Gebiete von der Fremdherrschaft befreien möchten. Ich kann Sie zu dieser Haltung prinzipiell nur beglückwünschen und wünsche Ihnen allen Erfolg, auch wenn ich Ihre Methoden ablehne. Sollten Sie tatsächlich
Gelüste verspüren – was ich nicht glaube –, Ihren Einfluß auf Europa auszudehnen, müßten Sie auch mit meiner entschiedenen Gegenwehr rechnen. Ich bin sicher, daß ich in diesem Punkt nicht um Ihr
Verständnis werben brauche.
Der Vorwurf, Sie würden die Welt erobern wollen, und die antimoslemische Hetze sind durchsichtige und billige Propagandatricks der kosmoimperialistischen
Herrscher. Sie rechnen damit, daß wir Europäer, aber auch die Weißen auf den anderen Kontinenten, auf diese Tricks hereinfallen, weil unsere Städte tatsächlich einen hohen Prozentsatz von Einwanderern aus moslemisch
geprägten Gegenden aufweisen. Doch diese haben so gut wie keine Macht. Und wenn es einen Rassismus in Europa gibt, dann ist das mit Sicherheit kein antijüdischer, wie von den jüdischen Bonzen behauptet – die
meisten Juden gehören den schickeren gesellschaftlichen Schichten an (siehe hier) –, dann ist es sehr wohl ein antiarabischer Rassismus.
Natürlich kann ich auch die Europäer verstehen, die sich von der massenhaften Anwesenheit von Menschen überfremdet fühlen, die von südlich des
Mittelmeeres stammen. In manchen Stadtteilen ist der Ausländeranteil sehr hoch, und viele Fremdstämmige sind entwurzelt, dekultiviert, ja verwahrlost. Aber es sind die gleichen, die einst für die Masseneinwanderung
nach Europa sorgten, die nun plötzlich, weil die Ausländer, wie beabsichtigt, nicht in einer Masse untergegangen sind, sondern halbwegs ihre Kultur bewahren möchten, zur Hetze gegen die Einwanderer blasen:
diejenigen, die die ganze Welt verwestlichen wollen, um sie dann besser ausbeuten zu können. Nur Trottel werden auf diese Hetze hineinfallen.
Und nur Trottel werden auf den gespielten Patriotismus dieser Leute hereinfallen, die plötzlich das Nationalgefühl als ideologische Waffe für sich
entdeckt haben, wo sie dieses bisher verteufelt haben. Mit einem Male wollen Sie uns mit Patriotismus fangen und vor ihren Karren spannen. Mit einem male wollen sie uns provozieren, indem sie an unseren Stolz
appellieren und uns gegen Araber aufhetzen.
„Wir haben in Israel die gleichen Probleme mit den Arabern wie ihr in Europa“, stacheln sie uns an. Aber sie sagen nicht, daß sie von
niemandem nach Arabien gerufen worden sind, schon gar nicht mit Waffen. Die Araber haben Probleme mit ihnen, nicht umgekehrt. Und sie halten uns für so dumm, daß wir nicht wissen, wer die Verantwortlichen für
die Masseneinwanderung nach Europa, die überhaupt nicht stattfindende, weil unmögliche Integration und die allgemeine Verwahrlosung sind: eben diese Leute.
Die gleiche Verwahrlosung droht nun dem Irak. Sie droht überall dort, wo der Geschäftemacher kommt.
Ich freue mich, daß Sie, Herr bin Laden, dieser Bedrohung entgegentreten und die bereits stattgefundene Verwahrlosung beheben möchten.
Die Weltherrscher und ihre Lakaien wollen uns einreden, wir würden schmachvoll handeln, wenn wir uns aus Arabien und aus Afghanistan zurückziehen, wir würden
den Wilden Spielraum lassen, von dem aus sie uns bedrohen würden. Nein, wir empfinden alles andere als Schmach, wenn wir niemanden erobern und die anderen in Ruhe lassen.
Als die Spanier Politiker wählten, die ihnen versprochen hatten, daß sie die spanischen Soldaten aus dem Irak abziehen werden, da wurde ihnen vorgeworfen, sie
seien Schwächlinge. Es stimmt, die Spanier hätten schon vor den Attentaten am 11. März in Madrid dafür sorgen müssen, daß ihre Soldaten erst gar nicht in den Irak geflogen werden. Dazu waren sie wie auch die Briten
– obwohl doch in der Mehrheit – zu schwach. Sie haben zu spät reagiert, sie haben sich sogar erst gegenüber den Angehörigen der Opfer mitschuldig gemacht.
Aber sie haben reagiert und das einzig richtige in dieser Lage getan: Sie haben Aznar abgewählt. Sie haben schließlich Stärke bewiesen und strikt nach ihren
Interessen gehandelt. Die eigenen Interessen werden immer von den Herrschern als geringschätzig dargestellt – mit gutem Grund: Die Leute sollen ja für die Interessen der Herrscher marschieren.
Soll doch Aznar jetzt selbst in den Irak gehen, aber dazu sind Leute wie er zu sehr Schwächling. Statt dessen treibt der brave Knecht sich in der fernen Etappe
herum und hat jetzt zur Belohnung seiner wenn auch am Ende gescheiterten Sklavenpolitik einen Posten als Professor im Lande seiner Herren bekommen.
Wir Europäer werden den Amis zeigen, was wir für „Schwächlinge“ sind!
Und schon gar nicht lassen wir uns von denen auf diese Tour kommen, die über Jahrzehnte hinweg Millionen von Menschen aus fremden Kulturen in
unsere Länder gebracht haben, weil sie an der Ausbeutung der Europäer nicht genug hatten. Wie kommt es, daß die Zahl der Einwanderer unter der Regierung mit „freiheitlicher“ Beteiligung in Österreich
angestiegen ist?
Nein, es wird keinen Kampf zwischen den Völkern geben, die sich selbst bestimmen wollen. Wir lassen uns nicht verhetzen; wir sehen und wissen, was
gespielt wird.
Die Politik der „europäischen“ Kollaborateure besteht angesichts Ihrer Kampfansage und Ihrer Aktionen, Herr bin Laden, darin, alles beim
alten zu belassen, also weiter die Welt zu einem einzigen Markt zu machen, dabei aber drastische „Sicherheitsmaßnahmen“ zu ergreifen. Man glaubt, mit Ihnen und den vielen anderen Widerstandskämpfern fertig
werden zu können, in dem man etwa die Kontrollen auf den Flughäfen verstärkt. Auf die Idee, sich auch aus dem Irak, aus Afghanistan und überall sonst außerhalb der weißen Gebiete zurückziehen zu können, kommen diese
Herrschaften in ihrer weltherrschaftlichen Arroganz gar nicht. Es soll ja auch nicht ihre Sorge sein: Sie wissen sich zu schützen und ziehen sich in ihre Verschanzungen, in ihre feinen Vororte und gepanzerten
Limousinen zurück. Sollen doch andere sterben!
Nach außen will man die Grenzen offenhalten und weiter öffnen, will man den „Freihandel“, also die Herrschaft der westlichen Wirtschafts-
und Finanzmächte, weltweit durchsetzen, und nach innen wird man immer repressiver.
Da kommen die Westler daher und wollen uns etwas erzählen von wegen „Frieden ist ja wichtig, aber nur in Freiheit!“ Was wollen diese
Herren, die selbst ganz offen davon sprechen, daß sie ein „internationales Überwachungssystem etablieren“ (3) uns von Freiheit erzählen?!
Diese Leute wollen überhaupt keinen Frieden und überhaupt keine Freiheit außer für sich selbst.
Die Alternative heißt für uns Europäer klipp und klar und ganz einfach: Rückzug aufs eigene Territorium, Abschottung vor Fremdeinflüssen und
Etablierung einer freiheitlichen Ordnung.
Nach außen Schutz, nach innen Freiheit.
Und der Schutz nach außen wird in dem Maße immer weniger nötig, je weniger wir uns in die Belange anderer einmischen. Ein Teufelskreis muß unterbrochen werden.
Aber vor allem und zuerst müssen wir die amerikanischen und zionistischen Aggressoren und ihre „europäischen“ Verbündeten bei uns vor Ort
stoppen und uns zum Schutze der Araber vor „unseren“ Regierenden einsetzen, müssen wir die Imperialisten bei uns angreifen und besiegen. (4)
Zumindest im ersten Punkt des wirklich europäischen Programms – die Abschottung zwecks Selbstbestimmung – werden Sie mir zustimmen.
Was den anderen Punkt anbelangt – die freiheitliche Innenpolitik –, so braucht es uns nicht weiter kümmern, ob wir uns darin einig sind oder nicht: Es ist keine Angelegenheit, die uns beide betrifft und
die wir zu diskutieren hätten. Wir sind uns darin einig, daß wir uns nicht in die Angelegenheit des anderen einmischen. Wenn wir dies grundsätzlich feststellen und anerkennen, dann mag jede Art von Kommunikation
– ob geistiger, kommerzieller oder sonstiger Art – zwischen unseren Regionen vonstatten gehen.
Wir würden Ihnen dann auch nicht verbergen, daß wir es z.B. sehr bedauern, wie in manchen moslemischen Ländern Frauen und Mädchen aber auch Jungen
behandelt werden. Aber wir müssen das Ihnen überlassen, und nur, wenn wir Sie akzeptieren, besteht überhaupt die Chance, daß Sie etwas von uns lernen können, so wie wir auch von Ihnen lernen können.
Wir müssen die sog. Sicherheitspolitik der Kosmoimperialisten als illusorisch, heuchlerisch und vor allem verlogen entlarven. Man will uns ganz
einfach verarschen. Diese Politik führt nicht zu Sicherheit, sondern zu Unsicherheit. Und sie ist nicht etwa ein Preis für die Freiheit, sie ist die Unfreiheit.
Die Lage ist sehr ernst, sie spitzt sich dank der verhängnisvollen Politik der weißen Staatsoberhäupter weiter zu und treibt einem schlimmen
Konflikt entgegen. Deren „Sicherheitspolitik“ wird keinen Erfolg haben, weil sie nur die eine Seite der Medaille ist; die andere lautet: imperialistische Aktion. Und diese wird immer wieder Reaktion
hervorrufen. Zum Glück. Verantwortlich für die zukünftigen Opfer sind die Europäer selbst, die sich von Schily, Beckstein, Sarkozy usw. in Sicherheit wiegen und einlullen lassen.
Aber vor allem wollen wir diese Politik des totalen Überwachungsstaates nicht! Was unsere Bonzen Ihnen, Herr bin Laden, unterstellen –
Autoritarismus –, genau das machen sie hier in Europa selbst.
Allem Anschein nach werden sich die Weißen nicht aus dem Irak, nicht aus Afghanistan und nicht aus Palästina zurückziehen. Sie werden auch im Irak eine
Marionettenregierung einsetzen. Der Widerstand, den Sie und Ihre Mitstreiter dagegen leisten werden, wird furchtbar sein.
Es fällt schwer, einfache Europäer für die Taten ihrer Regierungen verantwortlich zu machen bzw. diese über die Zusammenhänge aufzuklären und sich
verantwortlich fühlen zu lassen. Nichtsdestotrotz sind die Europäer verantwortlich. Alle. Niemand sonst kann für die Einmischung der europäischen Regierungen in Belange der arabischen und moslemischen Welt sonst verantwortlich gemacht werden. Die Europäer und niemand sonst haben es in der Hand, ihre Regierungen abzuwählen oder sonstwie zu stürzen und damit das Treiben der Kosmoimperialisten zu beenden; dazu gibt es keine Alternative.
Die potentiellen Opfer von Attentaten sind für ihr Schicksal verantwortlich, so grausam und übertrieben anspruchsvoll das klingen mag. Und für
getötete Kinder tragen deren Eltern die Verantwortung. Die Europäer müssen dafür sorgen, daß sich ihre Armeen aus den nichteuropäischen Räumen zurückziehen. Genau so wie sie auch selbst dafür sorgen müssen, daß sie in ihrer Heimat über sich selbst bestimmen können. All das wird ihnen niemand abnehmen, das müssen sie selbst tun.
Die Europäer müssen Widerstand leisten, wenn sie sehen, daß ihre Oberdemokraten den Mehrheitswillen der Völker mißachten. Aber, Herr bin Laden,
wem sage ich das?...
Ich wünsche mir und hoffe, daß die Europäer das tun werden, daß sie friedliche Formen des Widerstandes anwenden werden. Ich lehne jede Art von
Terror, also und vor allem auch den Terror in seiner höchsten Form – den Krieg – entschieden ab. Ich hasse jene, die aus Gier und Fanatismus in fremde Länder marschieren lassen. Ich hasse die Gewalt und
halte friedliche Lösungen für alle Konflikte für möglich.
Das wollen die Geschäftemacher und westlichen Fundamentalisten nicht; sie betreiben willentlich und absichtlich und bewußt Krieg.
Und ich freue mich auf den Tag, wo auch Sie, sehr geehrter Herr bin Laden, nicht zuletzt auch aufgrund des kommenden europäischen Widerstandes
gegen die USA, den Kampf einstellen werden können, weil Ihre Heimat von den Imperialisten befreit sein wird.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Töpfer
Anmerkungen: (1)
Peter Töpfer: Amiknecht Aznar hat die 200 Toten von Madrid auf dem Gewissen (2) Quelle: Spiegel Online, der den Text in Gänze zu dokumentieren nicht für nötig erachtet hat. (3) der Direktor der jüdischen ADL Foxman in der Berliner Zeitung vom 27. April 2004 (4) Serge Thion: Wir Antiimperialisten sind Feinde des Terrors
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